Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch von Rettungssanitätern im Rettungsdienst und Krankentransport beim Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland auf Zahlung von Nachtarbeits- und Nachtschichtzuschlägen. Nachtschichtzuschläge für Rettungskräfte. AVR-Auslegung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Regelung in Anlage 8 Abschnitt A Abs. 4a der AVR des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland ist dahin auszulegen, dass der dort vorgesehene Zeitzuschlag in Höhe von 15% des Überstundenentgelts für in der Zeit von 21 Uhr bis 6 Uhr geleisteten Bereitschaftsdienst nur für Beschäftigte in den Krankenhäusern, nicht jedoch für Beschäftigte im Rettungsdienst und Krankentransport gilt.

2. Die Ungleichbehandlung von Beschäftigten in Krankenhäusern und Mitarbeitern im Rettungsdienst verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG, noch liegt eine Geschlechterdiskriminierung i.S.v. Art. 3 Abs. 2 GG vor.

 

Normenkette

Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes; AVR

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 14.05.2014; Aktenzeichen 4 Ca 2065/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 04.08.2016; Aktenzeichen 6 AZR 130/15)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 14.05.2014- 4 Ca 2065/13 G - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten sogenannte Nachtarbeits- bzw. Nachtschichtzuschläge für den Zeitraum ab dem 01.07.2012 zu zahlen.

Der Kläger ist seit dem 15.10.1992 als Rettungssanitäter im Rettungsdienst und Krankentransport bei dem Beklagten im Einsatzgebiet R -O tätig.

In § 2 des Arbeitsvertrages wurde vereinbart, dass für das Arbeitsverhältnis der jeweils beim Beklagten angewendete Tarifvertrag bzw. derzeit die Arbeitsvertragsrichtlinien des D Werkes der E Kirche in D (im Folgenden "AVR" genannt) gelten. In einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien mit Wirkung zum 01.12.2010, dass die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit aufgrund einer sogenannten "Opt-Out-Regelung" auf 58 Stunden ohne Ausgleich verlängert wird.

Abschnitt C der Anlage 8 der AVR mit Stand vom 01.07.2012 lautet wie folgt:

"Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst gilt der Abschnitt A mit Ausnahme der Begrenzung der Anzahl der Einsätze nach § 2 Unterabs. 1 der Anlage 8 A."

Durch Beschluss der paritätisch zusammengesetzten arbeitsrechtlichen Kommission des D Werkes der E vom 26./27.03.2012 in Verbindung mit dem Beschluss vom 09.05.2012 wurde zum 01.07.2012 in die Anlage 8, Abschnitt A folgender Absatz 4 a aufgenommen:

"Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter erhält für die Zeit des Bereitschaftsdienstes in der Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr je Stunde einen Zeitzuschlag in Höhe von 15 % in Höhe des Überstundenentgelts gem. Anlage 9 und Anhang 2 zu Anlage 8 a AVR. Dieser Zeitzuschlag kann nicht in Freizeit abgegolten werden...."

Diese Änderung der AVR wurde im Rundschreiben des D Werkes vom 15.05.2012 veröffentlicht. Unter Ziffer II. wurden die Beschlüsse der arbeitsrechtlichen Kommission erläutert. In Ziffer 6 der Erläuterung des Abschnitts C heißt es bezüglich der Neueinführung des Absatzes 4 a in die Anlage 8 der AVR in Unterabsatz 5. und 6.:

"Die Neuregelung gilt nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Krankenhaus. Für alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbleibt es bei dem Rechtszustand nach dem Urteil des BAG vom 15.07.2009,5 AZR 867/08, das zu der § 28 d AVR textgleichen Vorschrift des BAT-KF entschieden hat, dass die Nichtberücksichtigung der Nachtarbeitsstunden im Bereitschaftsdienst bei der Berechnung des Zusatzurlaubes nach § 28 b AVR gegen das Arbeitszeitgesetz verstoße. Dies ergebe sich aus der Neufassung des § 2 Arbeitszeitgesetz, der zur Folge habe, dass (entgegen dem Wortlaut von § 28 b Abs. 4 S. 2 AVR) auch nächtlicher Bereitschaftsdienst nach § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz auszugleichen sei.

Für alle anderen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die nicht im Krankenhaus beschäftigt sind, sind also die Nachtarbeitsstunden gem. der gesetzlichen Definition zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr für die Errechnung des Zusatzurlaubes nach § 28 b Abs. 1 und 2 AVR hinzuzurechnen."

Wegen des übrigen Inhalts des Rundschreibens wird auf Blatt 71 ff. der Akte Bezug genommen. Bezüglich des Inhalts der Protokolle, welche zu den Sitzungen der arbeitsrechtlichen Kommission vom 26./27.03.2012 und vom 09.05.2012 gefertigt wurden, wird auf Blatt 160 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen. Wegen des Inhalts der Vorlage ARK 09/12 für die Sitzung der arbeitsrechtlichen Kommission vom 09.05.2012 wird auf Blatt 164 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.

Absatz 4 a der Anlage 8 Abschnitt A der AVR wurde mit Wirkung zum 01.01.2013 gestrichen. Stattdessen wurde mit Wirkung zum 01.01.2013 diese Regelung mit der Klagestellung: "Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter in Krankenhäusern erhält ..." als neuer Absatz 6 a in § 28 b der AVR eingefügt. Diese Änderung der AVR...

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