Leitsatz (amtlich)

1. Es ist ausschließlich das für Gewerbemietverhältnisse geltende Recht anzuwenden, wenn eine Wohnung nebst Atelierräumen an einen freischaffenden Künstler vermietet wird und dieser in den Räumen seinen Lebensunterhalt verdient.

2. Gesetzliche Mieterhöhungsrechte bestehen dann für den Vermieter nicht. Die vorbehaltlose Zahlung des Erhöhungsbetrages führt zu einer Vertragsänderung, auch wenn beide Parteien von einem Wohnraummietverhältnis ausgingen; hier kann nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage allenfalls eine Änderung für die Zukunft verlangt werden.

 

Normenkette

BGB § 535 a.F.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 34 O 763/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19.6.2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 34 des LG Berlin geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.427,63 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 11.9.1999 zu zahlen. Die weiter gehende, im ersten Rechtszug erhobene Zahlungsklage wird, soweit die Parteien nicht den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Auf die im Berufungsrechtszug erweiterte Klage wird der Beklagte ferner verurteilt, an die Klägerin 5.526,21 Euro zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszuge haben die Klägerin 14,84 % und der Beklagte 85,16 % zu tragen.

Von den Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszuge haben die Klägerin 31 % und der Beklagte 69 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg; i.Ü. war die Berufung des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen. Die als unselbstständige Anschlussberufung zulässige Anschlussberufung der Klägerin hat nach teilweiser Rücknahme der im Berufungsrechtszug erweiterten Klage in vollem Umfange Erfolg. Im Einzelnen ergibt sich Folgendes:

A. Berufung des Beklagten:

1. Restmiete 1998:

Soweit die Klägerin Restmiete für das Jahr 1998 einklagt, ist die Klage unschlüssig. Die Klägerin trägt nicht vor, für welchen Monat sie den Anspruch im Einzelnen geltend macht. Vielmehr macht sie einen Saldo geltend, der sich daraus ergibt, dass die nach ihrer Ansicht geschuldeten Beträge und die Zahlungen des Beklagten bzw. zu seinen Gunsten erfolgten Gutschriften in Abzug gebracht werden. Damit bleibt hier offen, für welche Monate im Einzelnen der restliche Betrag geltend gemacht wird. Letzteres ist auch aus der Abrechnung nicht ohne weiteres zu ersehen, da der Beklagte befugterweise teilweise Verrechnungsbestimmungen getroffen hat, wie z.B. für Januar und Februar 1998 und für November 1998. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Zudem hat die Klägerin zu Lasten des Beklagten auch Gerichtskosten in die Berechnung mit einbezogen. Das LG hat im angefochtenen Urteil einen Rückstand für November 1998 i.H.v. 844,93 DM festgestellt. Auch diese Feststellung beruht aber letztlich nur auf einer Saldierung und berücksichtigt nicht, dass der Beklagte gerade für seine Zahlung i.H.v. 1.400 DM eine Zahlungsbestimmung für die Miete November 1998 getroffen hat.

Es ist nicht Sache des Senats herauszufinden, für welche Zeiträume im Einzelnen der Restbetrag anfällt. Vielmehr ist es Sache der Klägerin, im Einzelnen darzutun, welche einzelnen monatlichen Mietzinsen nicht beglichen worden sind. Daran fehlt es auch in der Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 14.2.2001.

Die Berufung hat daher insoweit Erfolg, als der Klägerin für das Jahr 1998 ein Betrag von 844,93 DM zugesprochen worden ist.

2. Miete für Januar 1999:

Der insoweit geltend gemachte Mietzins ergibt sich nach dem Vortrag der Klägerin aus der Vereinbarung im Mietvertrag der Parteien i.V.m. den einzelnen Mieterhöhungserklärungen der Klägerin. Insoweit wendet der Beklagte zu Recht ein, dass die Mieterhöhungserklärungen nicht berechtigt waren, wenn das Mietverhältnis der Parteien ein Gewerbemietverhältnis war. Von Letzterem ist das AG Mitte in seinem Verweisungsbeschluss vom 19.11.1999 zutreffend ausgegangen. Der diesbezüglichen Begründung ist zu folgen. Die Ausführungen der Klägerin im Berufungsverfahren hiergegen sind nicht überzeugend. Es mag zutreffen, dass im Zweifel Wohnmietrecht anzuwenden ist. Derartige Zweifel liegen aber nicht vor. Nach der vom AG Mitte in dem Verweisungsbeschluss zitierten Rechtsprechung des BGH (BGH ZMR 1986, 280) kommt es im Wesentlichen darauf an, ob der Wohnzweck oder der Gewerbezweck bei einem Mischmietverhältnis überwiegt. Unstreitig ist dem Beklagten die Wohnung einschl. der Atelierräume im Hinblick darauf überlassen worden, dass er dort nicht nur wohnen, sondern auch sein Gewerbe als freischaffender Künstler hat ausüben sollen. Danach ist von Folgendem auszugehen: Der Gewerbezweck des Mietverhältnisses überwiegt nicht nur deshalb, weil die größere Fläche des Mietobjekts (63 % nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten) von den Atelierräumen eingenommen wird, sondern vor allem auch deshal...

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