Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilanfechtung der Betriebsratswahl. Unbegründeter Feststellungsantrag einer fehlerhaft übergangenen Kandidatin zur Vollmitgliedschaft im Betriebsrat bei verspäteter Antragstellung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Wege einer Teilanfechtung kann gerichtlich geltend gemacht werden, dass das Wahlergebnis falsch ermittelt worden ist. Eine solche Anfechtung unterliegt der Anfechtungsfrist des § 19 Absatz 2 BetrVG (im Anschluss an Bundesarbeitsgericht - Beschluss vom 16.03.2005 - 7 ABR 40/04).

 

Normenkette

BetrVG § 19 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 17.06.2015; Aktenzeichen 8 BV 124/14)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 17.06.2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl sowie um die Frage, ob die Antragstellerin zum Betriebsratsmitglied gewählt worden ist.

Im Betrieb der Beteiligten zu 3 fand am 11.04.2014 eine Betriebsratswahl statt. Es fand eine Listenwahl statt.

Dem Wahlvorstand gehörten Frau I..., Herr P... und Herr Y...an. Frau I... kandidierte auf der Liste "Neuanfang", Herr P... auf der Liste "Vision A..." und Herr Y... auf der Liste "WIR DIE ARBEITER".

Die Antragstellerin kandidierte bei der Betriebsratswahl. Sie gehörte der Liste "WIR DIE ARBEITER" an.

Das Wahlergebnis wurde am Tag der Wahl am Schwarzen Brett ausgehängt. Aufgrund eines Fehlers bei der Anwendung des Geschlechterproporzes wurde darin festgestellt, dass Frau I... zum Betriebsratsmitglied gewählt worden war. Richtigerweise wäre die Antragstellerin Betriebsratsmitglied gewesen.

Die Antragstellerin leitete am 01.10.2014 beim Arbeitsgericht Nürnberg das vorliegende Verfahren ein, mit dem sie geltend macht, die Betriebsratswahl sei nichtig. Außerdem möchte sie festgestellt wissen, dass sie Betriebsratsmitglied ist.

Mit Beschluss vom 17.06.2015 wies das Arbeitsgericht Nürnberg die Anträge der Antragstellerin zurück.

Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 15.07.2015 zugestellt.

Die Antragstellerin legte gegen den Beschluss am 06.08.2015 Beschwerde ein und begründete sie am 15.10.2015. Bis dahin war die Beschwerdebegründungsfrist verlängert worden.

Die Antragstellerin macht geltend, die Betriebsratswahl leide an erheblichen Verstößen gegen wesentliche Wahlvorschriften, so dass sie nichtig sei.

Der Wahlvorstand sei nicht ordnungsgemäß bestellt worden.

Frau I... habe dem Wahlvorstand nicht angehören dürfen, da sie selbst für den Betriebsrat kandidiert habe.

Trotz des hohen Ausländeranteils im Betrieb sei der Wahlaushang nur in deutscher Sprache erfolgt.

Die in den Betriebsrat Gewählten seien nicht schriftlich unterrichtet worden. Auch die Gewerkschaft sei nicht rechtzeitig über das Wahlergebnis informiert worden.

Die Antragstellerin trägt vor, der Wahlvorstand habe es bei mindestens einem Mitarbeiter unterlassen, nach § 24 WO zu verfahren.

Sie führt aus, ihre Liste sei massiv behindert worden. So sei Herr B..., der schon dem früheren Betriebsrat angehört habe und der Listenwahl beantragt gehabt habe, massiv kritisiert worden. Man habe dazu aufgerufen, ihn abzuwählen. Als sie, die Antragstellerin, sich von der Liste "Vision A..." habe streichen lassen wollen, um in die Liste von Herrn B... "WIR DIE ARBEITER" zu wechseln, habe der Listenführer der Liste "Vision A...", Herr Ma..., ihr mitgeteilt, es sei ein Fehler, sich auf die Liste von Herrn B... einzuschreiben, da Herr B... die Firma kaputt mache.

Bei Schichtübergabe während der Wahlvorbereitung sei den Versandmitarbeitern/Staplerfahrern durch den Versandleiter Herrn F... mitgeteilt worden, sie sollten sich mit Herrn B... nicht mehr abgeben. Herr F... habe die Arbeiter aufgefordert, sich mit Herrn B... nicht zu unterhalten, da er aus dem Betriebsrat weg gehöre und dort nichts verloren habe. Die Arbeiter sollten jeden kleinsten Punkt melden, der gegen Herrn B... verwendet werden könne. Es sei auch einem Kollegen verboten worden, nach Feierabend mit Herrn B... Kontakt aufzunehmen.

Zudem sei der Aushang der Liste "WIR DIE ARBEITER" beschmiert worden.

Die Antragstellerin trägt vor, zu der Betriebsratssitzung vom 29.07.2014 habe Herr C... von der Liste "WIR DIE ARBEITER" eingeladen werden müssen. Dies sei nicht erfolgt.

Herr B... sei des Öfteren durch Herrn Ma... und Frau I... geschnitten worden. Herr Ma... habe beispielsweise dafür gesorgt, dass am 07.03.2013 im Betriebsrat eine Beschlussfassung mit dem Ziel stattgefunden habe, eine interne Abmahnung des Betriebsratskollegen B... auszusprechen.

Im Jahr 2012 habe der Personalleiter, Herr R..., in einer Besprechung eingeräumt, dass er Herrn B... in seiner Betriebsratstätigkeit behindere.

Das jetzige Betriebsratsmitglied Frau W... habe Herrn B... ca. eine Woche vor der Betriebsratswahl auf einer Betriebsversammlung vorgeworfen, er sei unkollegial, weil er auf der Listenwahl bestehe.

Frau I... habe geäußert, Herr B... sei als Betriebsrat fehl am Platz. Frau J... habe Herrn B....

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