Entscheidungsstichwort (Thema)

Privattelefonate. Interessenabwägung. wichtiger Grund

 

Leitsatz (amtlich)

1. Führt der Arbeitnehmer private Telefonate von seinem dienstlichen Telefonapparat ohne die betrieblich vorgesehene Kennzeichnung und getrennte Abrechnung, so stellt dieses treuwidrige Verhalten an sich einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar.

2. Im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung kann sich aber ergeben, dass dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist (im Streitfall: Wirksamkeit der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung eines 17 Jahre bestehenden Arbeitsverhältnisses).

 

Normenkette

BGB § 626; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 08.01.1999; Aktenzeichen 5 Ca 7576/98)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das am 08.01.1999 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 5 Ca 7576/98 – werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 2/3 und der Beklagten zu 1/3 auferlegt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten vom 27.08.1999 (Kopie Bl. 7 d.A.), die hilfsweise fristgerecht zum 31.03.1999 ausgesprochen wurde.

Der Kläger war seit dem 01.08.1981 als sog. EDV-Operator beschäftigt, und zwar zunächst bei der ehemaligen mitverklagten Muttergesellschaft, der ursprünglichen Beklagten zu 2); nach einer Ausgliederung mit Übernahme des Arbeitsverhältnisses bei der nunmehr allein noch in Anspruch genommenen Beklagten.

Im Juli 1998 fand zwischen dem Kläger und seinen Vorgesetzten ein Personalgespräch statt, in dem es unter anderem um das Führen von privaten Telefonaten ging. Dem Kläger wurde im Anschluss an dieses Gespräch ein Ermahnungsschreiben übergeben, in welchem ihm das Führen von Privatgesprächen während der Arbeitszeit untersagt wurde. Unstreitig telefonierte der Kläger nach diesem Gespräch noch dreimal zu privaten Zwecken.

Am 14.08.1998 erlangte der Geschäftsführer der Beklagten, Herr Perlick, von den Vorkommnissen Kenntnis.

Mit Schreiben vom 27.08.1998 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31.03.1999. Sie führte als Begründung an, der Kläger habe in den Monaten Mai bis Juli 1998 von seinem Dienstapparat aus insgesamt 80 Privatgespräche geführt, die er über die dienstliche Ziffer 0 als Dienstgespräch ausgewiesen habe. Hinzu komme, dass der Kläger trotz zweimaliger Abmahnung wegen Verspätung sowohl am 28.07.1998 als auch am 29.07.1998 zu spät zum Schichtbeginn erschienen sei.

Der bei der Beklagten bestehende Gesamtbetriebsrat wurde unter dem 20.08.1998 unter Angabe der Kündigungsgründe angehört. Er stimmte unter dem 26.08.1998 der fristgerechten Kündigung zu und erhob gegen die fristlose Kündigung Bedenken.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe durch sein Verhalten weder Anlass zur fristlosen noch zur fristgerechten Kündigung gegeben. Zwar habe er von seinem Dienstapparat aus private Telefonate getätigt. Diese seien jedoch, nachdem er sich bei seinem Vorgesetzten, dem Zeugen Kleiner, vergeblich um die Zuteilung einer PIN-Nummer zur Eingabe bei privaten Telefonaten bemüht habe, durch eine Absprache mit diesem genehmigt worden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose noch durch die fristgerechte Kündigung vom 27.08.1998 beendet worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat sie beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an sie DM 1.010,88 nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, dass sie grundsätzlich keine Einwände gegen das Führen von Privatgesprächen in vertretbarem Umfang erheben würde. Aus diesem Grunde habe sie den Mitarbeitern, unter anderem auch dem Kläger, die Möglichkeit eröffnet, private Telefonate durch Eingabe der Vorwahl „980” als solche zu kennzeichnen. Durch die separate Erfassung seien diese dann mit den jeweils folgenden Gehaltsabrechnungen verrechnet worden. Dadurch, dass der Kläger diese ihm bekannte Möglichkeit nicht genutzt habe, sei ihr ein Schaden in Höhe von DM 340,– entstanden.

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage durch Urteil vom 08.01.1999 teilweise stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 27.08.1998 nicht vor dem 31.03.1999 beendet worden ist. Die weitergehende Klage und Widerklage hat es abgewiesen. Wegen seiner Entscheidungsgründe wird auf Bl. 73 ff d.A. Bezug genommen.

Gegen das ihm am 30.03.1999 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 20.04.1999 Berufung eingelegt, die am 19.05.1999 begründet worden ist. Die Beklagte, der das Urteil am 27.03.1999 zugestellt worden ist, hat am 05.05.1999 Anschlussberufung eingelegt und diese Anschlussberufung am 02.06.1999 begründet.

Der Kläger behauptet nunmehr, private Telefonate seien allein durch die Vorwahl „980” nich...

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