Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeit. Aufstockung. Blue-Pencil-Test. Vollzeitarbeitsverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gilt nach § 2 Ziff. 1 des Manteltarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 08.12.2005 eine tarifliche Mindestarbeitszeit von monatlich 160 Stunden, so kann eine allgemeine Geschäftsbedingung in einem Arbeitsvetrag, wonach der Arbeitnehmer „im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden zu arbeiten” hätte, nicht mit Hilfe des sog. Blue-Pencil-Tests durch das Streichen der Worte „im monatlichen Durchschnitt” in zwei selbstständige Teile zerlegt werden. Dies hätte zur Folge, dass die Arbeitszeitverpflichtung der Parteien nunmehr 150 Stunden monatlich betrüge. Die arbeitsvertragliche Arbeitszeitklausel enthält aber bewusst und gewollt nur eine einzige einheitliche Regelung, die nicht teilbar ist.

2. Fehlt es in einem Arbeitsverhältnis an einer Festlegung des Umfangs der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitsleistung, ist im Zweifel der Normalfall eines Vollzeitarbeitsverhältnisses gewollt, es sei denn, hinreichende objektive Anhaltspunkte lassen vermuten, dass beide Parteien übereinstimmend nur ein Teilzeitarbeitsverhältnis gewollt hätten.

 

Normenkette

BGB §§ 306, 612, 615; TzBfG § 9

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 16.09.2010; Aktenzeichen 12 Ca 4244/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.09.2010 in Sachen 12 Ca 4244/09 teilweise wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 180,80 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.05.2009 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 65 % und die Beklagte 35 % zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um den Umfang der monatlichen Arbeitszeitverpflichtung der Klägerin sowie um die Vergütung sogenannter Breakstunden für die Monate März und April 2009.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, auf Grund derer das Arbeitsgericht eine Arbeitszeitverpflichtung in Höhe von 160 Stunden monatlich angenommen und die Forderung der Klägerin nach Vergütung von Break-Stunden für März und April 2009 abgewiesen hat, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 16.09.2010 Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 14.10.2010 zugestellte arbeitsgerichtliche Urteil vom 16.09.2010 am 12.11.2010 Berufung eingelegt und diese am 24.11.2010 begründet.

Der Beklagten wurde das erstinstanzliche Urteil am 15.10.2010 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 05.11.2010 Berufung eingelegt und ihre Berufung am 13.12.2010 begründet.

Die Beklagte und Berufungsklägerin zu 1. wendet sich mit Rechtsgründen gegen ihre Verurteilung, die Klägerin mit 160 Stunden monatlich zu beschäftigen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin zu 1.) beantragt,

das am 16.09.2010 verkündete und am 15.10.2010 zugestellte Urteil

des Arbeitsgerichts Köln zum Aktenzeichen 12 Ca 4244/09 mit dem

Antrag zu Ziffer 1 aus dem Urteilstenor aufzuheben und die Klage

auch insoweit abzuweisen.

Die Klägerin, Berufungsbeklagte zu 1.) und Berufungsklägerin zu 2.) beantragt,

  1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen;
  2. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 16.09.2010, 12 Ca 4244/09, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als Flugsicherheitskraft am K. Flughafen monatlich mit Wirkung ab dem 01.01.2009 tatsächlich 180 Stunden zu beschäftigen;

    hilfsweise hierzu:

    unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 16.09.2010, 12 Ca 4244/09, die Beklagte zu verurteilen, dem Arbeitszeiterhöhungsbegehren der Klägerin auf Zustimmung der Erhöhung der monatlichen Arbeitszeit von 150 Stunden auf monatlich 180 Stunden auf dem K Flughafen als Flugsicherheitskraft mit Wirkung ab Zustellung der Klage zuzustimmen;

  3. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 16.09.2010,– 12 Ca 4244/09 –, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 180,80 EUR zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.05.2009 zu bezahlen (Breaklohnansprüche März und April 2009).

Die Klägerin meint, das Arbeitsgericht habe ihr ein monatliches Arbeitszeitkontingent von nicht nur 160 Stunden, sondern von 180 Stunden, mindestens aber von 173 Stunden zusprechen müssen. Da die Parteien im Arbeitsvertrag keine wirksame Arbeitszeitvereinbarung getroffen hätten, müsse auf das „gelebte Rechtsverhältnis” abgestellt werden. Im Jahre 2008 habe aber sie, die Klägerin, durchschnittlich 180 Stunden im Monat gearbeitet.

Zumindest müsse für den Umfang eines Vollzeitarbeitsverhältnisses auf denjenigen Tarifvertrag abgestellt werden, der im Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsvertrages gegolten habe. Dies sei der Tarifvertrag vom 02.02.2010 gewe...

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