Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung Beschäftigungszeiten Bewährungsaufstieg. Anrechnung von Zeiten vor Inkrafttreten des MTV Pro Seniore. Tarifauslegung Bewährungszeiten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Tarifvertrag zwischen der Pro Seniore Consulting & Conception für Senioreneinrichtungen AG und ver.di ist auch für die in Anlage A zum MTV Pro Seniore aufgeführten Gesellschaften wirksam abgeschlossen und in Kraft getreten.

2. § 11 MTV Pro Seniore begrenzt die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten für die Stufung nicht auf den Zeitpunkt ab Inkrafttreten des MTV. Insoweit ist zumindest die Beschäftigung ab Begründung des Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber zu berücksichtigen.

3. Eine Anrechnung der Beschäftigungszeiten für den Bewährungsaufstieg vor Inkrafttreten des Tarifvertrages erfolgt hingegen nicht. Der Annahme, dass das Vergütungssystem des BAT fortgeführt werden sollte, steht entgegen, dass nach Auskunft beider Tarifvertragsparteien bundesweit für die Mehrheit der Arbeitnehmer BAT-Vergütungsstrukturen nicht galten.

4. Der Arbeitgeber kann im Rahmen der Eingruppierung die ausgeübte Tätigkeit nicht mit Nichtwissen bestreiten, wenn die behauptete Tätigkeit der arbeitsvertraglichen Vereinbarung entspricht. Dies gilt insbesondere dann, wenn in einem Seniorenheim Residenzleitung und Pflegedienstleitung die entsprechende Tätigkeit bescheinigt haben und der Betriebsrat zur Eingruppierung entsprechend dieser Tätigkeit angehört wurde.

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 1, § 2 Abs. 1; ZPO § 138 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 25.08.2006; Aktenzeichen 2 Ca 166/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 25.08.2006 – Az. 2 Ca 166/06 – teilweise abgeändert:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin insgesamt EUR 463,09 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB

    aus jeweils EUR 2,28

    seit 01.02.2005, 01.03.2005, 01.04.2005, 01.05.2005, 01.06.2005, 01.07.2005, 01.08.2005, 01.09.2005, 01.10.2005, 01.11.2005, 01.12.2005, 01.01.2006, 01.02.2006

    und aus jeweils EUR 86,69

    seit 01.03.2006, 01.04.2006, 01.05.2006, 01.06.2006 und 01.07.2006

    zu zahlen.

  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 1/8, die Klägerin 7/8.

IV. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über tarifliche Vergütungsansprüche der Klägerin aus den Tarifverträgen vom 24.09.2004 zwischen der Pro Seniore Consulting und Conception für Senioreneinrichtungen AG und der Gewerkschaft ver.di.

Die am 00.00.1972 geborene, geschiedene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.04.2000 in deren Seniorenresidenz in F. als Altenpflegerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden beschäftigt.

In § 5 des Arbeitsvertrags ist folgende Vergütung vereinbart:

Vergütungsgruppe/-Stufe KR IV/1

DM

2.409,58

Ortszuschlag

DM

848,28

Allgemeine Zulage

DM

192,61

Freiwillige Zulage (AT)

DM

0,00

DM

3.450,47

… § 14 des Arbeitsvertrags lautet:

„Für die Arbeitsbedingungen im Übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrags zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit 01.07.1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrages.

…”

Im Übrigen wird auf den Arbeitsvertrag (ABl. 8-11 d. arbeitsgerichtlichen Akte) vollumfänglich Bezug genommen.

Die Klägerin ist seit 01.07.2000 Mitglied von ver.di. Die Beklagte war bei Abschluss des Arbeitsvertrages in Baden-Württemberg nicht tarifgebunden.

Der zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr geschlossene Tarifvertrag (im Folgenden: TV DSK) bestimmt in § 4 Abs. 1, dass die Eingruppierung der Angestellten im Pflegedienst sich nach dem Tarifvertrag zur Neufassung der Anlage 1 b zum BAT vom 07.07.1989 in seiner jeweils geltenden Fassung richte. Die Anlage 1 b zum BAT sieht unter anderem folgende Vergütungsgruppen vor:

„Vergütungsgruppe Kr. I

1. Pflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit

2. Altenpflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit

Vergütungsgruppe Kr. II

1. Krankenpflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit

2. Pflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und verwaltungseigener Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit

3. Pflegehelferinnen der Vergütungsgruppe Kr. I Fallgruppe 1 nach dreijähriger Bewährung in dieser Fallgruppe

4. Wochenpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung mit entsprechender Tätigkeit

5. Altenpflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit

6. Altenpflegehelferinnen der Vergütungsgruppe Kr. I Fallgruppe 2 nach dreijähriger Bewähr...

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