Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung mit dem Ziel, den bislang außertariflich vergüteten Arbeitnehmer nach den Bedingungen eines im Betrieb neu anwendbaren Tarifvertrages (hier: ERA-Tarifvertrag) zu behandeln

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Wunsch eines Arbeitgebers, Mitarbeiter, die außertariflich bezahlt wurden, weil ihre Tätigkeit im alten Tarifgefüge nicht abgebildet war, in ein neu anwendbares Tarifwerk einzugliedern, weil die Tätigkeit hier nunmehr erfasst ist, trägt als kollektivrechtlich geprägter Ansatz eine Änderungskündigung im Rahmen der sozialen Rechtfertigung nicht.

 

Normenkette

KSchG §§ 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 14.08.2007; Aktenzeichen 34 Ca 610/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom14.08.2007 – Az. 34 Ca 610/07 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien besteht seit dem 01.12.1980. Nach § 1 des „Arbeitsvertrages Außertarifliche Angestellte” vom 22.11.2001 (Bl. 5 ff. d.A.) wurde der Kläger „im außertariflichen Arbeitsverhältnis” als Projektplaner weiterbeschäftigt (zu den vertraglichen Vereinbarungen im Einzelnen wird auf den „Arbeitsvertrag außertarifliche Angestellte” vom 22.11.2001 und die „Änderung zum Anstellungsvertrag” vom 12.07.2004, Bl. 10 d. A. Bezug genommen).

Die Wochenarbeitszeit des Klägers betrug zuletzt 40 Wochenstunden mit einer Bruttomonatsvergütung von EUR 5.850,00 zzgl. einer variablen Vergütung.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie und Mitglied des Arbeitgeberverbandes. Der Kläger ist Mitglied der IG Metall.

Der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie und die IG Metall haben den sog. ERA-Einführungstarifvertrag vom 01.11.2005 für die bayerische Metall- und Elektroindustrie abgeschlossen. Nach dessen § 2 sollten die Betriebsparteien in der Zeit vom 01.11.2005 bis 30.09.2006 die sachlichen Voraussetzungen für die betriebliche Einführung des Entgeltrahmentarifvertrages vom 01.11.2005 für die bayerische Metall- und Elektroindustrie (ERA-TV) schaffen, um ihn danach bis 30.09.2009 stichtagsbezogen einführen zu können.

Nach § 2 Abs. 2 ERA-TV erfolgt die Eingruppierung der Arbeitnehmer „aufgrund der gesamten übertragenen Arbeitsaufgaben”, wobei zur Bewertung der Arbeitsaufgabe eine ganzheitliche Betrachtung der Anforderungen vorzunehmen sei. Nach § 2 Ziff. 4 Abs. I Satz 1 bieten die tariflichen Orientierungsbeispiele im Anhang zum Tarifvertrag Anhaltspunkte für die Eingruppierung.

Die Beklagte traf im Jahre 2006 die unternehmerische Entscheidung, in ihrem Betrieb den ERA-TV zum 01.01.2007 einzuführen. Sie schloss mit ihrem Betriebsrat am 12.10.2006 eine entsprechende „Rahmen-Betriebsvereinbarung über die Einführung der Tarifverträge zum Entgelt-Rahmenabkommen (ERA)”. § 8 der Betriebsvereinbarung sieht vor, dass die Betriebsparteien alle Vorbereitungen treffen, um eine Umstellung der Entgelte zum 01.01.2007 zu ermöglichen.

Nach § 1 Ziffer 3 Abs. II lit. d des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie – Stand: 01.07.2002 – (MTV-Angestellte) gelten nicht als Angestellte im Sinne dieses Tarifvertrages „sonstige Angestellte, deren Gehalt auf außertariflicher Grundlage über den Rahmen des höchsten Tarifsatzes der Gruppe VII um 25 v. Hd. hinaus geregelt ist”.

Nachdem zwischen den Parteien über eine von der Beklagten beabsichtigte Eingliederung des Klägers in den ERA-TV keine Verständigung zustande kam, hörte die Beklagte mit Schreiben vom 14.12.2006 (Bl. 41 f. d. A.) den Betriebsrat zu einer Änderungskündigung gegenüber dem Kläger an. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 22.12.2006 (Bl. 59 f. d.A.). Mit Datum vom 22.12.2006 sprach die Beklagte dem Kläger eine Änderungskündigung zum 31.07.2007 aus (Bl. 11 f. d.A.) und bot ihm einen Arbeitsvertrag als Tarifangestellter an (Bl. 14 ff. d.A.). Das Angebot sieht unter anderem folgende Regelungen vor (zum Vertragsinhalt im Übrigen wird auf Bl. 14 ff. d.A. Bezug genommen):

㤠2 Entgelt

Das Bruttoentgelt beträgt

EUR 5.442,00

Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen

EUR 3.426,00

Tarifentgelt der Entgeltgruppe 10

EUR 3.426,00

Tarifliche Leistungszulage (14 %)

EUR 480,00

Übertarifliche Zulage

EUR 1.536,00

Das Bruttogehalt basiert auf einer Arbeitszeit von wöchentlich 35 Stunden.

Die übertarifliche Zulage stellt eine freiwillige Leistung dar und wird dem Mitarbeiter bis 31.01.2009 zugesichert.

§ 3 Kündigungsfristen

Das Arbeitsverhältnis kann mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden.

§ 5 Urlaub

Der Umfang des jährlichen Urlaubsanspruchs richtet sich nach den gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Bestimmungen. Die zeitliche Festlegung muss im Einvernehmen mit der Firma erfolgen.”

Zusätzlich zum „Arbeitsvertrag Tarifangestellter” enthielt das Angebot der Beklagten die „Ergänzung zum Arbeit...

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