Entscheidungsstichwort (Thema)

Maß. Größe der Verantwortung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Vgr. II a Teil II Abschnitt K der Anlage 1 a zum BAT handelt es sich trotz – Verwendung der Begriffe „Schwierigkeit der Aufgaben” und „Größe der Verantwortung” nicht um eine Aufbaufallgruppe gegenüber Vgr. III.

2. Zum Begriff der „bisher nicht bekannten alten Herstellungstechniken”.

 

Normenkette

BAT Anlage 1a; BAT 1975 §§ 22-23

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 06.02.1997; Aktenzeichen 19 Ca 25881/96)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 06. Februar 1997 – 19 Ca 25881/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist 1963 geboren und hat am 23. Juni 1988 an der Hochschule für Bildende Künste Dresden die Abschlußprüfung in der Fachrichtung Restaurierung abgelegt. Ihr wurde der akademische Grad Diplom-Restaurator verliehen. Laut Bescheid des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 6. August 1992 ist dieser Abschluß gleichwertig demjenigen, der an einer Kunst- oder Musikhochschule in dem Teil Deutschlands erworben wurde, in dem das Grundgesetz bereits vor dem 3. Oktober 1990 galt (Abl. Bl. 12 d.A.). Die Klägerin war seit dem 1. September 1988 als Diplom-Restauratorin bei den Staatlichen Museen zu Berlin der DDR tätig und wurde in der zentralen Restaurierungswerkstatt des Bode-Museums beschäftigt. Seit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland wird die Klägerin von der Beklagten weiterbeschäftigt und wurde, da die zentrale Restaurierungswerkstatt aufgelöst wurde, der Skulpturensammlung zugeordnet. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Bezugnahme der BAT-O Anwendung (§ 2 der Änderung zum Arbeitsvertrag vom 15. September 1993 – in Abl. Bl. 5 und 6 d.A. –). Die Klägerin wird nach Vergütungsgruppe IV b BAT-O entlohnt. Seit ihrem Erziehungsurlaub, der vom 15. September 1994 bis zum 15. März 1996 währte, wird sie nunmehr mit 20 Stunden pro Woche beschäftigt und erhält etwa 2.500,– DM brutto.

In der Restaurierungswerkstatt der Skulpturensammlung sind sechs Restauratoren beschäftigt. Der Leiter der Restaurierungswerkstatt Herr Buczinski erhält Vergütung nach Vgr. II a BAT. Der vormalige Leiter der ehemaligen zentralen Restaurierungswerkstatt des Bode-Museums Herr… gleichfalls Diplom-Restaurator, wird nach Vgr. III BAT-O vergütet. Herr … erhält Vergütung nach Vgr. IV a BAT. Frau … sowie die Klägerin und Frau Alles, die sich eine Stelle teilen, werden nach Vgr. IV b BAT-O bezahlt.

Die Restauratoren arbeiten in der Regel ein Jahr und länger jeder an einem einzelnen Objekt.

Seit ihrer Rückkehr aus dem Erziehungsurlaub im März 1996 arbeitet die Klägerin durchgängig an der Restaurierung eines über vier Meter langen Holzkreuzes aus dem 14. Jahrhundert (Foto in Abl. Bl. 54 d.A.). Das Kreuz stammt aus einer venezianischen Kirche. Sein Entstehungsort und der Künstler sind unbekannt. Aufgabe der Klägerin ist, zunächst die Herstellungstechnik zu bestimmen und sodann ein Restaurierungskonzept zu erstellen, über welches der Werkstattleiter entscheidet.

Zur Bestimmung der Herstellungstechnik hat die Klägerin zunächst die Art des Trägermaterials zu bestimmen, sodann die Bearbeitungstechnik zu ermitteln, Besonderheiten der Zusammenfügung der Einzelteile zu erkunden und den Zustand des Objekts festzustellen. Zu diesem Zweck hat die Klägerin die Holzart zu bestimmen sowie die Entstehungsbedingungen des Objekts zu entschlüsseln, insbesondere auch welche Werkzeuge und Hilfsmittel verwendet wurden. In Zusammenarbeit mit einem Kunsthistoriker ist das Entstehungsgebiet weiter einzugrenzen. Ferner ist die originale Faßtechnik (Bemalung) zu bestimmen. Die hierbei verwendeten Malmaterialien sind zu untersuchen. Dazu entnimmt die Klägerin mit dem Skalpell Proben von wenigen Quadratmillimetern Größe, bettet sie in Kunstharz ein und schleift sie an einer Proben-Schleifmaschine an, bis der Querschnitt sichtbar wird. In Zusammenarbeit mit einem Chemiker werden die verwendeten Pigmente und Bindemittel bestimmt. Die Ergebnisse werden in grafischer und textlicher Form dokumentiert. Die Interpretation dieser Ergebnisse dient als Grundlage für die Arbeit des Kunsthistorikers. An dem Kruzifix bestimmte die Klägerin ein seltenes historisches Pigment (Lapislazuli) und den Farbstoff Krapplack. Außerdem stellte sie fest, daß sich unter der sichtbaren Fassung eine weitere, historisch wertvollere befindet. Nach dem von ihr erstellten Restaurierungskonzept wird die Übermalung abgenommen, wobei sie neue Restaurierungsmaterialien (z.B. Gele und Pasten) und -techniken (z.B. Lasertechnik und Mikrosandstrahlen) verwendet. Die eigentliche Handarbeit der Klägerin besteht in der sorgfältigen, millimeterweisen Freilegung der originalen Fassung mit dem Skalpell unter dem Mikroskop. Danach ist geplant, das Kreuz zu konservieren, indem die Holzkonstruktion stabilisiert un...

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