Rz. 1030
Vor Entstehung einer Streitigkeit sind Vereinbarungen über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit von Gerichten durch Nichtkaufleute gemäß § 38 Abs. 1 ZPO unzulässig. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gerichtsstandsvereinbarung individualvertraglich oder formularmäßig getroffen wird. Das Verbot des § 38 Abs. 1 ZPO gilt sowohl für Vereinbarungen über die Begründung einer Gerichtszuständigkeit (Prorogation) als auch für die Beseitigung eines sich aus den gesetzlichen Regelungen ergebenden Gerichtsstands (Derogation).
Rz. 1031
Obwohl sich das Verbot von Gerichtsstandsvereinbarungen schon aus § 38 ZPO ergibt, bleibt die Anwendung der Regelungen zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen §§ 305–310 BGB zulässig.[2110] Dafür spricht nicht nur das Schutzbedürfnis des Verbrauchers, der sich durch eine unzulässige Gerichtsstandsklausel von der Durchsetzung seiner Rechte abhalten lassen könnte, sondern auch das Bedürfnis, im Wege des Unterlassungsklageverfahrens gegen unzulässige Gerichtsstandsklauseln vorzugehen.[2111]
Rz. 1032
Unwirksam nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB sind auch Gerichtsstandsklauseln mit salvatorischem Charakter, etwa mit dem Zusatz "soweit gesetzlich zulässig" oder "soweit nicht zwingendes Recht entgegensteht". Der rechtsunkundige Verwendungsgegner, der grundsätzlich nicht weiß, was "gesetzlich zulässig" ist, wird damit unangemessen benachteiligt. Ausreichend ist, dass der Anschein erweckt wird, dass eine wirksame Gerichtsstandsklausel getroffen sein könnte, weil hierdurch ein entfernt wohnender Vertragspartner in Unkenntnis der gesetzlichen Vorschriften von der Verfolgung seiner Rechte abgehalten werden könnte[2112] (im unternehmerischen Geschäftsverkehr dürften derartige salvatorisch ergänzte Gerichtsstandsklauseln jedoch ausnahmsweise wirksam sein, da sie dort auch ohne diese Einschränkung als wirksam angesehen werden, wenn sie unterschiedslos gegenüber Nichtkaufleuten und Kaufleuten verwandt werden). Überdies verstößt eine solche Klausel bereits gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 BGB.[2113]
Rz. 1033
Nach Entstehung einer Streitigkeit ist gemäß § 38 Abs. 3 Nr. 1 ZPO auch Nichtkaufleuten erlaubt, eine Vereinbarung über die Zuständigkeit eines Gerichts zu treffen. Formularmäßig wird dies aber kaum praktikabel sein, sodass sich die Frage der Anwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen insoweit nicht stellt.
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