Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Zahlung einer Konventionalstrafe einer gemeinsamen Einrichtung von Tarifvertragsparteien nach Schweizer Recht vor einem deutschen Gericht. Koventionalstrafe. Kontroll- und Verfahrenskosten. Gesamtarbeitsvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Macht eine gemeinsame Einrichtung von Parteien eines Gesamtarbeitsvertrages (Tarifvertrages) nach Schweizer Recht Ansprüche auf Zahlung einer Konventionalstrafe sowie Kontroll- und Verfahrenskosten auf der Grundlage eines allgemein verbindlichen Gesamtarbeitsvertrages (Tarifvertrages) iVm. dem Schweizerischen Entsendegesetz gegenüber einem Arbeitgeber mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland geltend, weil dieser seine in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer vorübergehend in die Schweiz entsandt hat, handelt es sich um eine bürgerliche Streitigkeit nach § 2 ArbGG. Das mit der Durchsetzung des Gesamtarbeitsvertrags betraute paritätische Organ handelt nicht hoheitlich. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 4b, 6 ArbGG.

 

Normenkette

Bundesgesetz über minimale Arbeits- und Lohnbedingungen für die in die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und flankierende Maßnahmen v. 08.10.1999, i.d.F. v. 01.01.2007

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 14.01.2011; Aktenzeichen 14 Ca 151/10)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 14.01.2011, Az.: 14 Ca 151/10 aufgehoben.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung einer Konventionalstrafe sowie Kontroll- und Verfahrenskosten nach den Vorschriften des schweizerischen Rechts.

Der Beklagte betreibt einen Betrieb für Garten- und Landschaftsbau mit Sitz in F. Anlässlich eines Auftrags entsandte er in den Monaten Juni und Juli 2006 zwei Arbeitnehmer auf eine Baustelle im schweizerischen L., um dort Gartenarbeiten auszuführen.

Der Kläger ist ein nach Schweizer Recht eingetragener Verein (vgl. Art. 7 Gesamtarbeitsvertrag für das Ausbaugewerbe im Kanton Basel-Landschaft vom 30.04.2007). Er ist das mit der Durchsetzung des Gesamtarbeitsvertrags betraute paritätische Organ, welches mit der Kontrolle der Einhaltung der Anforderungen des Schweizer Entsendegesetzes beauftragt wurde.

Die Befugnisse des Klägers ausländischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gegenüber stützen sich auf die Vorschriften des Bundesgesetzes über minimale Arbeits- und Lohnbedingungen für die in die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und flankierende Maßnahmen vom 8.10.1999, i.d.F. vom 1.1.2007 (künftig: Schweizer Entsendegesetzes, abgekürzt: EntsG-Ch). In Artikel 2 ist die Geltung der minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen, u.a. der in allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen vorgeschriebenen aufgezählten Arbeitsbedingungen geregelt. Artikel 7 Abs. 1 Ziffer a EntsG-CH regelt die Kontrolle der in allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen vorgeschriebenen aufgezählten Arbeitsbedingungen. Unstreitig sind das vorliegend die Bestimmungen für Gartenbaubetriebe, welche sich am Arbeitsort, der Baustelle in L., nach den Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages Gärtner vom 1.1.2005, welche in Teilen seit dem 14.12.2004 allgemein verbindlich erklärt wurden. Der Vollzug des Schweizer Entsendegesetzes wird gemäß Artikel 14 EntsG-CH durch die zuständige Bundesbehörde beaufsichtigt. Diese ist befugt, den Kontrollorganen nach Artikel 7 EntsG-CH Weisungen zu erteilen (vgl. Art 14 Satz 2 EntsG-CH).

Zugleich besteht die Verpflichtung jeden Gesetzesverstoß der zuständigen kantonalen Behörde zu melden, die nach deren Ermessen weitere Sanktionen ergreifen kann (vgl. Art 9 EntsG-CH).

Im Rahmen der Kontrolle der Einhaltung der Anforderungen des Schweizer Entsendegesetzes führte der Kläger am 06.06.2006 auf der Baustelle in L. eine unangemeldete Kontrolle durch. Nach der Kontrolle hat der Kläger mit Datum vom 31.10.2008 eine Konventionalstrafe in Höhe von 1.000,00 CHF verhängt und den Beklagten zu der Übernahme von Verfahrenskosten in Höhe von 200,00 CHF sowie die Übernahme der Kontrollkosten in Höhe von 1.837,50 CHF auferlegt.

Mit der am 19.03.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht der Kläger diese Ansprüche gegen den Beklagten geltend.

Der Beklagte hat die fehlende internationale Zuständigkeit des erkennenden Gerichts sowie die fehlende Eröffnung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten gerügt.

Bei dem Kläger handele es sich um ein mit hoheitlichen Aufgaben und Befugnissen beliehenes Kontrollorgan. Aufgrund des Weisungsrechts der zuständigen Bundesbehörde gegenüber der Klägerin sei vorliegend eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gegeben, sodass bereits mangels Anwendbarkeit des Luganer Übereinkommens die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben sei.

Der Kläger hat demgegenüber die An...

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