Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Oberarzt

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Eingruppierung als Oberarzt im Sinne der Vergütungsgruppe Ä 3, erste Alternative, des Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) vom 1.11.2006 („Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist„) setzt voraus, dass der Oberarzt gegenüber einem oder mehreren anderen Ärzten aufsichts- und weisungsbefugt ist.

 

Normenkette

TV für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte)

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 23.04.2008; Aktenzeichen 2 Ca 2305/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.01.2011; Aktenzeichen 4 AZR 263/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 23.04.2008 in Sachen 2 Ca 2305/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger nach dem Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) vom 01.11.2006 als Oberarzt in die Entgeltgruppe Ä 3 einzugruppieren ist.

Der am 08.11.1943 geborene Kläger ist seit 1972 an der Universitätsklinik B., Klinik für Neurochirurgie, als Arzt beschäftigt. Seit 1983 ist er Facharzt für Neurochirurgie.

Der Kläger ist innerhalb der neurochirurgischen Klinik für die sog. Poliklinik zuständig. Hierbei handelt es sich um eine offene Ambulanz. Es ist Aufgabe des Klägers zu entscheiden, ob die Patienten, die sich in der neurochirurgischen Ambulanz vorstellen, zum Zwecke der Durchführung einer Operation stationär aufgenommen werden (ca. 20 % der Patienten), ob sie in der Klinik ambulant behandelt werden (ca. 20 %) oder ob sie mit einem entsprechendem Arztbrief versehen in die Obhut des überweisenden Arztes zurücküberstellt werden (ca. 60 % der Patienten). Vom Kläger erstellte Arztbriefe werden dabei von einem sog. leitenden Oberarzt gegengelesen und mitunterzeichnet. Personalverantwortung im Sinne von Weisungs- und Aufsichtsrechten gegenüber ärztlichem und/oder nicht-ärztlichem medizinischen Personal übt der Kläger unstreitig nicht aus.

Beide Parteien sind tarifgebunden. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des TV-Ärzte am 01.11.2006 war der Kläger aufgrund eines Zeitaufstiegs aus der Vergütungsgruppe I b Fallgruppe 7 BAT in die Vergütungsgruppe I a Fallgruppe 4 BAT eingruppiert. Nach der Überleitung auf das Eingruppierungssystem des TV-Ärzte führt die Beklagte den Kläger nunmehr in der Entgeltgruppe Ä 2.

Klinikintern ist der Kläger seit dem Jahre 1984 berechtigt, die Bezeichnung Oberarzt zu führen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei nach dem TV-Ärzte in die Entgeltgruppe Ä 3 als Oberarzt einzugruppieren. Seine Tätigkeit in der Ambulanz der neurochirurgischen Universitätsklinik erfülle die Merkmale der ersten Alternative der tarifvertraglichen Definition („Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist”). Der damalige Leiter der neurochirurgischen Universitätsklinik Prof. Dr. W habe ihm im Jahre 1984 die entsprechende Position des Oberarztes als Leiter der sog. Poliklinik offiziell übertragen. Dass ihm, dem Kläger, keine weiteren Ärzte zugeordnet seien, sei unerheblich, da der TV-Ärzte die Anwendbarkeit der Entgeltgruppe Ä 3 nicht von einer bestimmten Mindestgröße des vom Oberarzt medizinisch verantworteten Teil- oder Funktionsbereichs abhängig mache. Die Mitunterzeichnung der Befunde und Arztbriefe durch den leitenden Oberarzt bzw. Chefarzt beinhalte allenfalls eine Plausibilitätsprüfung und habe nur eine formale Bedeutung.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 01.11.2006 Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 3 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) zu zahlen und den Nettodifferenzbetrag monatlich mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, bei dem Kläger handele es sich um einen sog. Titularoberarzt, der die Tarifmerkmale der Entgeltgruppe Ä 3 des TV-Ärzte jedoch in Wirklichkeit nicht erfülle.

So sei der Kläger zwar, wie jeder Fach- und sogar Assistenzarzt, für die von ihm selbst vorgenommenen ärztlichen Behandlungen, Diagnosen und Therapien medizinisch verantwortlich, trage jedoch darüber hinaus keine medizinische Verantwortung im Tarifsinne für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik. Die Leitung der Ambulanz werde vom Klinikdirektor selbst verantwortet, die Personalverantwortung im Sinne der Weisungsrechte liege bei diesem und den in der neurochirurgischen Klinik tätigen Tarifoberärzten.

Dem Kläger sei auch niemals im heutigen Tarifsinne die medizinische Verantwortung für die Ambulanz „übertragen” worden, schon gar nicht nach Inkrafttreten der neuen Tarifwerke.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird ergänzend ...

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