Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlängerung der Arbeitszeit. Personalüberhang

 

Leitsatz (amtlich)

Dringende betriebliche Gründe, die einer Verlängerung der Arbeitszeit entgegenstehen, können sich aus einem Personalüberhang in anderen Bereichen des Arbeitgebers ergeben.

 

Normenkette

TzBfG § 9

 

Verfahrensgang

ArbG Rosenheim (Urteil vom 18.10.2005; Aktenzeichen 5 Ca 313/05)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen dasEndurteil desArbeitsgerichts Rosenheim vom18.10.2005 – 5 Ca 313/05 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verlängerung der Arbeitszeit der teilzeitbeschäftigten Klägerin.

Die Klägerin ist seit 12.3.1999 bei der Niederlassung Brief R. im Zustelldienst beschäftigt, und zwar mit einer arbeitsvertraglichen Arbeitszeit von zuletzt 19,5 Wochenstunden. Zu dieser Niederlassung gehört der Zustellstützpunkt mit Leitungsfunktion (ZSPL) T., dem mehrere Zustellbezirke zugeordnet sind. Leiter des ZSPL Traunstein ist der Zeuge W.. Die Arbeitszeit der Klägerin wurde in der Vergangenheit mehrfach jeweils befristet erhöht. Außerdem leistete die Klägerin in der Vergangenheit Überstunden. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer der Beklagten haben eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden.

Am 1.10.2004 wurde beim Zustellstützpunkt L. ein Dienstposten „Springer Bezirke 25, 27, 30, 31 und Fracht” mit einer Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden ausgeschrieben. Die Klägerin bewarb sich auf diesen Dienstposten und beantragte die unbefristete Verlängerung ihrer Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden gem. § 9 TzBfG.

Für den ausgeschriebenen Posten bewarben sich neben der Klägerin die Mitarbeiter H. (Beamter), Sch. und T.. Am 22.11.2004 wurde der Dienstposten mit Herrn H. besetzt. Dieser ist seit 14 Jahren bei der Beklagten in Vollzeit tätig. Er war ursprünglich als Zusteller im Zustellbezirk 708 (T.) eingesetzt. Vom 26.5.2004 bis 27.9.2004 wurde er aus gesundheitlichen Gründen innerhalb der Niederlassung Brief R. zum ZSPL R. abgeordnet. Ab 28.9.2004 wurde er in L. eingesetzt. Die im Zustellbezirk 708 (T.) freigewordene Stelle wurde mit Herrn P. besetzt.

In L. wurde über die ausgeschriebene Springerstelle hinaus ein neuer Zustellbezirk 31 geschaffen. Dieser Bezirk wurde mit den Mitarbeitern H. und T. im Jobsharing besetzt. Den dadurch freigewordenen Zustellbezirk 26 übernahm der Mitarbeiter W..

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie nach § 9 TzBfG Anspruch darauf habe, Vollzeit beschäftigt zu werden. Sie sei für den ausgeschriebenen Dienstposten in L. und den neu geschaffenen Bezirk 31 in L. in gleicher Weise geeignet gewesen wie die Mitarbeiter, die letztlich diese Dienstposten erhalten hätten. Eine bessere Eignung des Herrn H. ergebe sich weder aus seiner längeren Beschäftigungszeit im Zustelldienst noch aus seiner Ausbildung. Es hätten auch keine dringenden betrieblichen Gründe dafür vorgelegen, die Stellen mit anderen Mitarbeitern zu besetzen. Allein der Personalüberhang könne ein solches betriebliches Erfordernis nicht darstellen, da die Beklagte es sonst in der Hand hätte, ihren Verlängerungsanspruch auszuheben. Die Beklagte könne sich auch nicht auf mangelnden Bedarf berufen, da sie tatsächlich praktisch Vollzeit arbeite.

Dagegen meint die Beklagte, die freien Dienstposten seien zulässigerweise mit anderen Arbeitnehmern besetzt worden. Wegen seiner längeren Beschäftigungsdauer und seiner Ausbildung sei Herr H. besser geeignet gewesen als die Klägerin. Diese sei nur eine angelernte Kraft. Darüber hinaus habe es dringende betriebliche Gründe für die Besetzung mit anderen Mitarbeitern gegeben. Diese Gründe würden dem Wunsch der Klägerin nach einer Verlängerung ihrer Arbeitszeit entgegenstehen. Bei der Beklagten gebe es einen Personalüberhang. Im Zuge der Ausweitung der im Jahre 2003 eingeführten sog. Verbundzustellung, d.h. der gemeinsamen Zustellung von Brief- und Frachtsendungen sei bei den Zustellstützpunkten T. und L. die bisher bestehende Frachtspringergruppe 706/708/713/714/715 aufgelöst worden. Auf dem bisherigen Zustellbezirk des Herrn H. (708) habe ab Herbst 2004 der bis dahin als Springer eingesetzte und nach Auflösung der Springergruppe im Überhang befindliche Arbeitnehmer P. untergebracht werden können. Der weitere Zustellbezirk 31 in L. sei durch die Ausweitung der Verbundzustellung geschaffen worden. Der darauf zurückzuführende Wechsel des Herrn W. in den Zustellbezirk 26 habe einen Vertreterposten in L. freigemacht. Der freigewordene Vertreterposten sei vorübergehend vom 28.9. bis 21.11.2004 mit Herrn H. besetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe es im ZSPL T. zwei Doppelbesetzungen von Vertreterposten gegeben, einmal mit den Herren G. und H. und einmal mit den Herren Z. und E.. Durch den Wechsel des Herrn W. habe die Doppelbesetzung Z./E. aufgelöst werden können.

Mit Endurteil vom 18.10.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage mit dem Antrag, die Beklagte zur Annahme des Angebots der Klägerin zur unbefristeten Erhöhung ihrer Arbei...

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