Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegfall der Anpassungsüberprüfungspflicht bei Durchführung der Altersversorgung durch den Beamtenversicherungsverein der Deutschen Bank- und Bankiergewerbes a.G. (BVV). Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers für alle Umstände des Wegfalls der Anpassungsüberprüfungspflicht. Verfassungsmäßige Rückwirkung des § 30c Abs. 1a BetrAVG in der Fassung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes vom 17. August 2017. Anpassungsüberprüfungspflicht für Prüfungstermine nach dem 31. Dezember 2015. Grundsätze der verfassungsrechtlichen Einordnung von Normen mit "echter" Rückwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Voraussetzungen für den Wegfall der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG liegen vor, wenn die betriebliche Altersversorgung durch den Beamtenversicherungsverein des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes a. G. (BVV) durchgeführt wird (im Anschluss an LAG Baden-Württemberg 23. Juli 2018 - 1 Sa 17/17).

2. Darlegungs- und beweisbelastet für die tatsächlichen Umstände, die zur Anwendung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG führen, ist nach allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts der Arbeitgeber. Zunächst ist erforderlich aber auch ausreichend, dass der Arbeitgeber auf Satzungsbestimmungen verweist, aus denen sich ergibt, dass sämtliche auf den Rentenbestand entfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistung zu verwenden sind. Ist dies der Fall, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass sich die Pensionskasse satzungsgemäß verhalten hat. Erst wenn der Arbeitnehmer konkrete Anhaltspunkte darlegen kann, dass die Pensionskasse satzungswidrig gehandelt hat, ist es Sache des Arbeitgebers, diesen Sachvortrag zu widerlegen.

3. § 30c Abs. 1a BetrAVG in der Fassung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes vom 17. August 2017 beinhaltet einen Fall der echten Rückwirkung. Sie ist (gleichwohl) verfassungsgemäß (insoweit im Ergebnis übereinstimmend mit LAG Baden-Württemberg 23. Juli 2018 - 1 Sa 17/17).

4. § 30c Abs. 1a BetrAVG ist auf Prüfungstermine, die nach Dezember 2015 liegen, nicht anwendbar. Dem steht nicht entgegen, dass die Vorschrift auf den Anpassungszeitraum und nicht auf den Prüfungstermin abstellt. Der Arbeitgeber hat bei seiner Entscheidung nach § 16 BetrAVG das zum Prüfungstermin maßgebliche Recht anzuwenden. Für eine zum 1. Oktober 2016 geltend gemachte Anpassung ergibt sich die Anwendbarkeit von § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG ohne weiteres aus dem Umstand, dass die Vorschrift in ihrer jetzigen Fassung am 1. Januar 2016 in Kraft getreten ist.

 

Normenkette

BetrAVG § 16 Abs. 3 Nr. 2, § 30c Abs. 1a

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Entscheidung vom 10.04.2018; Aktenzeichen 6 Ca 2643/17)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 03.06.2020; Aktenzeichen 3 AZR 255/20 (F))

BAG (Urteil vom 18.02.2020; Aktenzeichen 3 AZR 137/19)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 10.04.2018 - 6 Ca 2643/17 - wird zurückgewiesen.

  • II.

    Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

  • III.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG in Bezug auf die Leistungen hat, die er von einer Pensionskasse erhält. Der Kläger macht eine Anpassung zum 1. Oktober 2013 und zum 1. Oktober 2016 geltend. Zahlung verlangt er ab Januar 2014.

Der am 1950 geborene Kläger war zunächst vom 1. Oktober 1988 bis zum 30. Juni 1989 bei der Gesellschaft für F m.b.H. (GFM) angestellt. In § 5 des Arbeitsvertrages ist zu der Überschrift "Betriebliche Altersversorgung" ausgeführt, dass die Gesellschaft zu Gunsten des Klägers eine kapitalbildende Lebensversicherung abschließt.

Ab dem 1. Juli 1989 war der Kläger bei der T B -AG beschäftigt. Zur Altersversorgung heißt es in § 5 des Arbeitsvertrages:

"Altersversorgung

(1) Die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Sozialversicherung werden zur Hälfte vom Arbeitgeber getragen.

(2) Darüberhinaus ist der Arbeitgeber als Mitglied des Beamtenversicherungsvereins des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes a. G. (BVV) verpflichtet, dort den Arbeitnehmer für die Dauer seiner Beschäftigung zu versichern. Aus dieser Pensionskasse erhält der Arbeitnehmer nach seiner Pensionierung ein zusätzliches Ruhegeld. Die satzungsmäßigen Beiträge für den BVV werden vom Arbeitgeber zu 2/3 getragen. Der auf den Arbeitnehmer entfallende restliche Anteil wird jeweils bei der monatlichen Gehaltszahlung einbehalten.

Zusammen mit diesem Arbeitsvertrag bekommt der Arbeitnehmer die entsprechende Satzung, Versicherungsbedungen und einen auszufüllenden Aufnahmeantrag ausgehändigt."

Mit Schreiben vom 1. August 1989 teilte die T B -AG dem Kläger mit, dass für alle Rechte, die sich aus der Dauer des Arbeitsverhältnisses ergeben, das ursprüngliche Eintrittsdatum bei der G gilt. Als maßgebliches Eintrittsdatum wurde der 1. Oktober 1988 genannt. Weiter ist ausgeführt, dass dieses Eintrittsdatum insbesondere für die Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung (BVV, Vergütungsordnung der Deutschen B...

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