Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung für übertragene Urlaubsansprüche bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Elternzeit und anschließender Beendigung. Abgeltung des vollen Jahresurlaubs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der zweiten Jahreshälfte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird das Arbeitsverhältnis über das Ende der Elternzeit hinaus zunächst fortgesetzt und dann zu einem späteren Zeitpunkt beendet, sind Urlaubsansprüche, die nach § 17 Abs. 2 BEEG übertragen worden sind und wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden können, gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. § 17 Abs. 3 BEEG schränkt § 7 Abs. 4 BurlG nicht ein, sondern erweitert die Möglichkeit der Urlaubsabgeltung (Anschluss LAG Nürnberg, Urteil vom 4. Oktober 2011 - 7 Sa 169/11).

2. § 6 BUrlG führt nicht dazu, dass der Urlaubsanspruch gegen Altarbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der 2. Jahreshälfte um die Urlaubstage, die in einem neuen Arbeitsverhältnis entstehen, zu kürzen ist (Anschluss an BAG, Urteil vom 28.02.1991 - 8 AZR 196/90).

 

Normenkette

BEEG § 17 Abs. 2, § 18 Abs. 3; BUrlG § 7 Abs. 4, § 6; BEEG § 17 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 08.12.2016; Aktenzeichen 6 Ca 924/16)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 08.12.2016 - 6 Ca 924/16 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Urlaubsabgeltung.

Die Klägerin war seit dem 01.09.1994 zunächst als Auszubildende, danach als Technische Zeichnerin zuletzt zu einer monatlichen Bruttovergütung von 1.590,00 € beschäftigt. Arbeitsvertraglich war ein jährlicher Urlaubsanspruch von 24 Arbeitstagen vereinbart.

Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund klägerseitiger Kündigung am 15.09.2015.

Im Zeitraum vom 16.05.2013 bis zum 29.06.2014 war die Klägerin in Mutterschutz und Elternzeit.

Unstreitig hatte die Klägerin im Jahr 2013 10, im Jahr 2014 8 und im Jahr 2015 12 Tage Urlaub gehabt. Bei den 4 Urlaubstagen im ersten Quartal 2015 hat es sich nach dem Vortrag der Klägerin um Resturlaub aus dem Jahr 2014 gehandelt.

Mit Schreiben vom 27.10.2015 (Bl. 93 d.A.) wies der Beklagte die Klägerin auf eine Überzahlung für den Monat August 2015 in Höhe von 158,63 € netto hin. Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.11.2015 (Bl. 109 d.A.) erklärte die Klägerin die Aufrechnung ihres Urlaubsabgeltungsanspruchs gegen den Rückzahlungsanspruch des Beklagten.

Mit beim Arbeitsgericht Schwerin erhobener Klage hat die Klägerin Urlaubsabgeltung für insgesamt 30 Urlaubstage begehrt. Für das Jahr 2013 stünden ihr 14 und für das Jahr 2015 16 Tage Urlaub zu. Auf den Abgeltungsanspruch lasse sie sich die von der Beklagten geltend gemachte Überzahlung anrechnen. Eine Kürzung des Urlaubsanspruchs wegen Elternzeit durch den Beklagten sei nicht erfolgt. Nicht genommener Urlaub sei regelmäßig in das Folgejahr übertragen worden. Beim Folgearbeitgeber für das Jahr 2015 entstehende Urlaubsansprüche seien nicht zu berücksichtigen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass der klägerische Urlaubsanspruch wegen der Elternzeit für das Jahr 2013 um 10 Urlaubstage und für das Jahr 2014 um 12 Urlaubstage gekürzt sei. Von dem Urlaub für 2015 habe die Klägerin bereits 12 Tage realisiert. Es habe keine Übertragung von Urlaub aus dem Vorjahr in das Jahr 2015 gegeben. Soweit für das Jahr 2015 noch ein Resturlaubsanspruch bestanden habe, könne dieser nur dann abgegolten werden, wenn die Klägerin den Urlaubsanspruch nicht bei ihrem Folgearbeitgeber realisiert habe. Hierzu habe die Klägerin nichts vorgetragen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage unter Zugrundelegung eines Abgeltungsanspruches für 30 Urlaubstage weitestgehend stattgegeben. Die teilweise Abweisung beruhte darauf, dass die Klägerin den Abgeltungsanspruch je Urlaubstag geringfügig zu hoch angesetzt hatte.

Zur Begründung hat es darauf abgestellt, dass eine Kürzung des Erholungsurlaubs in der Elternzeit gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG durch den Beklagten nicht erfolgt sei. Es fehle an der empfangsbedürftigen rechtsgeschäftlichen Erklärung des Beklagten. Der Klägerin seien nicht 12, so der Beklagte, sondern nur 8 Urlaubstage aus dem Urlaub 2015 gewährt worden. Die ersten 4 im Jahr 2015 gewährten Urlaubstage waren aus dem Jahr 2014 übertragen worden. Der Klägerin stehe auch der volle Urlaub für das Jahr 2015 gegen den Beklagten zu. Sie müsse sich nicht auf seinen beim neuen Arbeitgeber entstehenden Urlaub verweisen lassen.

Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts und des Parteivortrags erster Instanz wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil (Bl. 114 - 126 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses dem Beklagten am 23.12.2016 zugestellte Urteil wendet er sich mit der rechtzeitig beim Landesarbeitsgericht eingelegten und begründeten Berufung.

Der Beklagte hält das arbeitsgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens für fehlerhaft. Das Arbeitsgericht habe nicht davon ausgehen dürfen, da...

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