Entscheidungsstichwort (Thema)

Anhörungsrüge. Gehörsrüge. Vertretungszwang

 

Leitsatz (redaktionell)

Das seit 01.01.2005 in Kraft befindliche Anhörungsrügegesetz enthält keine Übergangsvorschrift, weshalb es auch auf vor dem Inkrafttreten eingereichte Rügen, die erst nach Inkrafttreten des Gesetzes entschieden werden, anzuwenden ist.

Auch eine Anhörungsrüge unterliegt beim Landesarbeitsgericht dem Vertretungszwang nach § 11 Abs. 2 Satz 1 ArbGG.

 

Normenkette

ArbGG § 78a Abs. 2, 5, § 11 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Aktenzeichen 3 Ca 606/03)

 

Tenor

Die Rüge des Klägers auf Verletzung der Gewährung rechtlichen Gehörs vor Erlass des Urteils des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27.01.2004 – 2 Sa 1212/03 – wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

 

Gründe

1.

Die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz hat durch Urteil vom 27.01.2004 – 2 Sa 1212/03 – die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 01.07.2003 – 3 Ca 606/03 – zurückgewiesen und die weitergehende Klage des Klägers abgewiesen.

Dieses Urteil wurde dem Kläger am 27.02.2004 zugestellt. Eine von ihm dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) hat das BAG mit Beschluss vom 15.06.2004 – an den Kläger zugestellt am 28.06.2004 – zurückgewiesen.

Mit vom Kläger persönlich eingereichten Schriftsatz vom 21.07. – Eingang per Telefax am 23.07.2004 – hat er unter Hinweis auf die Plenarentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30.04.2003 – 1 PBv 1/02 im Wesentlichen gerügt, das Landesarbeitsgericht habe ihm vor Erlass seines Urteils in der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2004 nicht ausreichend Gelegenheit gegeben, seine Berechnungsmethode für seinen Zahlungsanspruch darzulegen. Nach Hinweis (§ 139 ZPO) des erkennenden Gerichts hat sich für den Kläger mit Schriftsatz vom 25.08. – Eingang beim Landesarbeitsgericht am 27.08.2004 – sein Prozessbevollmächtigter des Berufungsverfahrens bestellt und sich auf den Schriftsatz des Klägers vom 21.07.2004 bezogen.

2.

Bei dem Vorbringen des Klägers in seinem persönlich am 23.07.2004 beim Landesarbeitsgericht eingereichten Schriftsatz handelt es sich um eine Gehörsrüge (Art. 103 Abs. 1 GG), die das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 30.04.2003 als Interimslösung gefordert und der Gesetzgeber mit Wirkung vom 01.01.2005 durch das Anhörungsrügegesetz vom 09.12.2004 (BGBl. I, 3220) geschaffen hat. Da dieses Gesetz keine Übergangsregelungen enthält, war die neue gesetzliche Regelung verfahrensmäßig vorliegend anzuwenden, auch wenn die Rügeschrift schon im Sommer 2004 beim Instanzgericht eingegangen war.

Die Rüge ist unzulässig, weil sie weder a) fristgemäß noch b) in der gebotenen Form innerhalb der erforderlichen Frist erhoben wurde.

a)

Die Gehörsrüge ist sowohl vor dem 01.01.2005 (vgl. BVerfG NJW 2003, 1924/1929; NJW 2003, 3687; BFH NJW 2004, 2853) als auch nach dem ab dann geltenden § 78 a Abs. 2 S. 1 ArbGG innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen zu erheben. Diese Frist begann vor dem 01.01.2005 ab Zustellung des LAG-Urteils zu laufen und nach § 78 a Abs. 2 S. 1 ArbGG ab Kenntnis von der Verletzung rechtlichen Gehörs. Letzteres dürfte regelmäßig – mangels gegenteiliger Anhaltspunkte – mit dem Zugang der begründeten Entscheidung anzunehmen sein (vgl. Bepler juris, Prax.Rep-ArbR 3/2005, unter 2.2.2.). Das mit der Rüge angegriffene Urteil des LAG wurde dem Kläger am 27.02.2004 zugestellt. Seine erstmals von ihm persönlich erhobene Rüge ging erst am 23.07.2004 und sein von seinem Prozessbevollmächtigten verfasster Schriftsatz, mit dem er sich das Vorbringen des Klägers zu eigen gemacht hat, sogar erst am 27.08.2004 beim LAG ein, beide also weit außerhalb der Frist. Selbst wenn man – was der Kläger nachträglich geltend macht – ihm zubilligen würde, er hätte vor Erhebung der Rüge von der Möglichkeit Gebrauch machen können, zunächst den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) zu verfolgen, dann wäre bei dieser Rechtsansicht die Zweiwochenfrist mit Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses des BAG in Gang gesetzt worden. Gegen diese Rechtsauffassung spricht allerdings, dass bis zum 01.01.2005 die Verletzung rechtlichen Gehörs nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden konnte (vgl. BAG NZA 2001, 1036; NZA 1999, 503). Selbst wenn man dies außer Acht lässt, hat der Kläger die Rüge jedenfalls auch nicht innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschlusses des BAG erhoben. Diese Entscheidung wurde ihm am 28.06.2004 zugestellt. Bis zum 12.07.2004, 24.00 Uhr, ging keine Rüge beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ein.

b)

Die Rüge wurde auch erstmals durch den am 27.08.2004 eingegangenen Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Berufungsverfahren wirksam erhoben. Der Kläger konnte die Rüge nicht selbst erheben, weil vor dem Landesarbeitsgericht im Berufungsverfahren Vertretungszwang besteht (§ 11...

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