Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Fallgruppenbezogen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Eingruppierungsklage im öffentlichen Dienst, mit der auch die Feststellung einer bestimmten Fallgruppe innerhalb der Vergütungsgruppe begehrt wird, ist ausnahmsweise zulässig, wenn von der zutreffenden Bestimmung der Fallgruppe innerhalb der Vergütungsordnung des BAT die Einstufung in eine der Entgeltstufen des TVöD abhängt.

2. Es gibt keinen eingruppierungsrechtlichen Grundsatz, nach dem Teiltätigkeiten, die bereits zur Bejahung der Ausgangsfallgruppe oder eines Hervorhebungsmerkmals verwendet wurden, für die Berücksichtigung bei weiteren Hervorhebungsmerkmalen ausgeschlossen sind.

3. Aus dem Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des BAT die Vergütung von Leitern von Einrichtungen nach der Anzahl der in den Einrichtungen vorhandenen Personen staffeln (zum Beispiel bei den Leitern von Kindereinrichtungen und den Leitern von Erziehungsheimen), kann man schließen, dass die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen sind, dass die Verantwortung von Leitern von Einrichtungen mit der Anzahl der dort vorhandenen Personen wächst.

4. Eine Leiterin eines Wohnheimes für behinderte Menschen kann nur wie eine allgemeine Verwaltungsangestellte eingruppiert werden. Insbesondere kommt eine Eingruppierung als Leiterin eines Erziehungsheims nicht in Betracht, da es am Erziehungsauftrag der Einrichtung fehlt.

5. Die Verantwortung einer Leiterin eines Wohnheims für behinderte Menschen, in dem regelmäßig 150 Personen untergebracht sind und in dem etwa 90 Beschäftigte tätig sind, kann als so herausgehoben angesehen werden, dass die Leiterin in die Vergütungsgruppe III Fallgruppe 1 a der Vergütungsordnung des BAT (VKA) eingruppiert ist und ihr damit der Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe II Fallgruppe 1 e der Vergütungsordnung offen steht.

 

Normenkette

BAT §§ 22-23

 

Verfahrensgang

ArbG Stralsund (Urteil vom 24.04.2006; Aktenzeichen 6 Ca 456/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.05.2008; Aktenzeichen 4 AZR 303/07)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Stralsund vom 24.04.2006 (6 Ca 456/05) abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit dem 01.04.2005 in die Vergütungsgruppe II BAT-O, Fallgruppe 1 e, eingruppiert ist.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der beklagte Landkreis.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung in den BAT (VkA).

Die 1944 geborene Klägerin hat an der Agraringenieurschule E. den Abschluss eines Agraringenieurs für den Bereich Finanzen erworben. Sie ist beim beklagten Landkreis bzw. bei dem untergegangenen Landkreis A. seit 1991 angestellt und sie ist seit 1992 als Heimleiterin tätig.

Die Klägerin leitet das Behindertenzentrum Z. auf Usedom, das der beklagte Landkreis als Eigenbetrieb führt. In der Satzung des Eigenbetriebes heißt es zu den Aufgaben der Einrichtung in § 1 Abs. 1:

„Gegenstand des Eigenbetriebes ist die ganzheitliche Betreuung, Versorgung und Pflege, insbesondere behinderter Menschen entsprechend aktueller Erkenntnisse und Standards mit dem Ziel der Erhaltung, Förderung und Wiedergewinnung individueller Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Aufrechterhaltung eines weitgehend selbstständigen und sinnerfüllten Lebens in einem anregenden und unterstützenden Umfeld. Die zeitweise Unterbringung von überwiegend behinderten Menschen in unserer Einrichtung soll zur Erholung und Regenerierung beitragen.”

Die Einrichtung geht zurück auf die Psychiatrie in H.. In das Behindertenzentrum Z. sind von dort die Bewohner verlegt worden, die nicht ständig unter ärztlicher Kontrolle leben müssen.

In dem Heim waren bei seiner Gründung im Jahre 1992 rund 80 Bewohner untergebracht, die von 60 Beschäftigten betreut wurden. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht waren in dem Heim regelmäßig 150 Bewohner untergebracht, davon etwa 2/3 im Pflegeheim und das übrige Drittel im Wohnheim. Diese Bewohner werden durch rund 90 Beschäftigte betreut. Im Bereich Pflegeheim gibt es sechs Wohnbereiche, die jeweils durch eine Krankenschwester als Wohnbereichsleiterin geleitet werden. Jedem Wohnbereich sind etwa acht weitere Mitarbeiter (Krankenpfleger und -pflegehelfer sowie gewerbliche Reinigungskräfte) zugeordnet.

Der Bereich Wohnheim ist nicht mehr weiter untergliedert. Auch er wird durch eine Krankenschwester geleitet, der allerdings zwischen 15 und 20 Mitarbeiter untergeordnet sind. Neben Pflegern und Helfern sind hier auch Heilerzieher und eine Ergotherapeutin tätig. Zusätzlich gibt es in dem Heim eine Begegnungsstätte mit zuletzt neun Mitarbeitern, in der neben Pflegern und Helfern ebenfalls Physiotherapeuten und Ergotherapeuten tätig sind. Letztlich gibt es noch den Bereich der Hausverwaltung und die gewerblichen Dienste mit der Wäscherei, der Küche und der Technik.

Das Haus wird von der Klägerin geführt, der zwei Sachbearbeiterinnen zugeordnet sind. Ihr Stellvertreter ist der einzige Sozialarbeiter der Einrichtung....

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