Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte. Gleichheitssatz. sachlicher Grund für Ungleichbehandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Für die ungleiche Regelung der Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte in § 14 Ziff. 2.1 MTV für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte der Metallindustrie Hamburgs und Umgebung sowie Schleswig-Holstein bestehen sachliche Gründe insbesondere das Bedürfnis nach erhöhter personalwirtschaftlicher Flexibilität; ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG ist nicht gegeben.

 

Normenkette

MTV Metallindustrie Hamburg und Umgebung sowie Schleswig-Holstein § 14; GG Art. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 01.07.1992; Aktenzeichen 4c Ca 325/92)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 01.07.1992 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger mit Ausnahme der Kosten der Revision; diese trägt die Beklagte.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch darüber, ob der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte die Kündigungsfrist für Arbeiter gem. § 14 Ziff. 2.1 des MTV für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte der Metallindustrie Hamburgs und Umgebung sowie Schleswig-Holstein (MTV) zugrunde zu legen ist oder ob diese Vorschrift angesichts der für Angestellte günstiger gefaßten Regelung der Kündigungsfristen gem. § 14 Ziff. 2.2 MTV gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, so daß die Kündigungsfrist sich nach der gesetzlichen Regelung in § 622 Abs. 2 BGB n. F. zu bemessen hat.

Der MTV ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit anwendbar. Alle Betriebe, die in den Geltungsbereich des MTV fallen, gehören dem produzierenden Gewerbe an; in ihnen werden überwiegend Arbeiter beschäftigt.

§ 14 MTV bestimmt u. a.:

1. …

2. Kündigungsfristen

2.1 Gewerbliche Arbeitnehmer

Die Kündigungsfrist beträgt beiderseits nach einer

Betriebszugehörigkeit bis zu 2 Monaten

1 Arbeitstag

Von mehr als 2 Monaten bis zu 6 Monaten

1 Woche zum Wochenschluß

Von mehr als 6 Monaten bis zu 5 Jahren einschl.

2 Wochen zum Wochenschluß

Von mehr als 5 Jahren

1 Monat zum Monatsschluß

Von mehr als 10 Jahren und nach Vollendung des 45. Lebensjahres

2 Monate zum Monatsschluß

2.2 Angestellte

2.2.1 Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits beendet werden mit einer Frist von 1 Monat zum Monatsende …

2.2.2 Danach kann das Arbeitsverhältnis von jedem Teil zum Schluß eines Kalendervierteljahres unter Einhaltung einer Frist von 6 Wochen gekündigt werden.

2.2.3 …

2.2.4 Die Kündigungsfrist für ältere Angestellte richtet sich nach dem Gesetz über die Frist für die Kündigung von Angestellten vom 9. Juli 1926.

3. Kündigungsschutz

3.1 Einem Arbeitnehmer, der das 55., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet und eine Betriebs Zugehörigkeit von mindestens 5 Jahren hat, kann nur noch aus wichtigem Grunde (§ 626 BGB) gekündigt werden.

3.2 Für gewerbliche Arbeitnehmer

Änderungskündigungen ausschließlich zum Zwecke der betrieblichen Versetzung bleiben von Abs. 3.1 unberührt. Das gleiche gilt für Versetzungen im Rahmen des Unternehmens bzw. Konzerns, wenn damit keine Veränderung des Wohnsitzes erforderlich ist und der neue Arbeitsplatz ohne zusätzliche Erschwernisse zu erreichen ist.

3.3 Angestellte

3.3.1 Ausgenommen von Ziff. 3.1 sind Angestellte in Betrieben mit in der Regel weniger als 21 wahlberechtigten Arbeitnehmern im Sinne des BetrVG oder mit in der Regel weniger als 6 beschäftigten wahlberechtigten Angestellten …

3.3.2 Ziff. 3.1 gilt nicht bei Änderungskündigungen ausschließlich zum Zwecke der innerbetrieblichen Versetzung, bei Versetzungen im Rahmen des Unternehmens bzw. Konzerns, wenn damit keine Änderung des Wohnsitzes erforderlich wird und der neue Arbeitsplatz ohne zusätzliche Erschwernis zu erreichen ist und bei Betriebsänderungen im Sinne des § 111 Ziff. 1 u. 2 BetrVG, soweit der betroffene Angestellte Anspruch aus dem Sozialplan hat. In den Fällen des § 111 Ziff. 2 BetrVG entfällt Abs. 1 jedoch nur dann, wenn eine Wohnsitzverlegung erforderlich ist und der Angestellte diese ablehnt …

Der Kläger, der seit dem 01.06.1989 bei der Beklagten beschäftigt war, hat gegen die ihm mit Schreiben vom 30.01. zum 15.02.1992 ausgesprochene fristgemäße Kündigung der Beklagten Kündigungsschutzklage erhoben und beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten vom 30. Januar 1992 nicht aufgelöst ist, sondern über den 15. Februar 1992 hinaus fortbesteht,
  2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzverfahrens … weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 01.07.1992 nebst dessen Verweisungen Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat das Feststellungsbegehren des Klägers mit der Begründung abgewiesen, daß die ...

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