Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozessbevollmächtigter. Prozesskostenhilfe. Prozesskostenhilfe, Aufhebung. Zustellung. Zustellung des Beschlusses über die Aufhebung von Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

Im PKH-Nachprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO besteht keine Pflicht, den beigeordneten Rechtsanwalt vor der Aufhebung der Bewilligung einzubeziehen. Die ihm erteilte Vollmacht wirkt kraft Gesetzes nur bis zum Abschluss des Erkenntnisverfahrens.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4, §§ 124, 233, 571

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Beschluss vom 09.09.2004; Aktenzeichen 7 Ca 485/00)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 09.09.2004 – 7 Ca 485/00 – aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Das Arbeitsgericht Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – hat mit Beschluss vom 08.09.2004 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 29.06.2000 wegen unterlassener Mitwirkung bei der Aufklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im so genannten PKH-Nachprüfungsverfahren aufgehoben. Dieser Beschluss wurde dem Kläger persönlich am 11.09.2004 mit Postzustellungsurkunde zugestellt. Eine Ausfertigung wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.09.2004 mit Anschreiben vom selben Tage (in Kopie Bl. 31 d. PKH-Akte) formlos übersandt.

Mit dem Bemerken, dass ihm der Beschluss am 13.09.2004 „zugestellt” worden sei, hat der seinerzeitige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 12.10.2004 – beim Arbeitsgericht per Telefax am selben Tage eingegangen – sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er auf die beigefügte Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verwiesen und angegeben, dieser verfüge über kein Einkommen und werde von seinen Angehörigen unterstützt.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 24.11.2004, auf den Bezug genommen wird, nicht abgeholfen, da es das Rechtsmittel für verspätet erachtete.

Der Kläger ist der Auffassung, dass das Rechtsmittel fristwahrend eingelegt worden sei. Unter Verweis auf das in Kopie beigefügte Anschreiben des Arbeitsgerichts Koblenz, das den Eingangsstempel vom 13.09.2004 trägt, macht er geltend, bei der Übersendung der Ausfertigung sei nicht erkennbar geworden, dass es sich um eine solche zur bloßen Kenntnisnahme gehandelt habe.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 11 RpflG i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 3 ArbGG, § 127 Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist – da dem Kläger von Amts wegen gemäß §§ 233, 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO wegen Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war – zulässig, sie ist aber unbegründet.

1.

Nach § 11 Abs. 1 RpflG findet gegen die Entscheidung des Rechtspflegers die Beschwerde nach den allgemeinen Vorschriften Anwendung. Damit kommen auch die Regelungen des § 569 ZPO zum Tragen. Die sofortige Beschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht (§ 569 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 127 Abs. 1 Satz 3 ZPO) durch Einreichung einer Beschwerdeschrift (§ 569 Abs. 2 Satz 1 ZPO) einzulegen.

a) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses. Da der Aufhebungsbeschluss vom 09.09.2004 dem Kläger am 11.09.2004 zugestellt worden ist, begann die Beschwerdefrist am 12.09.2004 um 0.00 Uhr (§ 221 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB) und endete am 11.10.2004 um 24.00 Uhr (§ 221 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB).

Maßgeblich für den Lauf der Beschwerdefrist ist nicht die formlose Zuleitung des PKH-Aufhebungsbeschlusses an den Prozessbevollmächtigten am 13.09.2004, sondern die förmliche Zustellung an den Kläger selbst unter dem 11.09.2004. Dies entspricht der inzwischen ganz herrschenden obergerichtlichen Rechtssprechung (eingehend etwa: LAG Hamm 03.09.2004 – 4 Ta 575/04 – juris).

Im PKH-Nachprüfungsverfahren besteht keine Pflicht, den beigeordneten Rechtsanwalt vor der Aufhebung der PKH-Bewilligung einzubeziehen. Die erteilte Prozessvollmacht wirkt kraft Gesetzes nur bis zum Abschluss des Erkenntnisverfahrens, § 172 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO. Zu diesem gehört das PKH-Verfahren gemäß § 120 Abs. 4 ZPO nicht mehr (LAG Hamm 03.09.2004 aaO; LAG Düsseldorf 28.07.1988 LAGE ZPO § 120 Nr. 4; OLG München 18.08.1992 FamRZ 1993, 580). Die Abwicklung der Prozesskostenhilfe ist nur noch eine Verwaltungssache und nicht mehr Erkenntnisverfahren. Der beigeordnete Rechtsanwalt mag zwar im anschließenden Beschwerdeverfahren wieder tätig werden, jedoch schafft dies für das Gericht nicht die Pflicht, ihm vorauseilend bereits im Vorfeld einzubinden (LAG Hamm LAG-Report 2003, 371; LAG Düsseldorf 11.11.2002 LAG-Report 2003 124; a.A. wohl: LAG Baden-Württemberg 02.07.2002 LAG-Report 2003, 123; LAG Niedersachsen 22.03.1999 LAGE ZPO § 120 Nr. 34).

Die Aufhebungsentscheidung nach § 124 Nr. 2 ZPO ist mithin allein der Partei selbst zuzustellen (LAG Düsseldorf 11.11.2002 LAG-Report...

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