Leitsatz

Geschiedene Eheleute stritten um die Zahlung der Morgengabe, zu deren Zahlung sich der Ehemann in der Heiratsurkunde des Heiratsnotariats in Teheran verpflichtet hatte.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren miteinander verheiratet gewesen. Anlässlich der Eheschließung am 10.11.1992 hatten sie die iranische Staatsangehörigkeit. Ausweislich der Heiratsurkunde des Heiratsnotariats in Teheran hatte sich der Ehemann u.a. zur Zahlung von RIs 15.000.000,00 als Morgengabe verpflichtet, die bei Forderung seitens der Ehefrau an sie geleistet werden sollten.

Die Parteien verließen im Jahre 1993 den Iran, waren anschließend in Deutschland anerkannte Asylberechtigte und hatten längere Zeit vor Rechtshängigkeit der Ehesache die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt. Die Scheidung der Ehe erfolgte auf Antrag beider Parteien durch Urteil des FamG vom 3.3.2006 nach deutschem Recht.

Die geschiedene Ehefrau erhob Klage auf Gewährung der Morgengabe i.H.v. von umgerechnet 13.204,60 EUR. Das erstinstanzliche Gericht hat den Beklagten zur Zahlung von 1.428,23 EUR und Übereignung der in der Heiratsurkunde aufgeführten Gegenstände verurteilt.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Berufung, die erfolgreich war.

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, die Klägerin habe Anspruch auf die von dem Beklagten in der notariellen Heiratsurkunde vom 10.11.1992 eingegangene Zahlungsverpflichtung aus der Morgengabe in geltend gemachter Höhe.

Die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts sei gegeben, da beide Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt und ihren allgemeinen Gerichtsstand in Deutschland hätten.

Die Vereinbarung der Parteien in der Urkunde des Heiratsnotariats in Teheran sei Teil des Eheschließungsvertrages, der dem iranischen Sachrecht unterliege. Die international-privatrechtliche Einordnung der Morgengabe, des "Mahr" - auch als Brautgabe bezeichnet - sei in der Rechtsprechung und Literatur seit jeher umstritten, weil es im deutschen Rechtssystem keine entsprechende Verpflichtung des Ehemannes ggü. der Ehefrau gebe und unterschiedliche Anknüpfungskriterien herangezogen würden, um die kollisionsrechtliche Einordnung vorzunehmen.

Teilweise werde die Morgengabe unterhaltsrechtlich qualifiziert und damit Art. 18 EGBGB unterworfen, teilweise werde an das Ehewirkungsstatut des Art. 14 EGBGB angeknüpft. Nach wiederum anderer Auffassung richte sich die Anknüpfung nach dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs und werde dem jeweiligen Ehewirkungsstatut zugeordnet.

Das OLG hielt es für sachgerecht, den Anknüpfungszeitpunkt nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB auf die Eheschließung zu beziehen und das Ehegüterrechtsstatut zugrunde zu legen. Dafür spreche zunächst, dass die in der notariellen Heiratsurkunde aufgenommene Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung eines Geldbetrages eine vertragliche und gleichermaßen gesetzliche Verpflichtung (§§ 1070, 1080 iranisches ZGB) begründe, wonach die Ehefrau sofort nach der Eheschließung Eigentum am Mahr erlange und jederzeit darüber verfügen könne. In ihrer Vereinbarung hätten sich die Parteien eng an die gesetzlichen Vorgaben des iranischen Familienrechts gehalten, ohne zusätzliche individuelle Regelung zu treffen. Tatsächlich hätten sie mit ihrer Vereinbarung lediglich die Regelung des § 1082 iranisches ZGB umgesetzt, wonach die Frau sofort nach der Eheschließung Eigentümerin des Mahr wird und darüber Verfügungen tätigen könne.

Wenn die Ehefrau in der Folgezeit während des Bestehens der Ehe keine Verfügungen über die Morgengabe treffe, sondern damit bis zur Scheidung der Ehe warte, sei entscheidend darauf abzustellen, dass die Ehefrau bereits seit der Eheschließung Eigentümerin des Mahr gewesen sei und ihr damit eine finanzielle Absicherung in der Ehe oder für die Zeit nach der Auflösung der Ehe zukommen sollte und Rechtssicherheit für die Frage, was und wann die Ehefrau aus der Morgengabe verlangen könne nur dann bestehe, wenn das Güterrechtsstatut angeknüpft werde.

Da das Mahr nicht hauptsächlich unterhaltsrechtliche Funktion erfülle, sondern Unterhaltsansprüche vielmehr unberührt lasse, erscheine es auch aus diesem Grunde am ehesten dem deutschen Güterrecht verwandt. Es biete der Ehefrau mit der Verpflichtung des Ehemannes zu sofortiger Zahlung eines Geldbetrages eine gewisse finanzielle Absicherung, die zwar abweichend von dem deutschen Zugewinnausgleichsanspruch bereits während der Ehe eingefordert werden könne und die auch insoweit von dem deutschen Güterrecht abweiche, als die Ehefrau mit der Eingehung der Ehe bereits das Eigentum am Mahr erlange.

Die gesetzlichen Regelungen, die in den in §§ 1087 iranisches ZGB ausdrücklich genannten Fällen griffen, führten vorliegend aber nicht zu einer anderen kollisionsrechtlichen Anknüpfung als der nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB. Sie seien als Anknüpfung für das anzuwendende Rechtsstatut nicht geeignet, da sie zwangsläufig zu einer Rechtsunsicherheit und zu einer Einschränkung der Rechte der Ehefrau an dem Mahr führen würden.

Der Heiratsvertrag mit der darin er...

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