Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 19.05.2006; Aktenzeichen 213 C 129/06)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 10.10.2007; Aktenzeichen 5 StR 359/07)

BGH (Beschluss vom 15.08.2007; Aktenzeichen 5 StR 199/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. Mai 2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 213 C 229/06 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts wird zunächst Bezug genommen.

Die Klägerin hat bei dem Amtsgericht einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung dahingehend gestellt, dass der Beklagte mehrfach zur Zustimmung zur Änderung der Miete und zur Zahlung aufgefordert worden sei, zuletzt mit Schreiben vom 10.05.2005. Dieser Antrag ist von dem Amtsgericht mit Beschluss vom 30.06.2006, Blatt 121 d.A., zurückgewiesen worden.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin die Klage nur noch hinsichtlich der Mieterhöhung wegen Umlegung der Aufzugsbetriebskosten weiter.

Sie behauptet, der Beklagte sei mehrfach zur Zustimmung zur Vertragsanpassung aufgefordert worden, das Schreiben vom 10.05.2005 stelle nicht die erste Aufforderung dar.

Sie beantragt,

unter Änderung des am 19.05.2006 verkündeten Urteils des AG Charlottenburg bzgl. der Klageabweisung, den Beklagten zu verurteilen der Erhöhung der Teilinklusivmiete für die Wohnung in der … in …, Vorderhaus 2. Etage links von bisher monatlich 569,52 € zzgl. einer Vorauszahlung für Kabelfernsehen von 6,55 € auf 596,52 € zzgl. einer Vorauszahlung von insgesamt 30,99 € zum 01.07.2005 zuzustimmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die von dem Amtsgericht zugelassene Berufung ist zulässig, aber nicht begründet, weil keine Verpflichtung des Beklagten besteht, Betriebskosten des Aufzugs zu tragen. Nach der gesetzlichen Regelung, § 546 BGB a.F., § 556 Abs. 1 BGB n.F., hat mangels anders lautender Vereinbarung grundsätzlich der Vermieter die Betriebskosten zu tragen.

Für eine entsprechende auch nur konkludente Vereinbarung hinsichtlich der Aufzugskosten gibt es hier keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr ist grundsätzlich eine Bruttomiete vereinbart und in § 6 des Mietvertrages sogar ausdrücklich bestimmt, dass der Mieter vorhandene Aufzüge nutzen kann, ohne dass dafür eine Kostentragungspflicht ausgewiesen wird.

Allerdings stellte der Einbau des Fahrstuhls eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne der §§ 554 Abs. 2, 559 ff. dar, so dass dieser dadurch, dass der Beklagte dessen Einbau geduldet hat, Vertragsgegenstand des Mietvertrages der Parteien geworden ist.

Ob durch Modernisierungsmaßnahmen neu entstehende Betriebskosten ohne dahingehende Vereinbarung umlegbar sind bzw. der Mieter zum Abschluss einer solchen Vereinbarung verpflichtet ist, ist umstritten:

Während Emmerich-Weitemeier, Mietrecht, 8. Aufl., § 556 Rdn. 35 dies als Verstoß gegen die Vertragsfreiheit ablehnt, spricht sich die überwiegende Literaturmeinung für eine derartige Verpflichtung aus: Sternel Mietrecht, 3. Aufl., III Rdn. 323; Beuermann, Praxiskommentar Mietrecht, § 3 MHG Rdn. 60; Langenberg, Betriebskostenrecht, 3. Aufl., E Rdn. 3; differenzierend, ablehnend bei Fahrstuhlkosten: von Seldeneck, Betriebskosten, Rdn. 2715.

Allerdings schränken die Vertreter dieser eine Verpflichtung bejahenden Auffassung, soweit sie ihre Auffassung auch begründen, diese meist erheblich ein: So will Sternel a.a.O. eine Verpflichtung nur bei erheblichen Mehrkosten annehmen und nimmt als Beispielsfall die Umstellung auf Zentralheizung, also einen Fall, in dem der Mieter vor der Umstellung für seine Einzelöfen auch Heizkosten aufwenden musste, er also bei Nichtübernahme der neuen Betriebskosten sogar von Betriebskosten entlastet würde.

Die Kammer folgt im Ergebnis der von Weitemeier vertretenen Auffassung:

Die Modernisierung ist gesetzlich eingehend geregelt, sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen und auch in der Fortfolge hinsichtlich der Kostenübernahme durch bzw. Kostenumlegung auf den Mieter. Wenn der Gesetzgeber trotz der Offensichtlichkeit des Problems keine Regelung zur Betriebskostenübernahme durch den Mieter trifft, ist darin nach Ansicht der Kammer eine grundsätzliche Geltung des Grundsatzes des § 556 Abs. 1 BGB auch für den Modernisierungsfall zu sehen. Diese grundsätzliche Wertung des Gesetzgebers kann deshalb allenfalls in engen Grenzen unter Berufung auf die Grundsätze von Treu und Glauben, § 242 BGB, ausgehebelt werden.

An dem Grundsatz des Vorrangs der vertraglichen Vereinbarungen und gesetzlichen Regelungen auch im (Wohnungs-)Mietrecht vor der reinen Ausrichtung an (vermeintlichen) Billigkeitsgesichtspunkten richtet sich auch die Rechtsprechung des Bu...

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