Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Landesarbeitsgericht in Betracht kommt, wenn der Schuldner es versäumt hat, bereits im erstinstanzlichen Verfahren einen Antrag nach § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG zu stellen.

 

Normenkette

ArbGG § 62 Abs. 1 S. 3; ZPO § 719 Abs. 1 S. 1, § 707 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 24.09.2007; Aktenzeichen 3 Ca 1028/06)

 

Tenor

Der Antrag der Beklagten vom 02.11.2007 auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.09.2007 – 3 Ca 1028/06 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A.

Die Beklagte sprach dem Kläger am 26. Januar 2006 eine fristlose, hilfsweise fristgerechte verhaltensbedingte Kündigung aus. Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung und verlangt seine Weiterbeschäftigung. Die Beklagte hat in erster Instanz zum Weiterbeschäftigungsanspruch keine Stellung genommen. Durch Urteil vom 24. September 2007 hat das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens verurteilt. Die Beklagte hat rechtzeitig Berufung eingelegt und begehrt die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung.

 

Entscheidungsgründe

B.

Der nach § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, §§ 719 Abs. 1 Satz 1, 707 Abs. 1 ZPO statthafte Antrag der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Der Inhalt der ausgeurteilten Beschäftigungspflicht ist dem Tenor nicht mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen. Unter Berücksichtigung des Urteilstatbestandes ergibt sich jedoch, dass die Beklagte dazu verurteilt worden ist, den Kläger als „Geschäftsstellenleiter Hochbau II in der Niederlassung E. zu beschäftigen. Dieser Auslegung sind die Parteien in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten.

2.

Die Beklagte beruft sich darauf, eine Vollstreckung dieses Beschäftigungsanspruchs führe deshalb bei ihr zu einem nicht zu ersetzenden Nachteil iSd. § 62 Abs. 1 Satz 2 und 3 ArbGG, weil sie die Stellen der Geschäftsstellenleiter in der Niederlassung E. seit September 2004 sukzessive abgebaut habe und auch diejenige des Klägers als des letzten noch verbliebenen nach seinem faktischen Ausscheiden aufgrund der (vorangegangenen, anderweitig rechtskräftig für unwirksam erklärten) fristlosen Kündigung vom 23. Dezember 2005 nicht nachbesetzt habe. Eine Beschäftigung als Geschäftsstellenleiter könne sie nur dadurch ermöglichen, dass sie in einer anderen Niederlassung eine solche Position freikündige, was im Ergebnis eine unzulässige betriebsübergreifende Sozialauswahl bedeute. Im Übrigen stehe sie vor einer Umorganisation, welche zum gänzlichen Wegfall der Ebene der Geschäftsstellenleiter führe.

a)

Es kann dahinstehen, ob damit die Voraussetzungen eines nicht zu ersetzenden Nachteils glaubhaft gemacht sind. Denn die Beklagte könnte den von ihr geltend gemachten Nachteil dadurch abwenden, dass sie dem Kläger kraft ihres Direktionsrechts eine anderweitige – ebenfalls vertragsgerechte – Beschäftigung zuweist. Dem klägerseits vor Einleitung der Vollstreckung diesbezüglich unterbreiteten Gesprächsangebot ist sie nicht gefolgt. Die Beklagte macht es sich zu einfach, wenn sie diese von ihr geschuldete andere Beschäftigung des Klägers nicht ermöglicht und nur darauf verweist, die titulierte Beschäftigung sei ihr nicht möglich. Dass bei ihr eine vertragsgerechte Beschäftigung des Klägers an keiner Stelle möglich ist, hat die Beklagte nicht glaubhaft gemacht. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass dies in einem Unternehmen mit der Größenordnung der Beklagten auch schwerlich denkbar erscheint und dass die Beklagte im Zusammenhang mit der dargelegten künftigen Neuorganisation nicht vorgetragen hat, sie müsse deshalb die derzeit noch im Unternehmen als Geschäftsstellenleiter beschäftigten Mitarbeiter entlassen.

b)

Jedenfalls ist die Beklagte mit dem genannten, ihr bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 24. September 2007 längst bekannten Vorbringen zur Begründung des Antrags nach § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ausgeschlossen, da sie es unterlassen hat, dieses zum Gegenstand eines Antrags auf Ausschließung der Vollstreckbarkeit nach § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG zu machen.

(1)

Nach der ständigen Rechtsprechung der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs (vgl. nur 25. August 1978 – X ZR 17/78 – NJW 1979, 1208; 3. Juli 1991 – XII ZR 262/90 – NJW-RR 1991, 1216; 5. Juni 1996 – VIII ZR 130/96 – NJW 1996, 2103; 13. März 2003 – XII ZR 144/00FamRZ 2003, 1009) kommt eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht nach § 719 Abs. 2 ZPO regelmäßig nicht in Betracht, wenn der Schuldner nicht bereits im Berufungsverfahren einen Schutzantrag nach § 712 ZPO gestellt hat, obwohl die Umstände, die einen nicht zu ersetzenden Nachteil begründen sollen, bereits dort erkennbar und nachweisbar waren. Der Bundesgerichtshof begründet das damit, ...

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