Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswertfestsetzung. Beschwerde auf Weisung der Rechtsschutzversicherung. Unzulässige Beschwerde gegen Festsetzung des Gegenstandswerts bei Fristversäumnis durch Partei. Beschwerdeeinlegung des Rechtsanwalts auf Weisung der Rechtsschutzversicherung als Parteibeschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Legt ein Rechtsanwalt gegen einen Beschluss über die Gegenstandswertfestsetzung "auf Weisung der Rechtsschutzversicherung seiner Partei gemäß § 82 Abs. 1 und 2 VVG" Beschwerde ein, handelt es sich um eine Beschwerde der Partei selbst und nicht um die ihres Rechtsanwalts.

2. Die für die Partei abgelaufene Beschwerdefrist beginnt nicht deshalb neu oder weiter zu laufen, weil der anzufechtende Beschluss dem Rechtsanwalt später als der Partei zugestellt wird.

 

Normenkette

RVG § 33 Abs. 2-3; VVG § 82 Abs. 2, 1; RVG § 33 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 18.06.2011; Aktenzeichen 17 Ca 171/12)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 18.06.2011 (17 Ca 171/12) wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Im Ausgangsverfahren machte der Kläger, dessen monatliches Bruttogehalt € 14.266,90 betrug, die Unwirksamkeit einer während der Wartezeit ausgesprochenen ordentlichen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses sowie Weiterbeschäftigung geltend. Der Rechtsstreit endete durch die Feststellung eines Vergleichs gemäß § 278 VI ZPO, auf dessen Inhalt (Bl. 44 - 47 d.A.) Bezug genommen wird.

Mit Beschluss vom 18.06.2012, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das Verfahren auf € 57.067,60 und den Mehrwert des Vergleichs auf € 18.766,90 fest. Der Beschluss wurde dem Kläger persönlich am Freitag, dem 22.06.2012 und seinem Prozessbevollmächtigten am Montag, dem 25.06.2012 zugestellt. Mit Schreiben von Montag, dem 09.07.2012 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers "auf Weisung der Rechtsschutzversicherung des Klägers gemäß § 82 I und II VVG" Beschwerde ein. In der Beschwerde wird ausgeführt, dass "nach Ansicht des auf Weisung der Rechtsschutzversicherung handelnden Klägers" die Wertfestsetzung fehlerhaft sei. Auf die dafür vorgetragenen Gründe (Bl. 53f d.A.) wird Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat am 11.07.2012 beschlossen, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

II. Die Beschwerde ist gemäß § 33 III RVG unzulässig. Die Auslegung der Beschwerdeschrift ergibt, dass es sich um eine Beschwerde des Klägers persönlich handelt, nicht um eine solche seines Prozessbevollmächtigten. Dies ergibt sich aus der Bezugnahme auf § 82 II VVG. Nach dieser Vorschrift hat der Versicherungsnehmer zumutbare Weisungen des Versicherers zu befolgen. Versicherungsnehmer ist hier (nur) der Kläger. Die 2wöchige Frist für den Widerspruch des Klägers ist bereits am Freitag, dem 22.06.2012 durch die Zustellung des Beschlusses an den Kläger persönlich in Gang gesetzt worden. Sie lief am 06.07.2012 ab, so dass die am 09.07.2012 bei Gericht per Fax eingegangene Beschwerde verspätet war. Die Zustellung des Beschlusses an den Prozessbevollmächtigten hat für den Kläger keine weitere/erneute Frist in Gang gesetzt. Da der Prozessbevollmächtigte selbst zum Kreis der Antragsberechtigten gehört (§ 33 II 2 RVG), wird durch die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten jedenfalls dann nur die für ihn selbst geltende Beschwerdefrist in Gang gesetzt, wenn der Beschluss - wie hier - auch dem Kläger persönlich zugestellt wird.

III. Unabhängig davon lässt die vom Arbeitsgericht vorgenommene Wertfestsetzung keinen Fehler zu Lasten des Klägers erkennen. Die Kammer macht sich die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Nichtabhilfebeschluss entsprechend § 69 II ArbGG zu Eigen. Für den Wert einer Kündigungsschutzklage kommt es nicht darauf an, wie lange das Arbeitsverhältnis bereits bestanden hat, sondern wie lange es ohne die angegriffene Kündigung bestehen würde. Auch die Festsetzung des Mehrwerts des Vergleichs ist nicht zu beanstanden. Zwar trifft es im Grundsatz zu, dass Gegenstände, über die nie gestritten wurde, den Wert eines Vergleichs nicht erhöhen. Das gilt jedoch nicht für solche Gegenstände, die typischerweise bei Beendigung zu regeln sind. Dazu gehören Zeugnis, Freistellung und Outplacement, für die das Arbeitsgericht Werte in Ansatz gebracht hat, gegen die sich die Beschwerde im Einzelnen nicht wendet.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Es entsteht eine Gebühr gemäß Nr. 8613 der Anlage 1 zu § 3 II GKG.

IV. Gegen die vorliegende Entscheidung sind weitere Rechtsmittel nicht statthaft (§ 33 IV 3 RVG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 3687295

AGS 2013, 146

RVGreport 2013, 323

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