Verfahrensgang

AG Detmold (Beschluss vom 11.10.1996; Aktenzeichen 9 M 601/96)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Erinnerung des Schuldners gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Detmold vom 11.10.1996 wird zurückgewiesen.

Der Schuldner hat die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens nach einem Streitwert von 13.025,74 DM zu tragen.

 

Gründe

Die nach Nichtabhilfe durch den Richter des Amtsgerichts als sofortige Beschwerde anzusehende befristete Erinnerung ist zulässig (§§ 793 ZPO, 11 I, 2, II, 4+5 RPflG). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Der vom Amtsgerichts am 11.10.1996 erlassene Pfändungs- und Überweisungsbeschluß ist richtig. Ein Verstoß gegen § 14 KO ist nicht gegeben. Diese Vorschrift verbietet zwar für die Dauer des Konkursverfahrens Arreste und Zwangsvollstreckungen einzelner Konkursgläubiger in das zur Konkursmasse gehörige Vermögen. Jedoch gilt diese Einschränkung nicht für Vollstreckungsmaßnahmen von Massegläubigern; diese bleiben daher zulässig (Kilger KO § 14 Anm. 9).

Vorliegend ist davon auszugehen, daß der Gläubiger die streitige Vollstreckung wegen einer Masseschuld nach § 59 Nr. 1 bzw. Nr. 2 KO betreibt. Dafür sprechen schon Rubrum und Tenor des zugrundeliegenden Vollstreckungstitels. In dem Rubrum des Urteils des Arbeitsgerichts Detmold vom 14.12.1995 ist als beklagte Partei „Rechtsanwalt … als Konkursverwalter der Firma … und damit der Schuldner aufgeführt. Nr. 1 des Urteilstenors lautet:

„Das Arbeitsverhältnis wird mit dem 31.3.1994 aufgelöst. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger gem. §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 12.650,– DM zu zahlen.”

Das spricht klar für eine gewollte Verurteilung wegen einer Masseschuld. Zur Leistung darf der Konkursverwalter nämlich nur verurteilt werden, wenn eine Masseforderung geltend gemacht wird (BGH LM § 146 KO Nr. 9). Daß es in Satz 2 des zitierten Urteilsspruchs heißt „Die Beklagte …”, steht nicht entgegen. Hierbei handelt es sich ersichtlich um einen offenbaren Schreibfehler. Die Gemeinschuldnerin war bei Urteilsverkündung nicht mehr Prozeßpartei. Der Vorsitzende der zuständigen Kammer des Arbeitsgerichts hat zudem bei Übersendung der Gerichtsakten mit Schreiben vom 23.1.1997 auf die offenbare Unrichtigkeit (Schreibfehler) hingewiesen. Bei einer vom Arbeitsgericht gewollten Verurteilung wegen einer Konkursforderung hätte der Urteilsausspruch (nach Anpassung des Klageantrages) lediglich auf Feststellung der Klageforderung als Konkursforderung gerichtet sein dürfen (Kilger KO § 12 Anm. 1; Kuhn/Uhlenbruck KO § 146 Rn. 5; BGH aaO).

Zur Auslegung des Urteils sind auch die Urteilsgründe heranzuziehen. So ist anerkannt, daß auch ein auf Zahlung gerichtetes Urteil u.U. dahin ausgelegt werden kann, daß tatsächlich nur eine konkursmäßige Befriedigung zuerkannt worden ist. Das ist aber nur möglich, wenn die Entscheidungsgründe keinen Zweifel daran lassen, daß die zuerkannte Forderung lediglich ein Recht auf konkursmäßige Befriedigung gibt (BGH aaO, Kuhn/Uhlenbruck aaO). Derartige eindeutige Anhaltspunkte enthält das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold aber nicht.

Zwar ist die dem arbeitsgerichtlichen Verfahren zugrundeliegende Kündigung von der Gemeinschuldnerin ausgesprochen worden, auch war die Kündigungsschutzklage zunächst gegen die Gemeinschuldnerin gerichtet. Dennoch ist die letztlich ausgesprochene Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Abfindungszahlung nicht zwingend dem Verhalten der Gemeinschuldnerin zuzurechnen. Die Gemeinschuldnerin hat lediglich die Verlesung eines Klagabweisungsantrages angekündigt. Damit wäre sie gegen die Kündigungsschutzklage nicht durchgedrungen. Denn nach den Entscheidungsgründen war die ausgesprochene Kündigung sozial ungerechtfertigt. Den Hilfsantrag, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen, hat erst der Schuldner (früher: Beklagter) nach Aufnahme des Rechtsstreits gestellt. Dieser Antrag hat auch zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.1.1994 und damit zu einem nach Konkurseröffnung (31.1.1994) liegenden Zeitpunkt geführt. Dabei ist vom Arbeitsgericht für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 9 I, 2 KSchG auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag, d.h. auf den 14.12.1995 (fast 2 Jahre nach Konkurseröffnung) abgestellt worden. Ohne die vorgenannte gerichtliche Auflösung hätte das Arbeitsverhältnis bis zu einer – vorliegend offenbar nie erfolgten – Kündigung durch den Schuldner Fortbestand gehabt.

Das Urteil des Arbeitsgerichts enthält keine Ausführungen zu der Frage, ob es die zuerkannte Abfindung als Masseschuld oder als Konkursforderung angesehen hat. Die vorgenannten Umstände lassen gerade nicht sicher erkennen, ob tatsächlich eine Verurteilung des Schuldners wegen einer Konkursforderung gewollt war. Es gilt daher der Urteilstenor.

Zu demselben Ergebnis führt folgende Überlegung: Bei der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses nach §§ 9, 10 KSchG muß das Arbeitsgericht von Amts wegen über die dem Arbeitnehmer zu leist...

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