Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung des Gegenstandswerts für einen Beschäftigungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
– Der Gegenstandswert für einen Beschäftigungsanspruch ist grundsätzlich mit einem Brutto-Monatsgehalt zu bewerten.
– Die Beschränkung des Gegenstandswerts ist nur gerechtfertigt, wenn – wie im Regelfall bei der Verbindung mit einem Feststellungsantrag gem. § 4 KSchG oder § 256 ZPO – über den Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht gesondert entschieden werden muss, und – wie im Regelfall bei der Klage auf Weiterbeschäftigung während eines Kündigungsrechtsstreits – nur eine vorübergehende Regelung zu treffen ist.
– Fehlen diese beiden Einschränkungen, ist der Gegenstandswert in Anlehnung an § 12 VII 1 ArbGG mit drei Monatsgehältern zu bewerten.
Normenkette
ArbGG § 12 Abs. 7 a.F.
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 12.02.2004; Aktenzeichen 14 Ca 363/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 12. 2. 2004 (14 Ca 363/03) abgeändert. Der Gegenstandswert für die Klage gegen die Beklagte zu 2) wird auf EUR 7.222, 26 festgesetzt.
Tatbestand
I. Mit seiner Klage vom 15. 7. 2003 gegen den Beklagten zu 1) machte der Kläger die Unwirksamkeit einer am 25. 6. 2003 ausgesprochenen Kündigung geltend. Am 8. 10. 2003 erweiterte der Kläger seine Klage gegen die Beklagte zu 2) und verlangte von dieser, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen, da die Beklagte zu 2) den Betrieb der Beklagten zu 1) übernommen habe. Die Beklagte zu 2) ließ sich durch die Beschwerdeführer vor dem Arbeitsgericht vertreten. Mit Schriftsatz vom 9. 2. 2004 nahm der Kläger seine Klage gegen beide Beklagte zurück.
Mit Beschluss vom 12. 2. 2004 setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für die Klage gegen den Beklagten zu 1) gemäß § 12 VII auf EUR 7.222, 26 und gegen die Beklagte zu 2) auf EUR 2.407, 42. Der Beschluss wurde den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) am 17. 2. 2004 zugestellt. Mit ihrer am 2. 3. eingegangenen Beschwerde machen diese geltend, die Festsetzung eines Gegenstandswertes von insgesamt 4 Monatsgehältern für Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsantrag sei zwar grundsätzlich sachgerecht. Dies gelte jedoch nicht, wenn sich beide Anträge gegen unterschiedliche Beklagte richteten, da auch die Entscheidung über den Beschäftigungsanspruch inzident die Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses beinhalte.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist gem. § 25 III GKG i. V. m. § 9 II BRAGO zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 25 III 1 i. V. m. § 5 III sowie § 25 III 3 GKG). Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
1) Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Gegenstandswert eines Weiterbeschäftigungsantrags in der Regel mit einem Monatsgehalt anzusetzen ist, wenn der Antrag neben einem Feststellungsantrag nach § 4 KSchG oder nach § 256 ZPO gestellt wird (LAG Hamburg v. 30. 3. 1989 – 6 Ta 32/88 – AnwBl 90, 49; v. 2. 9. 2002 – 7 Ta 21/02 – MDR 03, 178 m. w. N.). Dies räumen auch die Beschwerdeführer ein.
2) Das gilt jedoch nicht zwangsläufig auch dann, wenn sich Feststellungs- und Beschäftigungsantrag gegen unterschiedliche Beklagte richten. Denn die Feststellung, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Beklagten zu 1) durch dessen Kündigung beendet worden ist, sagt nicht zwangsläufig etwas über die Beschäftigungspflicht der Beklagten zu 2). Das gilt selbst dann, wenn sich der Rechtsstreit über die Kündigung auf die Frage konzentriert, ob diese gemäß § 613 a IV BGB unwirksam ist, denn die Rechtskraft einer solchen Feststellung umfasst nicht die Frage, wer den Betrieb übernommen hat. Um über die Beschäftigungspflicht des Beklagten zu 2) zu entscheiden, hätte folglich die Frage des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) als notwendige Vorfrage geklärt werden müssen. Die Entscheidung über den Klageantrag zu 1) hätte diese Entscheidung nicht beinhaltet. Etwaige präjudizierende Feststellungen hätten dazu nicht ausgereicht. Dies lässt es gerechtfertigt erscheinen, den Antrag gegen die Beklagte zu 2) in analoger Anwendung von § 12 VII ArbGG ebenfalls mit drei Monatsgehältern zu bewerten.
3) Dieses Ergebnis wird zusätzlich dadurch begründet, dass der Kläger von der Beklagten nicht lediglich die vorläufige Weiterbeschäftigung während eines Rechtsstreits verlangt, sondern uneingeschränkt seinen allgemeinen Beschäftigungsanspruch geltend gemacht hat. Ein Rechtsstreit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) war gar nicht anhängig. Die teilweise wirtschaftliche Identität der beiden Streitgegenstände Feststellung und Beschäftigung, welche die niedrige Bewertung des Weiterbeschäftigungsanspruchs im Regelfall rechtfertigt, bestand also im vorliegenden Fall gerade nicht.
III. Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht gem. § 25 IV GKG ge...