Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsvereinbarung. Umsatzprämie. Betriebsübergang

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine seit Jahren bezahlte Umsatzprämie kann durch eine Betriebsvereinbarung ohne Verstoß gegen das Günstigkeitsprinzip abgesenkt werden, wenn die Betriebsvereinbarung der Angleichung hoher Prämienzahlungen eines Teils der Arbeitnehmer und niedriger Prämienzahlungen eines anderen Teils der Arbeitnehmer dient, eine verdienstsichernde Härtefallklausel in der Betriebsvereinbarung enthalten ist und die Prämienzahlung ursprünglich auf einer Betriebsvereinbarung beruhte, die für den Betrieb nicht gilt, aber während der Gesamtzeit der Prämienzahlung angewendet wurde.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10, § 77; BGB §§ 157, 611 Abs. 1, § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Eberswalde (Urteil vom 15.01.2003; Aktenzeichen 2 Ca 628/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.06.2005; Aktenzeichen 1 AZR 375/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 15.01.2003 – 2 Ca 628/02 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Provisionszahlungen. Streitgegenständlich ist der Provisionsanspruch des Klägers für die Monate Januar bis Mai 2002, den dieser nach der Provisionsregelung, die bis zum 31.12.2001 zur Berechnung seiner Provisionszahlung zugrunde gelegt worden ist, berechnet: Danach erhielt der Kläger eine Provision auf den von ihm monatlich getätigten Bruttoumsatz, von dem ein arbeitstägliches Fixum i. H. v. 1.074,00 DM (= 549,12 EUR) sowie weitere 5 % des Bruttoumsatzes abzuziehen waren; 1,28 % dieses so gekürzten Bruttoumsatzes erhielt der Kläger als Provision.

Demgegenüber berechnet die Beklagte seit dem 01.01.2002 die – geringere – Provision nach der Betriebsvereinbarung vom 29.01.2002, auf dessen Inhalt nebst Anlage Bl. 7 bis 9 d. A. Bezug genommen wird. Den sich aus beiden Regelungen ergebenden Differenzbetrag hat der Kläger mit seiner Zahlungsklage geltend gemacht.

Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist für die Rechtsvorgängerin der Beklagten und die Beklagte seit dem 13.12.1989 auf der Basis des Arbeitsvertrages vom 12.12.1989 (Bl. 16 d. A.) in der Niederlassung Bxxxxx als Frischdienstverkäufer gegen ein Entgeltfixum i. H. v. zuletzt 1.962,85 Euro brutto monatlich zuzüglich einer umsatzabhängigen Provision tätig.

Zuvor war der Kläger für die Rechtsvorgänger der Beklagten im Betrieb Sxxxxxxxxxxxx in Bxxxxx Rxxxxxxxxxxxx bereits als Verkaufsfahrer mit Entgeltfixum zuzüglich einer umsatzabhängigen Provision tätig.

Die bis zum 31.12.2001 bei der Beklagten zugrunde gelegte Provisionsregelung basierte auf einer Betriebsvereinbarung vom 20.10.1976 (vgl. Bl. 43 b. 46 d. A.), die mit dem Betriebsrat und der Firma Pxxxx GmbH Brot- und Backwaren u. a. für den Betrieb Sxxxxxxxxxxxx in Bxxxxx-Rxxxxxxxxxxxx vereinbart worden war. Ende 1987 wurde dieser Betrieb von der Großbäckerei Wxxxxxx Berlin GmbH & Co. KG übernommen. Sämtliche Kollektivregelungen einschließlich dieser Betriebsvereinbarung wurden weiter angewandt. In einer Betriebsvereinbarung der Firma Wxxxxxx vom 25.09.1989 (vgl. Bl. 115 d. A.) wurde gem. § 2 vereinbart: „Die Betriebsvereinbarung vom 20. Oktober 1976 über die Provisionsregelung behält bis zum Abschluss einer Neuen ihre Gültigkeit”. In einer weiteren Betriebsvereinbarung vom 28.02.1990 der Firma Wxxxxxx (vgl. Bl. 47 d. A.) wurde die ursprüngliche Betriebsvereinbarung im Rahmen einer 5 %igen Preiserhöhung geändert. Ab 1992 begann die Firma Wxxxxxx damit, Verkaufstouren aus der Sxxxxxxxxxxxx u. a. nach Bxxxxx, einem dazugekauften Betrieb zu verlagern. Der Kläger war ab 01.07.1997 in Bxxxxx tätig. Daneben war ein anderes Unternehmen der Wxxxxxx-Gruppe, die Wxxxxxx Brot Berlin-Brandenburg GmbH & Co. KG Inhaberin eines Produktionsbetriebes in Bxxxxx. Die Verkaufsfahrer aus dem Betrieb in der Sxxxxxxxxxxxx (sogenannte „Westfahrer”) erhielten Provision auf der Basis der genannten Betriebsvereinbarungen. Neu in Bxxxxx eingestellte Verkaufsfahrer (sogenannte „Ostfahrer”) erhielten aufgrund einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung Umsatzprovision auf Markenware i. H. v. 2,85 % und auf Billigware i. H. v. 0,5 %; hinzu kam eine sogenannte Retourenprämie von maximal 200,00 DM für besonders niedrige Retourenwerte. Die Summe von Fixum, Gesamtprovision und Retourenprämie wurde auf den Tariflohn angerechnet.

Im Herbst 1999 wurde der Betrieb Sxxxxxxxxxxxx stillgelegt. Ein mit dem Betriebsrat am 19.06.1992 bzw. am 02.08.1993 vereinbarter Interessenausgleich und Sozialplan für die Firma Wxxxxxx Bxxxxx (vgl. Bl. 73 b. 77 d. A.) sah in 1.1. seiner Vereinbarung vor: „Alle Betriebsvereinbarungen behalten ihre Gültigkeit, bis sie durch eine andere Betriebsvereinbarung beim neuen Arbeitgeber ersetzt werden”. „Westfahrer” in Bxxxxx erhielten die bisherigen Umsatzprovisionen mit der bisherigen Berechnung und eine Erhöhung des Tagessatzes laut Hausmitteilung vom 21.07.1995 (vgl. 117 d. A.) auf 1.074,00 DM weiter. Die...

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