Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Urteil vom 10.02.1994; Aktenzeichen 6 Ca 559/93 E)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 10.2.1994 – 6 Ca 559/93 E – teilweise abgeändert und – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen – wie folgt neu gefaßt:

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin seit dem 1.1.1994 Vergütung nach Maßgabe der Fußnote I zu Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 BAT zu zahlen und die von Januar bis Juni 1994 fälligen Nettobeträge ab 30.6.1994, die übrigen rückständigen Nettobeträge jeweils ab dem 15. eines jeden der folgenden Monate mit 4 % zu verzinsen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 9/10, der Beklagte 1/10 zu tragen.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die – beiderseits tarifgebundenen – Parteien streiten um die tarifrichtige Eingruppierung.

Die am … geborene Klägerin ist staatlich anerkannte Diplom-Sozialpädagogin. Sie ist seit dem 1.7.1984 aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom gleichen Tage bei dem Beklagten angestellt. Sie arbeitet als Sozialpädagogin in der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Beklagten in … In der Beratungsstelle arbeiten zwei Psychologen – einer von ihnen als Leiter – und einschließlich der Klägerin fünf Sozialpädagogen. Nach der Konzeption des Beklagten hat die Beratungsstelle, die als Einrichtung der öffentlichen Jugendhilfe dem Jugendamt angegliedert ist, im Rahmen des § 28 KJHG die Aufgabe, bei Verhaltensauffälligkeiten, Erziehungsschwierigkeiten und Entwicklungsstörungen von Kindern und Jugendlichen alle Beteiligten bei der Lösung der Probleme zu unterstützen, das heißt Diagnosen zu erstellen, Beratungen mit Kindern, Jugendlichen, Eltern und anderen beteiligten Personen durchzuführen, psychotherapeutische Maßnahmen einzuleiten und durchzuführen oder zu veranlassen, durch Zusammenarbeit mit anderen Institutionen vorbeugend tätig zu werden und ihre Erfahrungen in der Öffentlichkeit bekanntzumachen (Jahresbericht 1992 der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Landkreises …, S. 3, Bl. 52 d. A.).

Das Arbeitsgebiet der Klägerin umfaßt folgende Tätigkeiten:

  • Anmeldungen aufnehmen
  • Anamneseerhebungen
  • Psychosoziale Diagnostik
  • Exploration und Beobachtung mit Kindern und Jugendlichen (innerhalb und außerhalb der EB)
  • Beratung mit Eltern und Familien (einzeln, in Familien und in Gruppen)
  • Beratung mit Bezugspersonen (Großeltern, Erzieher, Lehrer etc.)
  • Therapie mit Eltern und Familien
  • Beratungen mit Jugendlichen
  • Therapie mit Kindern und Jugendlichen (einzeln, in Gruppen)
  • therapeutische und pädagogische Elterngruppenarbeit
  • fallbezogene Planung und Auswertung
  • Teilnahme an Fallbesprechungen im Rahmen des interdisziplinären Teams
  • Aktenführung
  • Teilnahme und Mitarbeit an Teambesprechungen
  • organisatorische Aufgaben zur Durchführung der beraterischen, therapeutischen und pädagogischen Arbeit
  • Mitarbeit an der Erstellung des Jahresberichts
  • Teilnahme an fall- und teambezogener Supervision
  • stetige berufliche Fort- und Weiterbildung sowie ein entsprechendes Literaturstudium
  • Teilnahme an regionalen und überregionalen fachbezogenen Tagungen, Informationsveranstaltungen und Arbeitsgemeinschaften
  • Anleitung von Praktikantinnen

Die Tätigkeiten führt die Klägerin fachlich selbständig und eigenverantwortlich in Abstimmung mit dem Team und dem Leiter aus.

Die Klägerin war nach altem Tarifrecht in Vergütungsgruppe V b/IV b BAT eingruppiert. Der Beklagte bewertete nach Inkrafttreten des Tarifvertrages vom 24.4.1991 den Arbeitsplatz der Klägerin neu, änderte die Eingruppierung der Klägerin aber nicht. Die mit dem Tarifvertrag vom 24.4.1991 eingeführte Vergütungsgruppenzulage in Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 17 zahlte der Beklagte der Klägerin ab dem 1.7.1992.

Mit Schreiben vom 7.10.1991 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT geltend. Der Beklagte lehnte die Höhergruppierung mit Schreiben vom 7.8.1992 ab. Die Differenz zwischen der gezahlten und der begehrten Vergütungsgruppe betrug ab Januar 1993 238,84 DM brutto monatlich.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei in die Vergütungsgruppe IV a BAT einzugruppieren, weil der hohe Anteil therapeutischer Tätigkeiten eine gravierende Heraushebung aus dem üblichen Tätigkeitsbereich des Dipl.-Sozialpädagogen darstelle. Die besondere Schwierigkeit ergebe sich daraus, daß das Klientel der Beratungsstelle meist extrem vielschichtige individuelle und familiäre Problematiken aufweise. Dazu gehörten Symptomatiken bei den angemeldeten Kindern und Jugendlichen wie:

  • symptomatische Beschwerden mit psychischen Bedingungsfaktoren, z. B. Eßstörungen, psychosomatische Erkrankung, motorische Eßstörung usw.
  • emotionale Auffälligkeiten, wie Ängste, depressive Verstimmungen, Suizidgefährdung u. ä.
  • soziale Auffälligkeiten, wie Kontaktschwierigkeiten, Agressivität, S...

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