Entscheidungsstichwort (Thema)

Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers. allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch nach Ausspruch einer Kündigung. Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG. rechtzeitiges Weiterbeschäftigungsverlangen. Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Interessen eines Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers überwiegen, wenn dem Arbeitgeber nach obsiegendem Urteil des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess die Weiterbeschäftigung nachträglich unmöglich geworden ist. Das ist der Fall, wenn ein Arbeitsplatz nicht mehr existiert, z.B. weil die bisher an diesem Arbeitsplatz erledigten Tätigkeiten auf eine andere Gesellschaft des Konzerns übertragen worden sind oder die Tätigkeiten schlicht eingestellt worden sind.

2. Eine Unmöglichkeit kann auch gegenüber einem Anspruch aus § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG eingewandt werden.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 275, 611, 613; GG Art. 1-2; BetrVG § 102 Abs. 5 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 24.03.2011; Aktenzeichen 6 Ca 192/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 24.03.2011 – 6 Ca 192/11 –; wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit um die Weiterbeschäftigung des Klägers bei der Beklagten.

Der am 15.06.1958 geborene Kläger ist verheiratet und hat ein Kind. Er ist staatlich geprüfter Techniker.

Seit dem 01.01.1991 ist er bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, die mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, zuletzt als Servicetechniker im Kundendienstleistungszentrum (OES S6 E2 21 L2) zu einem monatlichen durchschnittlichen Bruttoverdienst von zuletzt 6.964,25 EUR in Vollzeit tätig. Seit Dezember 2000 übte der Kläger seine Tätigkeit vereinbarungsgemäß aufgrund einer mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossenen Zusatzvereinbarung (Bl. 327 d. A.) in seinem Home-Office in D1 aus. Er nahm u.a. Störungsmeldungen von Kunden telefonisch entgegen und behob diese „remote” von seinem Rechner aus. Soweit die Fehlerbehebung „remote” nicht möglich war, gab der Kläger die Meldung an den Bereich IS Data Center/IS High-End weiter, der die Bearbeitung durch die Entsendung eines Technikers zum Kunden fortsetzte.

Das Kundendienstleistungszentrum, in dem der Kläger seine Tätigkeit neben anderen Mitarbeitern verrichtete, war dem ESC zugeordnet. Das ESC war seinerseits eine Unterabteilung von MMS in der eine Vielzahl von Dienstleistungen im IT-Servicegeschäft gegenüber zahlreichen verschiedenen Kunden erbracht wurde. Der Bereich MMS war regional in mehreren Regionen aufgeteilt – Nord (H1), M1 (F1 a1 M2), W3 (D2) und S2-O1 (M3-U1).

Neben dem Bereich MSS bestanden bei der Beklagten zuletzt folgende Bereiche BU, ASIC, HRE, SEB und Outsourcing. Die Bereiche ASIC, HRE und SEB waren das Ergebnis von Outsourcing-Projekten, nachdem die entsprechenden Unternehmen beschlossen hatten, keine eigenen IT-Abteilungen mehr zu unterhalten, sondern diese Tätigkeiten auszulagern. Die Beklagte hatte es übernommen, die Tätigkeiten von früher eigenen IT-Abteilungen der Kunden voll umfänglich zu übernehmen und dauerhaft zu erbringen. Der von der Beklagten betriebene Bereich Outsourcing ist seinerseits für die Phase von der Marktsondierung bis hin zum Vertragsabschluss mit einem Kunden zuständig.

Ob die genannten Bereiche –; ASIC, HRE, SEB, Outsourcing und MMS –; bzw. der Unterbereich MMS-West, dem der Kläger zugeordnet war, einen eigenständigen Betrieb mit eigener personeller Leitung war oder ob alle wesentlichen organisatorischen, personellen und sozialen Fragen vom Hauptsitz der Beklagten in F1 aus entschieden wurden, ist zwischen den Parteien streitig.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers war mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Fa. A2 begründet worden. Im Anstellungsvertrag vom 08.11.1990 (Bl. 62 ff. d. A. 10 Sa 1020/11 Landesarbeitsgericht Hamm), der eine Versetzungsklausel enthielt, heißt es unter anderem:

„Im Übrigen gelten ergänzend alle Bedingungen und Regelungen des Personalhandbuches, die Bestandteil dieses Vertrages sind.”

Die Firma A2 schloss mit ihrem Betriebsrat am 01.06.1992 eine Betriebsvereinbarung über die allgemeinen Arbeitsbedingungen (Bl. 288 f. d. A. 10 Sa 1020/11 Landesarbeitsgericht Hamm). In dieser Betriebsvereinbarung heißt es unter anderem:

„Abschnitt H. 1. Kündigungsfristen

Das Arbeitsverhältnis von Mitarbeitern, die das 55. Lebensjahr vollendet und unserer Firma mindestens 10 Jahre angehört haben oder das 50. Lebensjahr vollendet und unserer Firma mindestens 15 Jahre angehört haben, kann nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.”

Die Betriebsvereinbarung wurde in das Personalhandbuch der Fa. A2, einer Loseblatt-Sammlung, aufgenommen, die bei abändernden Betriebsvereinbarungen durch Nachlieferungen aktualisiert wurde.

Zum 01.07.1994 trat bei der Fa. A2 eine weitere Betriebsvereinbarung vom 11.03.1994 (Bl. 298 d. A. 10 Sa 1020/11 Landesarbei...

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