Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung. Umorganisation. Vertretung. Befristeter Arbeitsvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. In den Fällen, in denen der Vertretene sich in Elternzeit befindet, liegt darüber hinaus auch nach § 21 Abs. 1 BEEG ein sachlicher, die Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigender Grund vor.

2. Der Sachgrund der Vertretung setzt nicht voraus, dass der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die Aufgaben der vorübergehend ausfallenden Stammkraft erledigt. Der Vertreter kann auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Denn die befristete Beschäftigung zur Vertretung lässt die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt. Der Arbeitgeber kann bei einem vorübergehenden Ausfall eines Stammmitarbeiters darüber bestimmen, ob er den Arbeitsausfall überhaupt überbrücken will, ob er im Wege der Umverteilung die von dem zeitweilig verhinderten Arbeitnehmer zu erledigenden Arbeitsaufgaben anderen Mitarbeitern zuweist oder ob er dessen Aufgaben ganz oder teilweise von einer Vertretungskraft erledigen lässt.

3. Der zeitweilige Ausfall eines Mitarbeiters und die dadurch bedingte Einstellung einer Ersatzkraft können auch mit einer Umorganisation verbunden sein, die dazu führt, dass ein völlig neuer Arbeitsplan erstellt wird, nach dem die Aufgaben des zeitweilig ausfallenden Mitarbeiters einem dritten Mitarbeiter übertragen werden, dieser für andere Aufgaben nicht mehr zur Verfügung steht und für diese anderen Aufgaben nunmehr eine Ersatzkraft eingestellt wird. 1. Die vom Arbeitgeber anlässlich der vertretungsbedingten befristeten Einstellung vorgenommene Umorganisation kann auch dazu führen, dass in Folge des nunmehr geschaffenen Arbeitsplans ein nach seinem Inhalt neuer Arbeitsplatz entsteht, der nach der bisherigen Arbeitsorganisation noch nicht vorhanden war. Allerdings setzt der Sachgrund der Vertretung stets einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters voraus. Der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers muss wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgen, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht.

4. Werden dem Vertreter die Aufgaben des zu vertretenden Arbeitnehmers weder unmittelbar noch mittelbar übertragen, sondern nimmt der Arbeitgeber den Ausfall eines Mitarbeiters zum Anlass, die Aufgaben in seinem Betrieb neu zu verteilen, so liegt der für einen aus § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG gestützte Befristungsabrede erforderliche Kausalzusammenhang nur vor, wenn der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten gedanklich zuordnet. Diese gedankliche Zuordnung kann beispielsweise durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag erfolgen

 

Normenkette

BEEG §§ 21, 21 Abs. 1; TzBfG § 14 Abs. 1; TzGfG § 14

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 06.12.2010; Aktenzeichen 4 Ca 1688/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 06.12.2010, Az.: 4 Ca 1688/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristungsabrede.

Die Kläger war seit dem 13.09.2008 auf der Grundlage mehrerer befristeter Arbeitsverträge beim beklagten Land als Lehrkraft an einem Gymnasium in Z beschäftigt. Der letzte, unter dem Datum vom 01.02.2010 unterzeichnete Arbeitsvertrag enthält in § 1 u.a. folgende Bestimmung:

„Das Arbeitsverhältnis ist befristet für die Dauer der Elternzeit von Frau Y, längstens bis zum 24.09.2010.”

Die in § 1 des Arbeitsvertrages genannte Lehrkraft Y befand sich (zunächst) vom 27.06.2007 bis zum 22.01.2010 in Elternzeit; im Hinblick auf die Geburt eines zweiten Kindes am 17.11.2009 wurde ihr antragsgemäß eine weitere Elternzeit bis zum 18.11.2012 bewilligt.

Frau Y hatte vor Beginn ihrer Elternzeit 24 Wochenstunden die Fächerkombination Deutsch und Religion unterrichtet. Die vertragsgemäß mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20/24 Pflichtstunden beschäftigte Klägerin wurde demgegenüber zum Unterricht in der Fächerkombination Deutsch und Spanisch eingesetzt sowie mit Aufsichtsfunktionen betraut.

Mit ihrer am 31.08.2010 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Befristung ihres Arbeitsvertrages sei nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt, da sie eine völlig andere Fächerkombination unterrichte als Frau Y, die (unstreitig) in Ermangelung entsprechender Kenntnisse keinen Spanischunterricht abhalten könne.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien zuletzt durch Arbeitsvertrag vom 01.02.2010 bis zum 24.09.2010 befristete vereinbarte Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist, sondern über den 24.09....

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