Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichteinführung des ERA-Tarifvertrages. Anspruch auf Tariflohnerhöhung

 

Leitsatz (amtlich)

Entscheidet sich der nicht tarifgebundene Erwerber eines Teils eines Betriebes, in dem die tariflichen Bestimmungen der Metall- und Elektroindustrie Anwendung finden, den nach Übergang in Kraft getretenen ERA-Tarifvertrag nicht anzuwenden und damit, das dem Tarifvertrag zugrunde liegende, neue Entgeltsystem nicht

Dies ergibt die Auslegung der maßgeblichen tariflichen Bestimmungen; eine zu schließende, unbewußte Tariflücke liegt nicht vor.

In diesem Fall sind allein die dem Anpassungsfonds zugeführten Geldmittel an die Arbeitnehmer auszuzahlen. (vgl. TV ERA-Anpassungsfonds und Ziffer 4. der Ergänzungsvereinbarung vom 6. April 2006).

 

Normenkette

TV ERA-Anpassungsfonds vom 14. Dezember 2003; ERA-Einführungstarifvertrag vom 14. April 2005; Lohntarifverträge für die Arbeiter der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Tarifgebiet I vom 18. Mai 2002 und vom 20. Februar 2004

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 30.05.2007; Aktenzeichen 9 Ca 2798/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.01.2009; Aktenzeichen 5 AZR 174/08)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 30.05.2007 – 9 Ca 2798/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, infolge der Nichteinführung des Entgeltrahmen-Tarifvertrages (ERA-TV) für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg (Tarifgebiete I und II) vom 14. April 2005 (im Folgenden: ERA-TV) die Grundvergütung des Klägers um monatlich 44,32 EUR brutto zu erhöhen.

Der Kläger war bei der tarifgebundenen Rechtsvorgängerin der Beklagten, der D. AG, als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Sein monatliches Entgelt setzte sich zuletzt zusammen aus einem Grundgehalt von 1.583,– EUR brutto sowie einer Leistungszulage in Höhe von 163,10 EUR brutto. Es fanden betriebseinheitlich die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin-Brandenburg, Tarifgebiet I, Anwendung.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2005 trat die D. Systems GmbH im Rahmen einer Ausgliederung in das Arbeitsverhältnis des Klägers ein; diese bzw. seit dem 1. Januar 2007 nunmehr die Beklagte ist nicht tarifgebunden.

Mit dem Lohntarifvertrag für die Arbeiter de Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Tarifgebiet I vom 18. Mai 2002 wurde u. a. folgendes vereinbart:

2. Tariflöhne

Mit Wirkung ab dem 1. Juni 2002 erhöht sich das Tarifvolumen um insgesamt 4 %, mit Wirkung ab 1. Juni 2003 um weitere 3,1 %. Diese Erhöhungen werden jeweils wie folgt auf zwei Komponenten verteilt:

Mit Wirkung ab 1. Juni 2002 werden die Tariflöhne um 3,1 % erhöht, mit Wirkung ab 1. Juni 2003 um weitere 2,6 %.

Das restliche Erhöhungsvolumen von 0,9 % bzw. 0,5 % fließt in ERA-Strukturkomponenten.

Die ERA-Strukturkomponenten fanden keinen Eingang in die Lohntabellen der Anlage dieses Lohntarifvertrages. Ziffer 3 LTV 02 enthält Regelungen zu Leistungen von Strukturkomponenten als Einmalzahlungen. Den ERA-Strukturkomponenten lag die damals von den Tarifvertragsparteien erst beabsichtigte Einführung eines neuen Entgeltrahmentarifvertrages zugrunde; dazu hielten die Tarifvertragsparteien im Verhandlungsergebnis vom 18. Mai 2002 folgendes fest:

5.1 Beide Parteien verabreden folgende wesentliche Eckpunkte des ERA:

  • • Die systembedingten Mehrkosten des ERA-TV werden mit 2,79 % angenommen. Die Tarifvertragsparteien werden sich auf weitere Kompensationsmöglichkeiten einigen. Näheres regelt der künftige Entgeltrahmentarifvertrag.
  • • …
  • • Durch ERA-Strukturkomponenten im Rahmen allgemeiner Tariferhöhungen werden diese Mehrkosten kompensiert.

In Ziffer 3.4 LTV 02 vereinbarten die Tarifvertragsparteien folgendes:

Wenn bis zum 31.12.2004 der ERA-TV nicht abgeschlossen wird, werden die Tabellenwerte rückwirkend zu der auf den 31.12.2003 folgenden nächsten Tarifperiode um 1,3645 % erhöht und bilden die Basis für diese Erhöhung der Entgelte.

Entsprechende Regelungen kamen auf der Grundlage des Lohntarifvertrages für die Arbeiter der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Tarifgebiet I vom 20. Februar 2004 zustande (Erhöhung des Tarifvolumens von 2,2 % aufgeteilt in 1,5 % und 0,7 % ab dem 01.03.2004 und um weitere 2,7 % aufgeteilt in 2,0 % und 0,7 % ab 01.03.2005 sowie ERA-Einmalzahlungen in Ziffer 3. und eine entsprechende Regelung der Ziffer 3.4 mit Frist zum 31.12.2004).

Die näheren Einzelheiten zu den Strukturkomponenten regelten die Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag ERA-Anpassungsfonds vom 19. Dezember 2003, zurzeit in der Fassung vom 15. September 2004 (im Folgenden: TV ERA-Anpassungsfonds). Während danach die eine Komponente der dauerhaften Erhöhung der Tabellenwerte dienen sollte (lineares Volumen), sollte die andere Komponente bis einschließlich Februar 2006 (restliches Erhöhungsvolumen) bis auf die Einmalzahlungen innerhalb der ersten Tarifperiode in den ER...

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