Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur anspruchsschädlichen Wirkung von krankheitsbedingten Fehlzeiten bei der Zahlung einer Jahressonderzahlung. Forderung

 

Leitsatz (amtlich)

Gem. § 2 des TV über eine Jahressonderzahlung = 13. Monatseinkommen für gewerbliche Arbeiter und Auszubildende der Deutschen Schuhindustrie besteht kein Anspruch auf eine Jahressonderzahlung dann, wenn der Arbeitnehmer im Kalenderjahr durchgängig arbeitsunfähig erkrankt war.

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 16.07.1996; Aktenzeichen 5 Ca 216/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.07.1998; Aktenzeichen 10 AZR 404/97)

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung einer Jahressonderzahlung für 1995 hat.

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Schuhfabrikarbeiterin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die Schuhindustrie in Rheinland-Pfalz, insbesondere der Tarifvertrag über eine Jahressonderzahlung – 13. Monatseinkommen für gewerbliche Arbeitnehmer und Auszubildende vom 03.02.1992 aufgrund beiderseitiger Organisationszugehörigkeit Anwendung.

Die Klägerin ist seit dem 07.11.1994 arbeitsunfähig erkrankt. Zum 19.04.1996 wurde die Klägerin von der Krankenkasse ausgesteuert. Die Klägerin beantragte Erwerbsunfähigkeitsrente. Die Beklagte erstellte eine für das Arbeitsamt bestimmte Arbeitsbescheinigung gem. § 133 AFG und sandte sie der Klägerin zu. Die Klägerin erhielt Arbeitslosengeld.

Die Klägerin hat vorgetragen,

Anspruchsgrundlage für die in der Höhe unstreitige Jahressonderzahlung sei der Tarifvertrag über eine Jahressonderzahlung für die gewerblichen Arbeitnehmer der Schuhindustrie in Rheinland-Pfalz. Anspruchsvoraussetzung sei das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Unerheblich sei, daß sie derzeit arbeitsunfähig erkrankt sei. Die Beklagte habe nicht durch eine Erklärung auf ihr Direktionsrecht verzichtet. Auch sei kein Ruhen des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien konkludent vereinbart worden. Durch eine Arbeitslosmeldung bei gleichzeitigem Rentenantrag auf Gewährung von vorgezogener Rente wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit bringe der Arbeitnehmer nicht zum Ausdruck, daß er nicht an eine Wiederbelebung des Arbeitsverhältnisses glaube. Dies ergebe sich daraus, daß ganz überwiegend die von den Arbeitnehmern gestellten Anträge auf Gewährung von vorgezogenen Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit von den Rentenversicherungsträgern abgelehnt würden, also im rechtlichen Sinne weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vorliege. Damit bestehe aber noch eine medizinisch begründete Fähigkeit zur Erbringung einer vollschichtigen Arbeitsleistung. Der Arbeitgeber sei aufgrund seiner Fürsorgepflicht verpflichtet, eine innerbetriebliche Umsetzung zu ermöglichen, d.h. zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine betriebliche Umsetzung zu erfolgen habe. Ihr – der Klägerin – sei aber keine zumutbare anderweitige Tätigkeit angeboten worden. Aus wirtschaftlichen Gründen sei sie gezwungen gewesen, sich arbeitssuchend zu melden, ebenso einen Rentenantrag zu stellen. Das Prinzip des ständigen Leistungsaustauschs sei im Dauerschuldverhältnis nicht immer strikt durchzuführen. Es obliege daher den Tarifvertragsparteien, eine Regelung für den möglichen Ausschluß der Jahres sonder Zahlung zu treffen oder nicht. Werde eine solche Regelung nicht oder nur für bestimmte Fälle fehlender tatsächlicher Arbeitsleistung getroffen, so werde damit vermutet, daß Zeiten fehlender Arbeitsleistung überhaupt oder Zeiten fehlender Arbeitsleistung aus anderen Gründen für den Anspruch auf die Sonderleistung ohne Bedeutung sein sollten. Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn eine eindeutige Erklärung des Arbeitnehmers gegeben sei, eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses, sei es auch zu geänderten Vertragsbedingungen, nicht mehr zu wünschen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.740,02 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 03.02.1996 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

in der Erstellung der Arbeitsbescheinigung gem. § 133 AFG, um der Klägerin Arbeitslosengeldgewährung zu ermöglichen, sei ein gleichzeitiger Verzicht auf ihr Direktionsrecht zu sehen. Sie habe konkludent zum Ausdruck gebracht, daß sie auf eine weitere Tätigkeit der Klägerin in ihrem Betrieb verzichte. Das Arbeitsverhältnis sei faktisch beendet, so daß kein Anspruch auf eine Jahressonderzahlung bestehe. Zumindest sei von einem konkludent vereinbarten Ruhen des Arbeitsverhältnisses auszugehen. Dies gelte insbesondere durch die Erklärung gegenüber dem Arbeitsamt. Ein Arbeitsverhältnis ruhe, soweit nicht bereits gesetzlich bestimmt, wenn die wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag, die Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung und die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der vereinbarten Vergütung suspendiert seien und somit der jeweili...

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