Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Pflegehelfers. Tarifauslegung einer geschlossenen, gesicherten Gruppe. Wahrung der Ausschlussfrist nach § 37 TVöD

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Pflegehelfer hat Anspruch auf eine höhere tarifliche Eingruppierung aufgrund der Teilnahme an einer geschlossenen, gesicherten Gruppe. Die Ausschlussfrist des § 37 TVöD ist durch die generelle Geltendmachung eines Anspruchs auf Höhergruppierung gewahrt.

 

Normenkette

TVöD/VKA; TVöD § 37

 

Verfahrensgang

ArbG Minden (Entscheidung vom 05.06.2019; Aktenzeichen - 2 Ca 1121/18)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 5.6.2019, 2 Ca 1121/18 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für den Zeitraum ab dem 1.6.2017 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe S 8b der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) Teil B Besonderer Teil XXIV - Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst - zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

Der Kläger, der Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft - ver.di (ver.di) ist, wurde mit Wirkung zum 1.5.1993 von dem Beklagten aufgrund des Arbeitsvertrags vom 3.5.1993 als Pflegehelfer eingestellt. Berufsbegleitend absolvierte er erfolgreich eine Ausbildung als Erzieher mit staatlicher Anerkennung, die er am 25.4.1997 abschloss. Er ist Mitarbeiter des pflegerisch-erzieherischen Dienstes der LWL-Maßregelvollzugsklinik T. Kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit und arbeitsvertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA), der TVÜ-LWL und der TVÜ-VKA Anwendung.

Die LWL-Maßregelvollzugsklinik T ist ein Fachkrankenhaus für suchtkranke, erwachsene Straftäter. Rechtsgrundlage für die Aufnahme ist eine gerichtliche Verurteilung nach § 64 StGB zu einer Maßregel der Besserung und Sicherung. Des Weiteren werden in der Klinik Patienten gem. § 126 StPO vorläufig bzw. gem. § 81 StPO zur Vorbereitung der Erstellung eines forensisch-psychiatrischen Gutachtens untergebracht. Die Klinik steht unter ärztlicher Leitung. Die Behandlungsteams sind multiprofessionell zusammengesetzt und arbeiten nach einem Bezugspflegemodell.

Die Klinik verfügt über Therapieplätze für suchtkranke Straftäter auf mehreren Stationen. Der überwiegende Teil davon ist besonders gesichert. Bis zum 30.9.2015 war der Kläger auf der Station 7 tätig, die sich in diesem besonders gesicherten Bereich befindet. Daneben gibt es die Station 3 C/D, auf der der Kläger seit dem 1.10.2015 eingesetzt ist. Sie besteht aus den beiden Wohngruppen 3C und 3D mit ca. 20 Patienten und zwei Außenwohngruppen mit sechs bis neun Patienten. Die Station verfügt über 4 Einzelzimmer und 9 Doppelzimmer. Die Einzelzimmer haben ein eigenes Bad mit Toilette. Die Patienten in den Doppelzimmern teilen sich 2 Gemeinschaftsbadezimmer und -toiletten. Es existieren 2 Fernsehräume. Es gibt 2 Küchen, die die Patienten benutzen. Die Station wird tagsüber offen geführt, sodass die Patienten grundsätzlich die Station verlassen können, um auf das durch eine Mauer bzw. einen Zaun umfasste Klinikgelände zu gelangen. Patienten, die Regelverstöße begehen, können einen sog. Stationsstatus erhalten, sodass sie die Station nicht verlassen dürfen. Von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr wird die Stationszugangstür verschlossen. Um das Klinikgelände verlassen zu können, benötigen die Patienten der Station 3 C/D einen Ausgangsschein, über dessen grundlegende Erteilung das multiprofessionelle Team entscheidet. Sobald der Patient dann die Station verlassen will, um sich vom Klinikgelände zu entfernen, entscheidet der zuständige Mitarbeiter des pflegerisch-erzieherischen Dienstes, u.a. auch der Kläger, ob der Ausgangsschein im fraglichen Moment erteilt wird. Die Einfamilienhäuser der Außenwohngruppen sind auch nachts nicht verschlossen. Diese Patienten haben einen Dauerausgangsschein und dürfen die Häuser sowie das Klinikgelände von 06:00 bis 22:00 Uhr verlassen. Dritte dürfen weder die Häuser noch die Station betreten. Außerhalb der Therapiezeiten dürfen die Patienten, Besucher empfangen. Zu diesem Zweck stellen sie einen auf maximal 5 Personen begrenzten Besuchsantrag. Der Patient trifft sich mit dem Besucher, der zuvor registriert wurde, allein im Besucherzimmer oder auf dem Klinikgelände.

Der Kläger wurde nach der Entgeltgruppe Kr 7a Stufe 6 TVöD/VKA vergütet. Anlässlich des Inkrafttretens der neuen Entgeltordnung in der Anlage 1 zum TVöD/VKA am 1.1.2017 leitete der Beklagte den Kläger in Anwendung von § 29d Abs. 1 TVÜ-VKA in die Entgeltgruppe P 7 Stufe 6 über. Aufgrund eines Antrags auf Höhergruppierung vom 14.11.2017 wurde der Kläger sodann rückwirkend ab dem 1.1.2017 nach der Entgeltgruppe P 8 Stufe 6 vergütet.

Mit Schreiben vom 6.12.2017 wies der Beklagte ei...

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