Leitsatz (amtlich)

Die zu Werbezwecken vorgenommene tabellarische Auflistung der Unternehmen in Form einer reinen Namensliste auf einer Seite der Homepage einer auf die Vertretung von Kapitalanlegern spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei, gegen die die Rechtsanwälte dieser Kanzlei Mandate zur außergerichtlichen und/oder gerichtlichen Rechtsverfolgung erteilt wurden, stellt einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der in der Liste aufgeführten "Gegner" dar.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 16.12.2003; Aktenzeichen 27 O 548/03)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Berlin vom 16.12.2003 (27. O. 548/03) wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist eine Gesellschaft in Form der GmbH, die sich vorwiegend mit der Beratung und Vermittlung von Finanz- und Versicherungsanlagen befasst. Die Beklagte zu 1) ist eine Rechtsanwaltskanzlei, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert ist, die übrigen Beklagten sind Gesellschafter der Kanzlei. Die Kanzlei hat sich auf die Vertretung von Anlegern ggü. Banken und Finanzdienstleistern spezialisiert. Die Klägerin nimmt die Beklagten (im Berufungsrechtszug lediglich noch) auf Unterlassung der Benennung ihrer Person auf der Internetseite der Beklagten als Gegner gerichtlicher bzw. außergerichtlicher Auseinandersetzungen in Anspruch.

Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Das LG Berlin hat die Beklagten zur Unterlassung verurteilt und weiter gehende, im Berufungsverfahren nicht mehr gegenständliche Klageanträge auf Auskunft und Feststellung von Schadenersatzansprüchen abgewiesen.

Den Beklagten ist das Urteil des LG vom 16.12.2003 am 24.12.2004 zugestellt worden. Mit der am 26.1.2004 (Montag) eingelegten und nach Fristverlängerung bis zum 24.5.2004 am 19.5.2004 begründeten Berufung verfolgen die Beklagten den Klageabweisungsantrag auch bzgl. des Unterlassungsantrages.

Die Beklagten meinen, die Klägerin könne sich nicht auf ein Recht auf Anonymität berufen. Die Veröffentlichung des Namens der Klägerin in der Liste der Gegner gerichtlicher und außergerichtlicher Auseinandersetzungen von Mandanten erwecke keinen negativen Anschein. Es bestünde ein berechtigtes Informationsinteresse an der Veröffentlichung des Namens der Klägerin.

Die Beklagten beantragen, unter teilweiser Abänderung des Urteils des LG vom 16.12.2003 (27. O. 548/03) die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft in Form der GmbH, die sich vorwiegend mit der Beratung und Vermittlung von Finanz- und Versicherungsanlagen befasst. Die Beklagte zu 1) ist eine Rechtsanwaltskanzlei, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert ist, die übrigen Beklagten sind Gesellschafter der Kanzlei. Die Kanzlei hat sich auf die Vertretung von Anlegern ggü. Banken und Finanzdienstleistern spezialisiert.

Die Klägerin kann von den beklagten Rechtsanwälten gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB (analog), Art. 2 Abs. 1 GG Unterlassung verlangen, die Bezeichnung "A." (= Firma der Klägerin) auf ihrer Internetseite im Zusammenhang mit einer Liste von Gegnern, gegen die den Beklagten für eine außergerichtliche bzw. gerichtliche Tätigkeit Mandat erteilt worden ist, zu verwenden, denn diese Verwendung der Firma der Klägerin durch die Beklagten stellt eine Verletzung des unternehmerischen Persönlichkeitsrechts der Klägerin dar.

1. Kapitalgesellschaften können sich - wenn auch nur begrenzt - auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen. Eine Ausdehnung der Schutzwirkung dieses Rechts über natürliche Personen hinaus auf juristische Personen ist insoweit gerechtfertigt, als sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren Funktionen dieses Rechtsschutzes bedürfen. Das ist insb. der Fall, wenn sie in ihrem sozialen Geltungsanspruch als Arbeitgeber oder als Wirtschaftsunternehmen betroffen werden (BGH v. 8.2.1994 - VI ZR 286/93, AG 1994, 222 = GmbHR 1994, 330 = MDR 1994, 991 = CR 1994, 396 = NJW 1994, 1281). In diesem begrenzten Schutzbereich ist das unternehmerische Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch das Vorgehen der Beklagten bei der Gestaltung ihrer Internetseiten verletzt worden. Die Klägerin ist in ihrem sozialen Geltungsanspruch als Wirtschaftsunternehmen, in ihrer von dem unternehmerischen Persönlichkeitsrecht erfassten Geschäftsehre (OLG Köln AfP 2001, 332) betroffen.

2. Ob eine Verletzung dieses Rechts vorliegt, ist jeweils anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen; denn - wie beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch - liegt...

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