Leitsatz (amtlich)

1. Wird im Rahmen eines Antragsverfahrens in einem mit notariellem Schreiben eingeleiteten Beschwerdeverfahren der Name des Beschwerdeführers nicht angegeben, so gilt die Beschwerde im Zweifel als im Namen aller beschwerdebefugten Antragsberechtigten bzw. -verpflichteten eingelegt, für die der Notar tätig geworden ist.

2. Die Vorschrift des § 4a GmbHG muss auch bei der förmlichen Sitzverlegung der GmbH gewahrt bleiben.

3. Ein Satzungsänderungsbeschluss, der gegen § 4a GmbHG verstößt, ist analog § 241 Nr. 3 Fall 3 AktG nichtig und darf nicht ins Handelsregister eingetragen werden; vielmehr bleibt der ursprünglich festgelegte Sitz weiterhin gültig.

4. Hat die Beteiligte bei Anmeldung der Sitzverlegung bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben, kann das Registergericht auf größere wirtschaftliche Schwierigkeiten der Beteiligten und darauf schließen, dass sie nicht mehr über hinreichende liquide Mittel verfügt, um eine werbende Tätigkeit auszuüben.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 99 AR 1324/11 B)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten vom 24.3.2011 gegen die Zwischenverfügung des AG Charlottenburg vom 28.2.2011 wird zurückgewiesen.

2. Der Verfahrenswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Beteiligte meldete am 9.2.2011 eine Satzungsänderung vom 4.2.2011 an. Der Sitz der Gesellschaft wurde von Buchholz nach Berlin verlegt.

Das AG Charlottenburg hat mit Zwischenverfügung vom 28.2.2011 u.a. gerügt, das AG Tostedt habe mitgeteilt, dass die Beteiligte zum Az. 11 M 52/11 die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Dies lasse den Schluss zu, dass sie nicht mehr über hinreichende liquide Mittel verfüge, um eine werbende Tätigkeit auszuüben. Eine Sitzverlegung sei unter diesen Umständen rechtsmissbräuchlich.

Gegen diese Zwischenverfügung hat der anmeldende Notar insoweit am 24.3.2011 Beschwerde eingelegt und beantragt, ihm zur Begründung eine Frist von zwei Monaten einzuräumen. Das AG Charlottenburg hat die Begründungsfrist bis zum 21.4.2011 gesetzt. Nach ergebnis-losem Fristablauf hat es der Beschwerde mit Beschluss vom 3.5.2011 nicht abgeholfen.

Eine Beschwerdebegründung ist auch weiterhin nicht eingegangen.

B. Die Beschwerde der Beteiligten hat keinen Erfolg.

I) Die Beschwerde ist zulässig. Zwar handelt es sich bei der hier angegriffenen Zwischenverfügung um keine Endentscheidung gem. § 58 Abs. 1 FamFG, so dass dagegen nur dann eine Be-schwerde möglich ist, wenn diese gesetzlich zugelassen ist. Diese Zulassung ist für das Handels-registerverfahren in § 382 Abs. 4 FamFG vorgesehen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.11.2010 - 20 W 333/10, zitiert nach juris, Rz. 22). Sie ist nach § 382 Abs. 4 FamFG statthaft und gem. §§ 63, 64 FamFG form- und fristgemäß eingereicht. Die Beteiligte ist nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdebefugt. Zwar hat der die Beschwerde einreichende Notar nicht mitgeteilt, ob er das Rechtsmittel namens der Beteiligten oder im eigenen Namen als beurkundender Notar einlegt. Wird aber im Rahmen eines Antragsverfahrens in einem mit notariellem Schreiben eingeleiteten Beschwerdeverfahren der Name des Beschwerdeführers nicht angegeben, so gilt die Beschwerde im Zweifel als im Namen aller beschwerdebefugten Antragsberechtigten bzw. -verpflichteten eingelegt, für die der Notar tätig geworden ist (OLG Nürnberg, Beschl. v. 18.4.2011 - 12 W 631/11), hier für die Beteiligte.

Richtet sich die Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung des Registergerichts gem. § 374 Nr. 1, § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG hinsichtlich eines Eintragungsantrages einer GmbH, so ist die Gesellschaft beschwerdeberechtigt, mangels Verletzung eigener Rechte aber nicht der die Be-schwerde einlegende Notar (OLG Nürnberg, a.a.O.). Letzterer wird lediglich als Bevollmächtigter (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, § 378 Abs. 2 FamFG) tätig (OLG Nürnberg, a.a.O.).

Hier ist zugunsten der Beteiligten davon auszugehen, dass der Notar die Beschwerde in ihrem Namen einlegen wollte.

II) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Die Beteiligte hat - nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vor dem für den bisherigen Gesellschaftssitz zuständigen AG Tostedt am 12.1.2011 zum Az. 11 M 52/11 durch Satzungsänderungsbeschluss vom 4.2.2011 den Gesellschaftssitz von Buchholz nach Berlin verlegt. Die dazu gem. § 13h Abs. 1 HGB notwendige Eintragung ins Handelsregister muss jedoch unterbleiben, weil die materiellen Sitzbestimmungsanforderungen des § 4a nicht vorliegen.

Nach § 4a GmbHG ist Sitz der GmbH der Ort im Inland, den der Gesellschaftsvertrag bestimmt. Dabei muss die Sitzwahl nicht mehr zwingend in örtlichem Zusammenhang mit Betrieb, Ge-schäftsleitung oder Verwaltung der Gesellschaft stehen (Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 4a Rz. 4). Jedoch darf sie nicht missbräuchlich ausgeübt werden (Baumbach/Hueck/Fastrich, a.a.O.). Die Vorschrift des § 4a GmbHG muss auch bei der förmlichen Sitz-verlegung gewahrt bleiben (vgl. zum früheren § 4a Abs. 2 GmbHG: BayObLG, Beschl. v. 8.9.2003 - 1Z AR 86/03, zitiert nach...

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