Entscheidungsstichwort (Thema)

Auswirkung von Gesetzesänderungen im AFG auf einzelvertragl. Vereinbarungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Voraussetzungen des Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage können vorliegen, wenn wegen der Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes ein Arbeitnehmer anstatt 12 Monate 18 Monate Arbeitslosengeld in Anspruch genommen hat, die BfA diese an den Arbeitnehmer erbrachten Zahlungen von Arbeitgeber gemäß § 128 AFG fordert und die Parteien bei Abschluß des Aufhebungsvertrages (vorgezogener Ruhestand eines 58-jährigen Arbeitnehmers) sowie der Berechnung der zu zahlenden Abfindung von einen 12-monatigen Bezugszeitraum von Arbeitslosengeld entsprechend der früheren Gesetzeslage ausgegangen sind.

2. Scheidet ein Arbeitnehmer infolge eines einzelvertraglich vereinbarten vorgezogenen Ruhestandes aus dem Arbeitsverhältnis aus, so sind Streitigkeiten über Zahlungsansprüche des Arbeitgebers wegen der von der BfA gemäß § 128 AFG geltend gemachten Erstattungsansprüche keine „Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis”, deren Geltendmachung der tarifvertraglichen Ausschlußfrist unterliegen (§ 17 Nr. 2 Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bay. Metallindustrie vom 01.12.1973).

3. Wird in einer Betriebsvereinbarung der Arbeitgeber ermächtigt, mit 58-jährigen Arbeitnehmern eine vorgezogenen Ruhestand mittels Aufhebungsvertrag zu schliessen und werden die Voraussetzungen dafür in der Betriebsvereinbarung genannt, so wird der Inhalt der Betriebsvereinbarung nicht zum Inhalt des einzelvertraglich abgeschlossenen Aufhebungsvertrages. Bei der Frage, was die Parteien vereinbart haben, kommt es maßgebend auf den einzelvertraglichen Aufhebungsvertrag an.

 

Normenkette

BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Lörrach (Urteil vom 25.02.1987; Aktenzeichen 1 Ca 372/86)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 25.02.1987 – 1 Ca 372/86 – abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.799,64 DM zu bezahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 13/15, der Beklagte 2/15 zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist als ehemalige Arbeitgeberin des Beklagten vom Arbeitsamt gemäß § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Anspruch genommen worden. Zwischen den Parteien ist streitig, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Rückforderungsanspruch hat.

Der am 01.07.1926 geborene Beklagte war bei der Klägerin, einem Tochterunternehmen der Firma B. vom 15. August 1950 bis zum 31.07.1984 beschäftigt. Am 06. Juli 1983 wurde mit dem Konzern- bzw. dem Gesamtbetriebsrat eine sogenannte Frühpensionierungsregelung vereinbart, die auch für den Betrieb der Klägerin Gültigkeit hatte. Die „58er-Regelung” bezieht sich auf Arbeitnehmer, die nach Vollendung ihres 57. Lebensjahres, aber vor Vollendung des 58. Lebensjahres ausscheiden, Eine „Ergänzungsregelung” vom gleichen Datum bezieht sich auch auf Arbeitnehmer, die erst nach Vollendung des 58. Lebensjahres ausscheiden. In dieser Betriebsvereinbarung (ABl. 179–181) heißt es unter anderem:

„Ziel der Regelung ist die soziale Absicherung der Betriebsangehörigen, die (nach Vollendung ihres 57. Lebensjahres aber) vor Vollendung des 58. Lebensjahres ausscheiden wollen und nach Vollendung des 60. Lebensjahres vorgezogenes Altersruhegeld beziehen können.

1. Persönlicher Geltungsbereich

1.1 Betriebsangehörige, die (nach Vollendung ihres 57.

aber) vor Vollendung ihres 58. Lebensjahres ausscheiden wollen, können während der Laufzeit dieser Regelung einen Aufhebungsvertrag abschließen, wenn die für sie maßgebliche Arbeitgeber-Kündigungsfrist oder die fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten während der Laufzeit dieser Regelung beginnt und sie spätestens bei Ablauf derselben das 58. Lebensjahr vollendet haben. Aufhebungsverträge sind insbesondere in den Betrieben anzustreben, in denen Personal abgebaut werden muß und die freiwerdenden Arbeitsplätze direkt oder indirekt (Umsetzungen – das gilt auch für Übernahmen von im Betrieb Ausgebildeten) nicht mehr besetzt werden.

1.2 Will ein Mitarbeiter aus persönlichen Gründen ausscheiden, so erhält er Leistungen nach dieser Regelung, sofern er mindestens 18 Monate vor Vollendung seines 58. Lebensjahres einen Antrag auf Aufhebung seines Arbeits-/Anstellungsverhältnisses gestellt hat.

2. Leistungen nach dem Ausscheiden

2.1 Während der Zeit nach dem Ausscheiden wird höchstens bis zum 60. Lebensjahr eine Zuwendung in Höhe von 85 Prozent des Nettojahresverdienstes gewährt (Grundbetrag der Abfindung). Das Arbeitslosengeld (nach der Leistungsgruppe entsprechend der jeweiligen Steuerklasse) wird hierauf angerechnet, nicht jedoch Arbeitslosenhilfe.

2.6. Die Abfindung – der Grundbetrag der Abfindung, der Ausgleichsbetrag sowie der Steigerungsbetrag – wird im Rahmen der Steuer-/Sozialversicherunnsbestimmungen lohnsteuer- bzw. sozialversicherungsfrei gewährt. Die Abfindung wird entsprechend dem beigefügten ...

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