Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlußfrist und Sozialplan

 

Leitsatz (amtlich)

§ 18 MTV für die Kautschukindustrie in den Neuen Bundesländern vom 23.3.1991, der u. a. die Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis spätestens zwei Monate nach seiner Beendigung vorschreibt, erfaßt die Ansprüche auf Abfindungen aus einem betrieblichen Sozialplan nicht.

 

Normenkette

BetrVG §§ 112, 112a

 

Verfahrensgang

ArbG Senftenberg (Urteil vom 06.12.1993; Aktenzeichen 2 Ca 2608/93)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des ArbG Senftenberg vom 6.12.1993 – 2 Ca 2608/93 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Abfindung aus einem Sozialplan.

Der am … geborene Kläger war seit dem 03.07.1967 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger als Elektriker beschäftigt.

Der Arbeitgeberverband der Deutschen Kautschukindustrie in der DDR e. V. und die IG Chemie, Papier, Keramik schlossen am 23.03.1991 den Manteltarifvertrag für die Kautschukindustrie in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie Berlin (Ost) (im folgenden MTV) ab. Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits waren Mitglieder der Tarifvertragsparteien, der Kläger der Gewerkschaft, die Beklagte des Arbeitgeberverbandes.

§ 18 des MTV lautet:

Ausschlußfristen

  1. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen beiderseitig innerhalb von 3 Monaten nach ihrem Entstehen geltend gemacht werden, und zwar seitens des Arbeitnehmers bei der Betriebsleitung oder ihrem Beauftragten, seitens der Betriebsleitung beim Arbeitnehmer.
  2. Beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers sind Ansprüche spätestens 2 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen. Werden Ansprüche erst später fällig, so berechnet sich die Frist von 2 Monaten vom Tage der Fälligkeit an.
  3. Nach Ablauf dieser Fristen ist die Geltendmachung ausgeschlossen. Das gilt nicht, wenn die Berufung auf eine Ausschlußfrist wegen des Vorliegens besonderer Umstände eine unzulässige Rechtsausübung ist.

Am 13.04.1992 vereinbarten die Beklagte und der bei ihr gebildete Betriebsrat einen Sozialplan, der u. a. folgende Regelungen enthielt:

㤠1 Abfindungen

Arbeitnehmer, die aufgrund fristgemäßer betriebsbedingter Kündigung oder aufgrund eines Aufhebungsvertrages auf Veranlassung des Arbeitgebers aus der Firma ausscheiden, erhalten für jedes vollendete Jahr der Betriebszugehörigkeit eine Abfindung in Höhe von 250,00 DM und soweit die Voraussetzungen vorliegen, einen Sozialzuschlag nach § 2 sowie eine Restzahlung nach § 3.

Dies gilt auch für im Jahre 1990 ausgeschiedene und wieder eingestellte Arbeitnehmer, eine seinerzeit gezahlte Abfindung wird angerechnet.

Die Betriebszugehörigkeit wird für alle Arbeitnehmer berechnet nach dem Stand am 30.06.1992.

§ 2 Sozialzuschläge

Zu der Abfindung nach § 1 werden folgende Zuschläge gezahlt:

500,00 DM für jeden Arbeitnehmer ab dem 50. Lebensjahr und Schwerbehinderte als einmalige Zuwendung.

§ 8

Arbeitnehmer, die aufgrund eines von der Treuhandanstalt abgeschlossenen Vertrages bei einem anderen (Übernehmer) weiterbeschäftigt werden oder das unwiderrufliche Angebot der Weiterbeschäftigung erhalten, haben nach diesem Sozialplan keinen Anspruch auf eine Abfindung.

Durch einen Betriebsübergang bleibt der soziale Status der Arbeitnehmer erhalten (§ 613 a BGB). Die im Betrieb bestehenden befristeten Arbeitserträge gehen bei einem Betriebs – Übergang auf den Übernehmer über. Sollten sie bei dem Übernehmer kraft Befristung enden, haben die Arbeitnehmer Anspruch auf Abfindung nach diesem Sozialplan.

§ 12

Der Sozialplan tritt am Tage der Unterzeichnung in Kraft und kann mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende, erstmals zum 31.12.1992 gekündigt werden.”

Mit Schreiben vom 28.09.1992 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.12.1992 aus betriebsbedingten Gründen. In dem Kündigungsschreiben führte sie u. a. aus, daß der Kläger entsprechend dem Sozialplan vom 13.04.1992 die ihm zustehende Abfindung nach seinem Ausscheiden erhält.

Die Beklagte stellte der Fa. Medizintechnik Dresden eine Liste mit Handwerkern zur Verfügung, die bei ihr aus betriebsbedingten Gründen ausschieden, zu denen auch der Kläger gehörte. Daraufhin wurde der Kläger von der Fa. Medizintechnik Dresden im Oktober 1992 angesprochen, ob er an einer Beschäftigung bei ihr interessiert sei. Mit Schreiben vom 10.12.1992 teilte die Fa. Medizintechnik Dresden dem Kläger mit, daß sie sich für eine Einstellung von ihm entschieden habe.

Mit Schreiben vom 17.12.1992 erklärte die Beklagte dem Kläger, daß die Zahlung der Abfindung nach dem Sozialplan entfalle, weil er nahtlos in eine andere Firma übergehe.

Am 04.01.1993 unterzeichnete der Kläger einen Arbeitsvertrag mit der Fa. Medizintechnik Dresden, nach dem er als Lagerist tätig wurde. Er war verpflichtet, auch alle anderen anfallenden Arbeiten zu verrichten. Als Beginn des Arbeitsverhältnisses war d...

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