Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert im Beschlussverfahren. nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Fortbestands des Mandats des Betriebsrats. Vergleichbarkeit mit Wahlanfechtungsverfahren. Unterlassungsantrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Macht ein Betriebsrat in einem Beschlussverfahren den Fortbestand seines Mandats in Folge eines Betriebsübergangs geltend, handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, für die grundsätzlich der Wert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG maßgeblich ist.
2. Für den Feststellungsantrag, betreffend den Fortbestand des Mandats des Betriebsrats in Folge eines Betriebsübergangs, richtet sich der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wie bei einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, mit dem eine Betriebsratswahl nach § 19 BetrVG angefochten wird, regelmäßig nach der Anzahl der zu wählenden Mitglieder des Betriebsrats, die nach § 9 BetrVG durch die Größe des Betriebs bestimmt wird.
3. Zwischen einem Feststellungsantrag, betreffend den Fortbestand des Mandats des Betriebsrats in Folge eines Betriebsübergangs und dem Antrag auf Unterlassung der Behinderung der Betriebsratstätigkeit besteht regelmäßig keine wirtschaftliche Identität.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3, § 33 Abs. 3; BetrVG §§ 19, 78
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Beschluss vom 09.01.2008; Aktenzeichen 1 BV 61/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 09.01.2008 – 1 BV 61/07 – unter Zurückweisung der Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 23.11.2007 abgeändert.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 18.000,00 EUR festgesetzt.
Die Arbeitgeberin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer Gebühr von 40,00 EUR zu tragen.
Tatbestand
I.
Im Ausgangsverfahren hat der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf Fortbestand seines Mandats in Anspruch genommen, nachdem die M1 H1gesellschaft mbH & Co. OHG den Betrieb des Baumarktes B1-B2 mit Wirkung zum 01.09.2007 auf die Arbeitgeberin übertragen hatte. Im Baumarkt B1-B2 war ein fünfköpfiger Betriebsrat gewählt worden. Unter anderem unter Hinweis auf einen Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG a. F. vom 10.09.1999 hatte die Arbeitgeberin den Fortbestand des Betriebsrats im Baumarkt B1-B2 in Abrede gestellt.
Mit dem am 11.09.2007 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat daraufhin folgende Anträge angekündigt:
- „Es wird festgestellt, dass das Mandat des Betriebsrats auch nach dem Übergang des Betriebes des Baumarktes B1-B2, A1 T1 12, 12345 B1, auf die Arbeitgeberin per 01.09.2007 fortbesteht,
- der Arbeitgeberin wird aufgegeben, es zu unterlassen, den Betriebsrat in der Ausübung seiner Tätigkeit dadurch zu behindern, dass gegenüber den Arbeitnehmern des Baumarktes B1-B2, A1 T1 12, 12345 B1 behauptet wird, der Betriebsrat bestehe nicht mehr.”
Das Ausgangsverfahren wurde durch Rücknahme der Anträge des Betriebsrats erledigt. Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 23.11.2007 den Gegenstandswert für das Ausgangsverfahren auf 16.000,00 EUR festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss vom 23.11.2007 wendet sich die Arbeitgeberin mit der am 07.12.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde, der das Arbeitsgericht teilweise abgeholfen und den Gegenstandswert durch Beschluss vom 09.01.2008 auf 9.000,00 EUR festgesetzt hat. Gegen diesen Beschluss vom 09.01.2008, der den Beteiligten nicht zugestellt worden ist, wenden sich die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats mit der am 20.03.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde.
Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, der Gegenstandswert sei mit 4.000,00 EUR, allenfalls mit 8.000,00 EUR angemessen bewertet. Im vorliegenden Fall handele es sich um einen schlichten Kompetenzkonflikt, die Sachlage sei nicht vergleichbar mit dem Verfahren über die Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl, die mit hohen Kosten für den Arbeitgeber verbunden sei. Der Unterlassungsantrag sei wirtschaftlich identisch mit dem Hauptantrag. Selbst wenn ihm ein eigener Gegenstandswert zukomme, sei er allenfalls mit 1.000,00 EUR zu bewerten.
Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats sind der Auffassung, der Gegenstandswert müsse mit insgesamt 18.000,00 EUR festgesetzt werden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist im Wesentlichen unbegründet.
Dagegen hat die zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats Erfolg. Der Zulässigkeit der Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats vom 19.03.2008 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 09.01.2008 steht nicht entgegen, dass die zweiwöchige Beschwerdefrist des § 33 Abs. 3 RVG nicht eingehalten ist. Diese Frist wurde mangels ordnungsgemäßer Zustellung des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 09.01.2008 nich...