Entscheidungsstichwort (Thema)

Geriatriezulage. Tarifauslegung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Anspruch auf die Zulage nach Protokollnotiz Nr. 1 des Abschnitts B des Bundesmanteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt für die Grund- und Behandlungspflege von Kranken in geriatrischen Abteilungen oder Stationen besteht nur, wenn der Arbeitnehmer zeitlich überwiegend Krankenpflege verrichtet.

 

Normenkette

TVG § 1; BMT-Arbeiterwohlfahrt

 

Verfahrensgang

AG Lingen (Urteil vom 16.05.2001; Aktenzeichen 1 Ca 617/01)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 16.05.2001 – 1 Ca 617/01 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Anspruch auf die Weitergewährung einer Zulage.

Die Klägerin ist in dem von dem Beklagten betriebenen Altenwohnzentrum tätig. Gemäß Ziffer 9 des Arbeitsvertrages finden die Bestimmungen des für die … geltenden Bundesmanteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt (künftig: BMT-AW) in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung. Die Klägerin ist eingruppiert in die Vergütungsgruppe KrT IV.

Der Beklagte zahlte an die Klägerin seit Beginn ihres Arbeitsverhältnisses eine monatliche „Geriatriezulage” in Höhe von 90,00 DM. Gemäß Protokollerklärung Nr. 1 des Abschnitts B des BMT-AW erhalten diese Zulage

Pflegepersonen der Vergütungsgruppe AW-KrT I bis VIII, die die Grund- und Behandlungspflege zeitlich überwiegend bei

… Kranken in geriatrischen Abteilungen oder Stationen

ausüben.

Die Klägerin ist im Wohnbereich 1 und im Erdgeschloss des Altenwohnzentrums tätig. Dort wohnen 44 Personen, von denen 17 in die Pflegestufe 3, 14 in die Pflegestufe 1 oder in keine Pflegestufe eingestuft sind. Die Bewohner sind überwiegend demenzkrank. Sämtliche Bewohner werden von ihren Hausärzten ärztlich betreut und erhalten Medikamente, die überwiegende Anzahl ist inkontinent. Bei vielen Bewohnern sind Blutdruck und Blutzuckerspiegel zu messen. Bei einigen ist Insulin zu verabreichen oder sind Dauerkatheter zu beobachten und zu wechseln. Hinsichtlich der Einzelheiten der Erkrankungen wird auf die von der Klägerin zur Akte gereichten Stammblätter (Bl. 63 bis 104 d. A.) und die Bewohnerliste (Bl. 105 bis 108 d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin ist nicht für die Betreuung einzelner Bewohner zuständig, sondern betreut zusammen mit 4 anderen Arbeitnehmern in der Frühschicht bzw. 2 anderen Arbeitnehmern in der Spätschicht wechselnde Bewohner. Dabei betreut sie jeweils 8 Wohnheimbewohner aus der Gesamtzahl von 44.

Der Tagesablauf der Klägerin gestaltet sich wie folgt:

Frühdienst

06.30 Uhr bis 0.645 Uhr

Übergabe

06.45 Uhr bis 07.30 Uhr

Grundpflege und Behandlungspflege

07.30 Uhr bis 08.00 Uhr

Insulin spritzen und Medikamente auf Tabletts verteilen, die angereicht werden

08.00 Uhr bis 09.00 Uhr

Frühstück anreichen, Hilfestellung beim Essen und animieren zum Essen, Medikamente für Bewohner, die allein, essen verteilen

09.00 Uhr bis 09.30 Uhr

Pause der ersten Gruppe, Tropfen stellen

09.30 Uhr bis 10.00 Uhr

Pause der zweiten Gruppe, restliche Tropfen stellen, Bewohner aus dem Bett nehmen

10.00 Uhr bis 11.30 Uhr

Grund- und Behandlungspflege

11.30 Uhr bis 11.45 Uhr

Medikamente auf Tabletts verteilen, die angereicht werden

11.45 Uhr bis 12.45 Uhr

Mittag anreichen, Hilfestellung beim Essen und animieren zum Essen, Medikamente für Bewohner, die allein essen, verteilen

12.45 Uhr bis 13.00 Uhr

Toilettengänge, Lagerung, Inkontinenzversorgung, zur Mittagsruhe ins Bett legen

13.00 Uhr bis 13.30 Uhr

Eintragungen in die Dokumentation

13.30 Uhr bis 14.00 Uhr

Übergabe

Spätdienst

13.00 Uhr bis 13.30 Uhr

Lagerungen, Inkontinenzversorgung, Tabletten für den nächsten Tag umstellen, gegebenenfalls Tablett stellen

13.30 Uhr bis 14.00 Uhr

Übergabe

14.00 Uhr bis 14.30 Uhr

Bewohner wieder aus dem Bett holen

14.30 Uhr bis 15.30 Uhr

Kaffee anreichen, Hilfestellung geben und animieren zum Essen

15.30 Uhr bis 16.00 Uhr

Pause

16.00 Uhr bis 17.30 Uhr

Toilettengänge, Lagerung, Inkontinenzversorgung, Bewohner ins Bett bringen

17.30 Uhr bis 18.00 Uhr

Insulin spritzen, Medikamente auf Tabletts verteilen, wo angereicht wird

18.00 Uhr bis 19.00 Uhr

Abendbrot anreichen, Hilfestellung geben und animieren zum Essen, Medikamente für Bewohner, die allein essen, verteilen

19.00 Uhr bis 20.00 Uhr

Bewohner ins Bett bringen, Hilfestellung beim Auskleiden und Mundpflege (Zahnpflege) Inkontinenzversorgung, Lagerungen, Nachtmedizin verteilen und verabreichen, gegebenenfalls Infusionen anlegen

20.00 Uhr bis 20.15 Uhr

Eintragungen in die Dokumentation

20.15 Uhr bis 20.30 Uhr

Übergabe

Bei ihrer Tätigkeit unterliegt die Klägerin den Arbeitszeitvorgaben des Beklagten, die sich aus den Pflegestandards für die Allgemeine Pflege (AP) und aus den Pflegestandards Spezielle Pflege (SP), auf die Bezug genommen wird (Bl. 59 bis 61 d. A.), ergeben. Auf den Arbeitsnachweis der Klägerin für Januar 2002, au...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge