Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtstellung eines "fest" an einen Entleiher überlassenen Leiharbeitnehmers hinsichtlich der Berechnung der Arbeitszeit auf der Basis eines tariflichen Arbeitszeitkontos

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Leiharbeitnehmer "fest" an einen Entleiher überlassen, ohne dass die Möglichkeit zu einem anderweitigen Einsatz besteht, ist der Verleiher berechtigt, das für den Leiharbeitnehmer eingerichtete tarifliche Arbeitszeitskonto mit Minusstunden zu belasten, wenn der Arbeitnehmer vom Entleiher mangels Bedarf nicht eingesetzt wird. Etwas anderes gilt nur für sog. verleihfreie Zeiten, da das Arbeitszeitkonto nicht dazu eingesetzt werden darf, unter Umgehung von § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG das vom Verleiher zu tragende Beschäftigungsrisiko auf den Leiharbeitnehmer abzuwälzen (BAG, 16.04.2014 - 5 AZR 483/12 - ).

 

Normenkette

AÜG § 11 Abs. 4; BGB §§ 615, 134; MTV BZA § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 03.08.2016; Aktenzeichen 3 Ca 82/16)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 03.08.2016 - 3 Ca 82/16 - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Berechtigung der Beklagten, das Arbeitszeitkonto des Klägers mit Minusstunden zu belasten.

Der Kläger steht zu der Beklagten seit dem 05.01.2015 in einem Arbeitsverhältnis. Er ist Leiharbeitnehmer und durchgehend überlassen an den Flughafen K /B in der Flugzeugabfertigung. Die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses werden geregelt durch den Arbeitsvertrag vom 04.12.2014 (vgl. Bl. 6 ff. der Akte), der die Tarifverträge der Zeitarbeit zwischen dem Bundesarbeitgeberverband Personaldienstleister e.V. (BAP/BZA) und der DGB-Tarifgemeinschaft in Bezug nimmt. Gemäß § 4 des Arbeitsvertrages i.V.m. § 4 des MTV ist für den Kläger ein Arbeitszeitkonto eingerichtet. Die Mindestarbeitszeit beträgt gemäß § 3 des Arbeitsvertrages 130 Stunden.

Darüber hinaus besteht zwischen den Parteien eine Zusatzvereinbarung (vgl. Bl. 8 f. der Akte), die dem Kläger aufgrund seiner Vorbeschäftigung bei der S Z N G , dort erhielt er 11,28 € brutto Stundenlohn, bestimmte Besitzstände wahrt. So ist zur Vergütung Folgendes geregelt:

"II. Vergütung

Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin erhält ab dem 05.01.2015 für Einsätze im Rahmen der Überlassung an den Flughafen K B (Flughafen K /B G ) eine übertarifliche Zulage in Höhe von 2,21 Euro brutto pro Stunde. Zudem erhält der Arbeitnehmer für den oben genannten Einsatz eine einsatzbezogene Zulage in Höhe von 0,40 Euro brutto pro Stunde, die für produktive Stunden in diesem Einsatz geleistet werden.

Diese freiwilligen Zusatzleistungen können und werden mit Lohnerhöhungen verrechnet werden."

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag der tarifvertragliche Stundenlohn bei 9,07 €. Hinzukam die übertarifliche Zulage in Höhe von 2,21 €, nebst ggf. weiterer Vergütungsbestandteile. Aktuell liegt der Tariflohn bei 9,39 € (Entgeltgruppe 2) und die Beklagte zahlt an den Kläger eine übertarifliche Zulage in Höhe von 1,89 €. Diese spaltet sie in der Lohnabrechnung auf nach "übertariflicher Zulage"/Lohnart 104 1,61 € und "Einsatzzulage"/Lohnart 103 0,28 €. Die 0,40 € für die produktiven Stunden werden als "Zulage"/Lohnart 23 ausgewiesen.

Im Mai 2015 arbeitete der Kläger 68,25 Stunden, wobei es sich nach den mündlichen Angaben der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung vom 3.8.2016 bei 6 Stunden um Bereitschaftszeiten handelt. Die Mitarbeiter erhalten für 1,5 Stunden Anwesenheit 3 Stunden Entgelt. 61,75 Stunden erfasste die Beklagte als Minusstunden im Arbeitszeitkonto des Klägers. Die Vergütung erfolgte wie folgt (ohne Berücksichtigung sonstiger Zuschläge, siehe ergänzend die Abrechnungen Bl. 49 f. der Akte):

Monat Mai

Lohnart

Lohnbestandteil

zu berücksichtigende Stunden

Entgelt in € brutto

1

Produktivstunden

68,25 (x 9,39 €)

640,87

43

AZK

61,75 (x 9,39 €)

597,83

23

Zulage

62,25 (x 0,40 €)

24,90

103

Einsatzzulage

62,25 (x 0,28 €)

17,44

104

übertarifliche Zulage

62,25 (x 1,61 €)

100,22

Summe

1.363,26

Im Juni 2015 arbeitete der Kläger 103,42 Stunden. 26,58 Stunden erfasste die Beklagte als Minusstunden im Arbeitszeitkonto des Klägers. Die Vergütung erfolgte wie folgt (ohne Berücksichtigung sonstiger Zuschläge, siehe ergänzend die Abrechnungen Bl. 49 f. der Akte):

Monat

Mai

Lohnart

Lohnbestandteil

zu berücksichtigende Stunden

Entgelt in € brutto

1

Produktivstunden

103,42 (x 9,39 €)

971,11

43

AZK

26,58 (x 9,39 €)

249,59

23

Zulage

103,42 (x 0,40 €)

41,37

103

Einsatzzulage

103,42 (x 0,28 €)

28,96

104

übertarifliche Zulage

103,42 (x 1,61 €)

166,51

Summe

1.457,54

In der ersten Jahreshälfte zeigten sich bei den vom Entleiher geforderten Arbeitszeiten erhebliche Schwankungen, sowohl für die Stammbelegschaft des Entleihers als auch für das Drittpersonal, wie dem Kläger. Dies lag an massiv rückläufigen Fluggastzahlen. Der Kläger war in dieser Zeit und ist es auch weiterhin durchgängig an den Flugha...

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