Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Werden gesetzliche Zinsen gemeinsam mit der Hauptsacheforderung eingeklagt, ist wegen der Akzessorietät zur Hauptsacheforderung eine schriftliche Geltendmachung innerhalb der einstufigen Ausschlussfrist nicht erforderlich.

2. Werden Zinsansprüche außerhalb des Hauptsacheprozesses eingeklagt, unterfallen sie Ausschlussfristen zur schriftlichen Geltendmachung.

3. Macht der Kläger im Prozess auf Feststellung der Vergütungspflicht nach einer bestimmten Vergütungsgruppe geltend, die Beklagte habe die Ansprüche „ab Rechtshängigkeit zu verzinsen”, genügt dies der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs auf Prozesszinsen. Dies gilt auch dann, wenn der Zinsantrag später zurückgenommen wird und die Prozesszinsen in einem späteren Prozess als Hauptsacheforderung eingeklagt werden.

 

Normenkette

BAT § 70; BGB §§ 288, 291

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Urteil vom 26.02.2003; Aktenzeichen 3 Ca 1462/02 S)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg, Kammer Schweinfurt, vom 26.02.2003, Az. 3 Ca 1462/02 S, wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Verfall von Ansprüchen auf Prozesszinsen nach § 70 BAT nach Obsiegen des Arbeitnehmers im Eingruppierungsprozess.

Der Kläger war bei der Beklagten seit 01.04.1978 beschäftigt. Nach längerem Streit über seine zutreffende Eingruppierung nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages erhob er unter dem 22.12.1997, beim Arbeitsgericht eingegangen am 23.12.1997 und der Beklagten zugestellt am 14.01.1998, Klage mit – soweit vorliegend von Interesse – folgendem Antrag:

„Es wird festgestellt, dass der Kläger aus der Vergütungsgruppe Vb zu entlohnen ist und die sich aus der Einreihung in die höhere Vergütungsgruppe ergebenden Nachzahlungen ab Rechtshängigkeit der Klage zu verzinsen sind.”

In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 02.04.1998 erklärte er ausweislich der Niederschrift (Anlage zum Schriftsatz der Klägervertreter vom 11.12.2002, Bl. 53 d.A.) „nach richterlichem Hinweis”, dass er hinsichtlich Ziffer 1) der Klage nur noch den Feststellungsantrag ohne den Zinsantrag erhebe. Nach dem Urteil des LAG Nürnberg vom 22.03.2000 – Az. 9(3)Sa 1016/98 – steht fest, dass der Kläger ab 01.08.1995 nach Vergütungsgruppe Vb BAT zu vergüten ist.

Mit seiner Klage hat der Kläger Zinszahlung in Höhe von 4% auf den von der Beklagten geschuldeten Nachzahlungsbetrag für den Zeitraum 15.08.1995 bis 14.06.2000 in Höhe von 1.198,80 EUR verlangt. Er hat ausgeführt, die Beklagte habe die aufgrund fehlerhafter Eingruppierung geschuldeten Beträge ordnungsgemäß zu verzinsen. Die Geltendmachung der fehlerhaften Eingruppierung erfasse auch die Verzinsungspflicht; § 70 BAT erfasse die Prozesszinsen nicht, weil es sich um eine gesetzliche Verpflichtung handele. Zumindest stehe die Eingruppierungsklage mit dem hierin enthaltenen Zinsantrag dem Verfall nach § 70 BAT entgegen. Die später insoweit erfolgte Antragsrücknahme sei unschädlich.

Der Kläger hat im Verfahren vor dem Arbeitsgericht daher folgende Anträge gestellt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.198,80 EUR zu zahlen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eingewandt, die Klage sei unbegründet, weil der Anspruch des Klägers nach § 70 BAT verfallen sei. Die Zinsforderung bedürfe einer selbständigen Geltendmachung neben der Hauptsacheforderung. Dies ergebe sich auch aus einer Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein vom 21.12.1988. Vorliegend sei die erstmalige Geltendmachung mit Anwaltsschreiben vom 08.06.2000 erfolgt. Die Tatsache, dass der Kläger in der Eingruppierungsklage zunächst Zinsen geltend gemacht habe, ändere hieran nichts, weil der Kläger die Klage insoweit wieder zurückgenommen habe. Im übrigen seien die Ansprüche bis einschließlich 1997 verjährt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Endurteil vom 26.02.2003 teilweise – in Höhe von EUR 908,51 – stattgegeben und sie im übrigen mit einer Kostenquote von 1/4 zu 3/4 zu Lasten der Beklagten abgewiesen. Es hat dies im wesentlichen damit begründet, dem Kläger könnten Prozesszinsen erst ab dem Tag nach Zustellung der Eingruppierungsklage am 14.01.1998 zustehen. Erst ab diesem Zeitpunkt der Klageerhebung in der Hauptsache komme die Zahlung von Prozesszinsen in Betracht. Vor diesem Zeitpunkt komme allenfalls ein Zinsanspruch aus Zahlungsverzug in Frage. Dieser sei schon deswegen nicht begründet, weil die Beklagte mangels Verschulden nicht in Verzug geraten sei. Die Einwendungen der Beklagten gegen die Zuerkennung der Prozesszinsen seien nicht begründet. In Eingruppierungsprozessen sei die Feststellungsklage auf Vergütung nach einer bestimmten Gruppe eine geeignete Klageform, die an die Stelle der Zahlungsklage treten könne. Mit dieser Feststellungsklage könnten auch Prozesszinsen geltend ge...

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