Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Arbeitnehmereigenschaft einer Volkshochschuldozentin. Festsellung

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 28.01.1997; Aktenzeichen 1 Ca 1996/96)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird dasUrteil desArbeitsgerichts Ludwigshafen vom28.01.1997 – 1 Ca 1996/96 – abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.
  2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten zum einen darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht und zum anderen, falls dies der Fall sein sollte, ob es rechtswirksam befristet oder aber unbefristet ist.

Die Klägerin ist seit November 1978 ständig mit jeweils neuen Lehraufträgen bei der von der Beklagten betriebenen Volkshochschule tätig. Sie unterrichtet seit vielen Jahren 16 Stunden in der Woche Englisch zur Erlangung des Realschulabschlusses und erhält dafür ca. 1.500,00 DM monatlich. Zwischen den Parteien wurden fortlaufend „Vereinbarungen” für die Tätigkeit als Kursleiter mit einer Lehrtätigkeit abgeschlossen. Diese Vereinbarungen, hinsichtlich deren Inhalt im übrigen auf Blatt 10, 11 beispielhaft Bezug genommen wird, haben unter anderem folgenden Wortlaut:

㤠2

1. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um eine selbständige, die Arbeitskraft nicht überwiegend beanspruchende nebenberufliche/nebenamtliche Tätigkeit, die sich nach den Bestimmungen des BGB über Dienst- und Werksvertrag richtet. Die Tätigkeit des Kursleiters wird in wirtschaftlicher und sozialer Selbständigkeit und Unabhängigkeit ausgeübt. Ein Arbeitsverhältnis wollen die Partner nicht begründen. Für die ordnungsgemäße Versteuerung des Honorars ist der Kursleiter verantwortlich.

2. Der Kursleiter übt seine Tätigkeit im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen und der ergänzenden Ankündigungen im Arbeitsplan selbständig aus.

§ 3

Das Honorar für die Lehrtätigkeit beträgt pro Unterrichtseinheit (45 Minuten) DM 30,00. Außerdem werden vereinbart: Der Honoraranspruch besteht nur, wenn die Veranstaltung in der vereinbarten Weise durchgeführt wurde. Das Honorar wird nach Abschluß der Veranstaltung fällig und nach Eingang der Honorarabrechnung ausbezahlt. Honorarabrechnungen sind zum Ende eines Unterrichtsabschnittes bzw. zum Ende des jeweiligen Semesters vorzulegen. Die Vereinbarung wird unter der Bedingung geschlossen, daß bis Ablauf der 2. Unterrichtswoche mindestens LV verbindliche Anmeldungen vorliegen. Es gilt die Entgeltordnung in der jeweils gültigen Fassung.

Wird der Kurs abgesagt, werden höchstens 4 UE vergütet.

§ 4

Der Kursleiter verpflichtet sich,

  1. die übernommene Lehrtätigkeit persönlich auszuüben,
  2. den Lehrgegenstand im vereinbarten Umfang und in vereinbarter Weise zu behandeln.
  3. bei Erkrankung oder sonstigen Verhinderungen die Geschäftsstelle der VHS unverzüglich zu verständigen, so daß diese die Kursteilnehmer noch rechtzeitig benachrichtigen bzw. Vertretungen vereinbaren kann,
  4. ausgefallene Unterrichtsstunden nachzuholen,
  5. jegliche Art wirtschaftlicher oder parteipolitischer Werbung für sich oder Dritte zu unterlassen,
  6. Anwesenheitslisten zu führen und ständige Kontrollen der Anwesenheit der Teilnehmer vorzunehmen, um Einnahmeausfall durch „Schwarzhörer” zu vermeiden. Die Listen sind unverzüglich nach der 2. Kursveranstaltung dem zuständigen Fachbereichsleiter bzw. der Verwaltung vorzulegen.

§ 5

Hinsichtlich der Kündigung gilt § 627 BGB als vereinbart.

§ 6

Bei Verlust und Beschädigung von Sachen haftet die VHS nicht. Schadensfälle, die sich im Rahmen der vereinbarten Veranstaltungen ereignen, sind unverzüglich der VHS zu melden. …”

In der von der Beklagten betriebenen Volkshochschule gibt es eine hauptamtliche Kraft, die organisatorische Arbeiten erledigt. Die Prüfungen werden aufgrund der Landesverordnung über die Prüfungen für Nichtschüler zum Erwerb des qualifizierten Sekundarabschlusses I (Abschlußzeugnis der Realschule) vom 23.02.1978 durchgeführt. Gemäß § 5 Abs. 4 dieser Verordnung richten sich die Prüfungsanforderungen nach den Anforderungen, denen der Schüler einer Realschule zum Erwerb des Abschlußzeugnisses entsprechen muß; zugleich sind aber die Lebens- und Berufserfahrungen der Bewerber angemessen zu berücksichtigen. Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Landesverordnung wird auf Blatt 61–64 der Akte Bezug genommen.

Nach dem Programm der Volkshochschule L. wird der Unterrichtsablauf von den Bedingungen dieser Prüfungsordnung bestimmt (vgl. Bl. 87 d. A.). Bei Abschluß des Vertrages liegen sowohl der Unterrichtsplan als auch die Auswahl der Fächer bereits fest. Änderungen sind allerdings noch möglich, wobei die Wünsche der Dozenten berücksichtigt werden.

Bei den Teilnehmern an den jeweiligen Kursen handelt es sich um Langzeitarbeitslose, Arbeitslose Jugendliche, Schulabbrecher aller Schularten, Menschen mit Drogenproblemen, Verhaltensgestörte, die keine Schule mehr aufnimmt, ausländische Jugen...

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