Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwähnung der Handlungsvollmacht im Zeugnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Anspruchsgrundlage für die Zeugnisberichtigung ist nicht § 73 HGB, sondern die allgemeine Fürsorgepflicht. § 73 HGB konkretisiert für die kaufmännischen Angestellten - wie die vergleichbaren Regelungen für die gewerblichen Arbeiter und technischen Angestellten (§ 113 GewO) oder für alle übrigen Arbeitnehmer (§ 630 BGB) - die Fürsorgepflicht für das Zeugnisrecht nicht abschließend.

2. Ein ordnungsgemäßes qualifiziertes Arbeitszeugnis muß sich nach dem Gesetz über die folgenden vier Punkte verhalten, nämlich über

-

die Dauer des Arbeitsverhältnisses,

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die Art des Arbeitsverhältnisses,

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die Leistungen des Arbeitnehmers,

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die Führung des Arbeitnehmers.

Das qualifizierte Zeugnis enthält demnach stets die im einfachen Zeugnis enthaltenen Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung. Bei der Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses hat der Arbeitgeber nicht nur die Zeugnissprache, sondern auch die gebräuchliche Gliederung mit ihren Grundelementen zu beachten, denn diese hat sich inzwischen weitgehend standardisiert (siehe dazu LAG Hamm vom 01.12.1994, LAGE § 630 BGB Nr. 28).

3. Die Angabe von Vollmachten ist für die Darstellung der Kompetenzen und der Verantwortung des Arbeitnehmers wichtig; sie lassen Rückschlüsse auf seine Stellung im Betrieb und seine hierarchische Position zu. Bei der Darstellung der handelsrechtlichen Vollmachten geht es in erster Linie darum, ob ein Arbeitnehmer Generalvollmacht, Abschlußvollmacht (§ 55 Abs. 1 HGB), Handlungsvollmacht (§ 54 Abs. 1 HGB) oder Prokura (§ 48 Abs. 1 HGB) hatte. Handelsrechtliche Beschränkungen der Vollmachten - wie bspw. Gesamtprokura (§ 48 Abs. 2 HGB) oder Filialprokura (§ 50 Abs. 3 HGB) - oder zeitliche Beschränkungen der Vertretungsmacht bedürfen der Erwähnung.

4. Beruft sich der Arbeitnehmer darauf, ihm sei Handlungsvollmacht erteilt worden, dann reicht es zur Schlüssigkeit des Klagevorbringens aus, wenn er Umstände darlegt, aus denen auf eine entsprechende Vollmachtserteilung rückgeschlossen werden kann. Daß Verkaufsgebietsleiter nicht mit "i.A." zeichnen, bedarf keiner weiteren Darlegung oder Erklärung. Wenn ein Verkaufsgebietsleiter mit "i.V." im Geschäftsverkehr zeichnet, dann ist es Sache des Arbeitgebers, diese Unterschriftsbefugnis im Zeugnis richtig (z.B. als Abschlußvollmacht) zu qualifizieren, sollte es keine Handlungsvollmacht gewesen sein.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Inhalt eines dem Kläger unter dem 02.01.1995 erteilten Zeugnisses.

Die Beklagte ist ein in der Rechtsform der GmbH betriebenes Unternehmen, welches sich schwerpunktmäßig mit der Klimatechnik befaßt.

Bei ihr war der am 09.09.1948 geborene Kläger in der Zeit vom 01.04.1978 bis zum 31.12.1994 als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Zwischen den Parteien bestand ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 16.02.1978, abgeändert am 24.11. 1983 und 18.10.1984.

Seit Juli 1984 war der Kläger als Verkaufsgebietsleiter für den Raum N. eingesetzt und hat in dieser Position zuletzt eine monatliche Vergütung in Höhe von 17.000,-- DM erhalten. Hinsichtlich der Aufgaben und Kompetenzen von Verkaufsgebietsleitern existiert bei der Beklagten eine allgemeine interne Beschreibung vom 29.09.1982, in der es unter anderem heißt:

Leitung und Verantwortung.

des Verkaufsbüros, des Außendienstes und des Service hat der Verkaufsgebietsleiter. Der VGL erhält Handlungsvollmacht¼

Rabattgewährung

im Rahmen der festgelegten Grenzen kann der VGL verbindliche Zusagen machen¼

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte die Beklagte dem Kläger mit Datum vom 02.01.1995 ein Zeugnis, hinsichtlich dessen Inhalt der Kläger Änderungswünsche äußerte. Am 11.09.1995 übersandte. die Beklagte dem Kläger ein abgeändertes Zeugnis mit Datum vom 02. 01.1995 wie folgt:

Zeugnis

Herr D. Sch., geboren am 09.09.1948, trat am 01.04.1978 in unser Unternehmen als Außendienstmitarbeiter ein.

Innerhalb kurzer Zeit gelang es Herrn Sch., das von ihm zu betreuende Gebiet von einem nahezu Nullumsatz auf einen Umsatz mit Bundesdurchschnitt aufzubauen.

Dies erreichte Herr Sch. insbesondere durch intensive. Betreuung von Heizungs- und Lüftungsfirmen, Fachgroßhändlern, lngenieurbüros, Behördenplanungsstellen sowie Industriekunden.

Dabei lag der Schwerpunkt auf der planerischen Tätigkeit für den oben genannten Kundenkreis, die Angebotslegung, Angebotsverfolgung, Auftragsbearbeitung, dem After-Sale-Service, der Pflege der Kundenlisten sowie Überwachung von Kundenbonität.

In dieser Zeit war Herr Sch. maßgeblich beteiligt an der Entwicklung einer marktgerechten Brauchwasserwärmepumpe. Durch seine Aktivitäten entwickelte sich Herrn Sch. Außendienstgebiet zu einem der erfolgreichsten Wärmepumpenumsatzgebiete der Bundesrepublik.

Nach diesen Jahren erfolgreicher Tätigkeit sahen wir uns in der Lage, Herrn Sch. mit Wirkung ab 01.12.1983 zum Verkaufsgebietsleiter. für unseren Regionalstützpunkt N. zu berufen.

Herrn Sch. Aufgaben als Verkaufsgebietsleiter bestanden in...

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