Entscheidungsstichwort (Thema)

Veränderungssperre. Bemessung der Versorgungsleistung nach dem Bruttoverdienst bei vorzeitigem Ausscheiden

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG bleiben bei der Berechnung des Teilanspruchs nach § 2 Abs. 1 BetrAVG Veränderungen der Versorgungsregelungen und der Bemessungsgrundlagen für die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers eintreten, außer Betracht. Damit sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Ausscheidens anhand der Versorgungszusage so zu ermitteln, wie sie für einen zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Versorgungsfall gegolten hätten. Wird die Versorgungsleistung nach dem vor Eintritt des Versorgungsfalls bezogenen Bruttoverdienst bemessen, dann ist dieser Verdienst die beizubehaltende Bemessungsgrundlage. Es ist damit zu unterstellen, dass der Arbeitnehmer bei seinem tatsächlichen späteren Versorgungsfall das Gleiche verdient hätte wie bei seinem tatsächlichen Ausscheiden. Es ist nicht etwa ein hypothetischer Verdienst bei Erreichen der Regelaltersgrenze oder der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze zugrunde zu legen.

 

Normenkette

BetrAVG § 2 Abs. 5 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 04.07.2006; Aktenzeichen 5 Ca 714/05 B)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 29.09.2010; Aktenzeichen 3 AZR 564/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 04.07.2006 – 5 Ca 714/05 B – teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.346,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz auf monatlich 53,33 EUR seit dem 01.06.2002 bis zum 01.01.2006 zu zahlen sowie an den Kläger ab dem 01.01.2006 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 382,63 EUR zu zahlen; im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die erstinstanzlichen Kosten tragen der Kläger zu 58 % und die Beklagte zu 42 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 68 % und die Beklagte zu 32 %.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der an den Kläger ab dem 01.05.2002 zu zahlenden Betriebsrente. Der am 00.00.1941 geborene Kläger war seit dem 11.11.1959 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der Firma W. beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand die Pensionsordnung der Firma W. vom 01.07.1976 Anwendung, wegen deren genauen Inhalts auf die mit der Klageschrift überreichte Kopie (Bl. 7 bis 11 d. A.) Bezug genommen wird. Auf Grund einer Vereinbarung vom 11.11.1999 endete das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.11.1999. Seit dem 01.05.2002 gewährt die Beklagte dem Kläger eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 329,30 EUR, wegen deren Berechnung auf die mit der Klageschrift überreichte Kopie einer Auskunft über die unverfallbare Anwartschaft vom 02.02.2000 (Bl. 12 d. A.) sowie auf ein Schreiben der Beklagten vom 19.02.2003 (Bl. 17 d. A.) verwiesen wird. Dabei nahm die Beklagte sowohl eine Kürzung wegen des vorzeitigen Ausscheidens des Klägers als auch wegen des vorzeitigen Rentenbezugs vor.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, unter Berücksichtigung des „Barber-Urteils” des Europäischen Gerichtshofs ergebe sich für die Zeit bis zum 17.05.1990 ein Teilanspruch in Höhe von 343,95 und für den Zeitraum danach in Höhe von 119,90 EUR, so dass sein Gesamtbetriebsrentenanspruch 454,85 EUR monatlich betrage. Die von der Beklagten vorgenommene zweite Kürzung der Rente wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente sei unzulässig. Die Regelung in § 4 der Versorgungsordnung sei nicht einschlägig, weil er nicht von der flexiblen Altersgrenze in der Rentenversicherung Gebrauch gemacht habe. Eine zeitratierliche Kürzung wegen des vorzeitigen Rentenbezuges komme nur bei Inanspruchnehmen einer Invaliditätsrente in Betracht.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5398,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf Teilbeträge in Höhe von jeweils 194,55 seit dem 01.06.2002, 01.07.2002, 01.08.2002, 01.09.2002, 01.10.2002, 01.11.2002, 01.12.2002, 01.01.2003, 01.02.2003, 01.03.2003, 01.04.2003, 01.05.2003, 01.06.2003, 01.07.2003, 01.08.2003, 01.09.2003, 01.10.2003, 01.11.2003, 01.12.2003, 01.01.2004, 01.02.2004, 01.03.2004, 01.04.2004, 01.05.2004, 01.06.2004, 01.07.2004, 01.08.2004, 01.09.2004, 01.10.2004, 01.11.2004, 01.12.2004, 01.01.2005, 01.02.2005, 01.03.2005, 01.04.2005, 01.05.2005, 01.06.2005, 01.07.2005, 01.08.2005, 01.09.2005, 01.10.2005, 01.11.2005, 01.12.2005, 01.01.2006 zu zahlen;
  2. die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger ab dem 01.01.2006 Monat für Monat 454,85 EUR betriebliche Altersrente zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, aus § 4 der Pensionsordnung folge wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente eine Reduzierung des Rentenbetrages in Höhe v...

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