Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Sachbearbeiterin, die Verwarnungen im Bereich von Verkehrsordnungswidrigkeiten bearbeitet, benötigt vielseitige und gründliche Fachkenntnisse.

2. Sachverhaltsaufklärung verbunden mit der Entscheidung über Aufrechterhaltung oder Aufhebung von Verwarnungen oder Bußgeldbescheiden ist als selbständige Leistung zu bewerten.

 

Normenkette

Anlage 1 a zum BAT (Allgemeine Vergütungsordnung), Vergütungsgruppe V c

 

Verfahrensgang

ArbG Wilhelmshaven (Urteil vom 27.05.1994; Aktenzeichen 1 Ca 354/93 E,)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.04.1997; Aktenzeichen 4 AZR 350/95)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 27.05.1994, 1 Ca 354/93 E, abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab 01.04.1991 Vergütung nach Vergütungsgruppe V c BAT zu zahlen nebst 4 % Zinsen auf den Nettodifferenzbetrag ab 24.03.1993 bzw. für die nachfolgenden Differenzansprüche ab jeweiliger monatlicher Fälligkeit.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 19.482,52 DM festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren ab 01.04.1991 Vergütung nach Vergütungsgruppe V c BAT, geltend gemacht mit Schreiben vom 30.09.1991.

Die Klägerin, die 1985 die erste Prüfung für Angestellte im kommunalen Verwaltungs- und Kassendienst bestanden hat, ist seit dem 01.09.1979 als Verwaltungsangestellte der beklagten Stadt beschäftigt und erhält seit 1985 Vergütung nach Vergütungsgruppe VII BAT. Seit dem 17.11.1992 befindet sie sich im Erziehungsurlaub. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung und aufgrund vertraglicher Vereinbarung der BAT Anwendung.

Seit dem 01.10.1990 ist die Klägerin als Sachbearbeiterin befaßt mit der Bearbeitung von Verwarnungen im Bereich von Verkehrsordnungswidrigkeiten. (Zur früheren Tätigkeit ist von den Parteien nicht vorgetragen worden.) Sie bearbeitet Verkehrsordnungswidrigkeiten, die nach dem aufgrund § 27 StVG erlassenen Verwarungsgeldkatalog mit einem Verwarnungsgeld von bis zu 75,– DM geahndet werden können.

Nach Darstellung der Klägerin gliedert sich ihre Tätigkeit in folgende Arbeitsvorgänge:

1.

Verwarngeld mit Erlaß eines Bußgeldbescheides

46,86 %

2.

Verwarngeld mit Einstellung des Verfahrens

2,53 %

3.

Entscheidung über Einsprüche

39,27 %

4.

Verfristete Einsprüche

0 %

5.

Wiedereinsetzungsanträge

4,28 %

6.

Kostenbescheid

7,07 %

7.

Fahrtenbuch

0 %

Ergänzend wird Bezug genommen auf Seite 4 bis 13 der Klageschrift und auf die von der Klägerin in der Klageschrift vorgelegten Aufzeichnungen über die Tätigkeit, Bl. 14 f. d. A.

Nach der von der Beklagten vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung (Bl. 179, 180 d. A.) liegen folgende Arbeitsvorgänge vor:

1.

Bearbeitung und Entscheidung von Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahren/-verwarnung einschließlich Halterermittlungen

60 %

2.

Sachbearbeitung von Einsprüchen

30 %

3.

Sachbearbeitung bei Kostenbescheid

10 %

In einer Arbeitsplatzüberprüfung der Bewertungskommission der Beklagten vom 06.05.1991 (Bl. 89 u. 90 d. A.) ist folgendes festgestellt:

Kennzeichnend für die Tätigkeit der Stelleninhaberin ist aber, daß ihr durch entsprechende Rechtsnormen sowohl das Verfahren als auch die sich daraus ergebenden Konsequenzen für den Verkehrsteilnehmer vorgegeben sind. Ihre wesentliche Aufgabe liegt in der Sachverhaltsermittlung, wobei sie zwar auch die Einlassungen und Argumente der Beteiligten bewerten muß, sich aber im allgemeinen auf eindeutige Unterlagen der Ermittlungsbehörden stützen kann (z. B. Anzeigen der Polizei, Politessen).

Die Bewertungskommission hat mit Ausnahme der Bearbeitung von Wiedereinsetzungsanträgen in den vorigen Stand selbständige Leistungen verneint.

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren sechs typische Aktenvorgänge, bearbeitet von der Vertreterin der Klägerin, vorgelegt. Auf die Anlagen zur Akte wird verwiesen.

Die Sachbearbeitung im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten mit Verwarnungsgeld umfaßt schwerpunktmäßig den ruhenden Verkehr (Halte- und Parkverstöße) und Geschwindigkeitsüberschreitungen. Hinzu kommen Unfallanzeigen, wobei es sich im wesentlichen um Auffahrunfälle oder Fahrbahnwechsel handelt.

Bei Verstößen im ruhenden Verkehr gibt die Politesse die einzelnen Daten in ein Erfassungsgerät ein, sodann wird durch EDV automatisch die schriftliche Verwarnung erstellt. Wird das Verwarngeld bezahlt, ist der Vorgang ohne Einschaltung der Klägerin erledigt. Wird das Verwarnungsgeld nicht bezahlt, wird der Bußgeldbescheid ohne Kontrolle durch die Klägerin durch die EDV erstellt. Die Klägerin wird nur tätig, wenn der Verwarnte aufgrund der Verwarnung eine Gegenäußerung abgibt. Sie hat diese Gegenäußerung zu prüfen, Sachverhaltsaufklärung durchzuführen etwa durch Rückfrage bei der Politesse oder anderen Ämtern oder durch Veranlassung von Zeugenvernehmungen. Sodann hat sie zu en...

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