Entscheidungsstichwort (Thema)

Entsendegesetz. Bürgenhaftung. Pflicht der ZVK

 

Leitsatz (redaktionell)

Aus der vertraglichen Sachnähe als auch aus dem eigenen Interesse, eine eigene Schuld nach § 1a Arbeitnehmerentsendegesetz nicht entstehen zu lassen, ist ein Unternehmen verpflichtet, wenn es andere Unternehmer i. S. d. Arbeitnehmerentsendegesetzes vertraglich an sich bindet, geeignete Kontrollmaßnahmen einzurichten, die ihm die Sicherheit garantieren, dass es als Bürge i. S. d. Gesetzes zur Leistung herangezogen wird.

 

Normenkette

AEntG § 1a

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 29.09.2004; Aktenzeichen 4 Ca 86/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 29.09.2004 – AZ: 4 Ca 86/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte wird von der Klägerin deshalb mit der beim Arbeitsgericht am 30.01.2004 eingereichten Klage in Anspruch genommen, weil diese das Unternehmen Fa. Z. I T V O L S mit Sitz in der Türkei, mit der Erbringung von Baustahlverlegearbeiten auf innerdeutschen Baustellen beauftragt hatte und die türkische Firma gewerbliche Arbeitnehmer aus der Türkei auf die innerdeutschen Baustellen der Beklagten entsandt hatte, aber die für den Zeitraum September 2001 bis Januar 2002 angefallenen Beiträge zum Urlaubsverfahren nicht in voller Höhe an die Klägerin gezahlt hat.

Die Klägerin hat ihre Klage im Wesentlichen damit begründet, dass die türkische Firma unter Beachtung aller gesetzlichen Vorschriften auf den Baustellen der Beklagten mit aus der Türkei entsandten gewerblichen Arbeitnehmern Stahllegearbeiten verbracht habe, so dass der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) Anwendung finde, so dass der türkische Arbeitgeber verpflichtet gewesen sei, §§ 1 Abs. 3 AEntG, 18 Abs. 1 Satz 2, 22 Abs. 1 VTV i. d. F. v. 20.12.1999 verpflichtet gewesen sei, die Beiträge zu zahlen. Das türkische Unternehmen sei dieser Pflicht nur teilweise nachgekommen, so dass bei der Bruttolohnsumme von 186,092,73 EUR ein Beitragssatz von 26.535,31 EUR zu zahlen gewesen seien, wovon 18.979,65 EUR noch offen stünden, die die Beklagte nebst des entsprechenden Zinsanspruches, §§ 284 Abs. 2, 3, 286, Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB aF,1 Diskont- Überleitungsgesetz und Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 1, 5 Satz 1 EGBGB, 288 Abs. 1 Satz 1, 286 Abs. 1 Satz 2, 247 BGB zu erbringen habe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 18.979,64 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass sie bestreite, dass die Firma Z. in dem streitgegenständlichen Kalenderjahr in Deutschland überwiegend Stahlverlegearbeiten i. S. d. Vorschriften des § 1 Abs. 2 Abschnitt V 5 VTV ausgeübt habe und man auch nicht wisse, welcher Geschäftstätigkeit die Firma Z. im Übrigen nachgehe.

Der Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe hebe bei der Frage der Anwendbarkeit seiner Vorschriften grundsätzlich auf den Betrieb als Ganzes ab und erfasse sogar selbständige Betriebsteile, so dass es einer Gesamtbetrachtung überlassen sein müsse, um die generelle Geschäftstätigkeit der Firma Z. zu beurteilen und man nicht lediglich auf die Tätigkeit der unselbständigen Niederlassung dieser Firma in Deutschland abstellen könne.

Die Beklagte habe keinerlei Erkenntnisse darüber, ob die Klägerin die Beiträge bei der Firma Z. angefordert habe und ob die angegebenen Beträge auch zutreffend seien.

Außerdem habe die Klägerin ein Schreiben vom 20.04.2001 vorgelegt, dass die Beitragspflichtigkeit der Firma Z. ausweise und bestätige, dass diese Firma ihrer Verpflichtung zur Zahlung der Sozialkassenbeiträge nachgekommen sei (Bl. 37 d. A.).

Die Beklagte habe nach Ablauf des Monats Januar eine ordnungsgemäße Schlussrechnung der Firma Z. beglichen und erstmals mit Schreiben vom 14.05.2002 habe die Klägerin der Beklagten gegenüber angegeben, dass die Firma Z. ihren Verpflichtungen offenbar nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei und eine Haftung der Beklagten bestünde. Mit Schreiben vom 06.09.2002 sei dann die Höhe des geltend gemachten Betrages mitgeteilt worden.

Die Beklagte habe angesichts der Tatsache, dass sie die Zahlenwerke nicht gekannt habe, darauf einen Anspruch, dass der Gläubiger seinen Aufklärungspflichten dem Bürgen gegenüber nachkomme, zumal wenn die Bürgenhaftung so ausgestaltet sei wie in § 1 a AEntG.

Die Klägerin habe diese Informationspflicht verletzt, was einen Schadenersatzanspruch ausgelöst habe, der die Höhe der Forderung der Klägerin ausmache und mit dem vorsorglich die Aufrechnung erklärt werde.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 29.09.2004 der Klage stattgegeben und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Firma Z. nach § 1 Abs. 3 a Satz 3 AEntG unter dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) falle, soweit sie arbeit...

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