Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersgrenzenregelung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Altersgrenzenregelung in einer BO ist nur dann wirksam, wenn der Arbeitnehmer bei dem vorgesehenen Ende des Arbeitsverhältnisses (hier Vollendung des 65. Lebensjahres) eine angemessene Altersversorgung bezieht.

2. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein Arbeitnehmer die Änderung des Geburtsdatums (hier 07.01.1935 statt 01.07.1941) durch gerichtliche Entscheidung erreicht hat, die LVA dieses frühere Datum nicht anerkannt, deshalb keine Altersrente zahlt und der Arbeitnehmer sich gegenüber dem Arbeitgeber auf das spätere Geburtsdatum beruft.

3. Je nach den Umständen des Einzelfalles steht dem Arbeitgeber der Einwand des Rechtsmissbrauches (§ 242 BGB) zu (hier verneint).

 

Normenkette

BetrVG § 77; BGB § 620; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 29.06.2000; Aktenzeichen 6 Ca 771/00)

 

Tenor

1) Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.06.2000 – 6 Ca 771/00 – abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ungekündigt und unbefristet über den 31.01.2000 fortbesteht.

2) Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte.

3) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung des zwischen ihnen seit 20.11.1975 bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Seit diesem Zeitpunkt ist der Kläger bei der Beklagten als Arbeiter beschäftigt. Bei der Einstellung gab er als Geburtsdatum den 07.01.1941 an. Auf Antrag des Klägers stellte das Landgericht Resadiye (Türkei) im Jahre 1992 als Geburtsdatum den 07.01.1935 fest, was der Kläger der Beklagten mitteilte. Einen entsprechenden Antrag des Klägers vom 15.02.1993 auf Berichtigung des Geburtsdatums in der Versicherungsnummer lehnte die LVA mit Bescheid vom 27.01.1994 ab, worüber der Kläger – nach seinem Vortrag – die Beklagte unter Vorlage des Bescheides unverzüglich unterrichtete.

Mit Schreiben vom 05.11.1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das Arbeitsverhältnis „infolge des Eintritts in den Ruhestand (65 Jahre) am 31.01.2000” ende. Sie beruft sich insoweit darauf, dass für sie das mit Beschluss des Landgerichts Resadiye geänderte Geburtsdatum (07.01.1935) maßgebend sei sowie darauf, dass es in der Betriebsordnung, unter L heiße:

– Beendigungsarten –

1. Das Arbeitsverhältnis endet außer durch Kündigung mit Ablauf der vereinbarten Befristung im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Zeitpunkt, von dem ab der Werksangehörige Altersruhegeld bezieht, spätestens mit dem Ende des Monates, in dem der Werksangehörige das gesetzliche Rentenalter erreicht oder in dem ihm durch die Zustellung des Bescheides eines Sozialversicherungsträgers die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente mitgeteilt wird. Der Werksangehörige muss den Rentenbescheid unverzüglich nach Zugang seiner Personalabteilung vorlegen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 27.01.2000 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Er macht geltend: Es sei von dem Geburtsdatum 07.01.1941 auszugehen, so dass er das 65. Lebensjahr erst am 07.01.2006 erreiche. Dies gelte umso mehr, als sein Rentenantrag vom Rentenversicherungsträger abgelehnt worden sei. Schon deshalb könne das Arbeitsverhältnis nicht zum 31.01.2000 enden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ungekündigt und unbefristet über den 31.01.2000 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, maßgeblich sei für sie das auf Betreiben des Klägers geänderte Geburtsdatum 07.01.1935. Für ihre Disposition sei nämlich das Datum des Ausscheidens eines Mitarbeiters im Rahmen der Personalplanung von erheblicher Bedeutung, es müsse deshalb eine verlässliche Größe sein. Insofern müsse für sie auch unter Vertrauensgesichtspunkten das zuletzt akzeptierte Geburtsdatum (07.01.1935) gelten.

Durch Urteil vom 29.06.2000 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis sei mit Erreichen der Altersgrenze des Klägers gemäß § 35 SGB VI beendet worden. Die Beendigung ergebe sich auf Grund des Buchstaben L Ziffer 1 der bei der Beklagten unstreitig geltenden und auch auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbaren Betriebsordnung. Dessen Voraussetzungen seien erfüllt. Der Kläger habe mit Rücksicht auf sein Geburtsdatum „01.01.1935” zum 31.01.2000 das 65. Lebensjahr vollendet. Dieses Geburtsdatum sei für die Beklagte verbindlich. Denn der Kläger selbst habe dies der Beklagten angegeben. Er selbst habe, nachdem er ursprünglich bei seiner Einstellung ein anderes Datum genannt hatte, eine Änderung von der Beklagten gewünscht. Dem sei die Beklagte nachgekommen. Damit sei aber dieses Datum für die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses das einzig maßgebliche.

Wegen des weiteren Inhaltes des erstinstanzlichen Urteils wird auf Blatt 34 bis 42 d. A. Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 09.11.2000 zugestellte Urtei...

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