Leitsatz (amtlich)

1. Eine besondere Prüfungspflicht trifft das Registergericht immer dann, wenn begründete Zweifel bestehen,

ob die vom Antragsteller eingereichte Urkunde die beantragte Eintragung rechtfertigt.

2. Zur Vermutungswirkung einer vom Notar unterzeichneten und gesiegelten Urkunde.

3. Zur missbräuchlichen Verwendung eines angeblich abhanden gekommenen Notarsiegels.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 27.01.2011; Aktenzeichen 82 HRB 101466 B)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. vom 14.2.2011 gegen den Beschluss des AG Charlottenburg vom 27.1.2011 wird zurückgewiesen.

2. Der Verfahrenswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Beteiligte zu 1. meldete am 21.10.2010 mit der Urkunde Nr. 306/2010 des Notars ...H.(Bl. II 32) die Beteiligte zu 2. als auf der unter Bezug auf die Gesellschafterliste vom 4.10.2010 durchgeführten Gesellschafterversammlung vom 19.10.2010 neu bestellte, stets alleinvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführerin zur Eintragung in das Handelsregister an. Laut der Gesellschafterliste vom 4.10.2010 des Notars ...B...(Bl. I 158) enthielt diese die Veränderungen, die sich aufgrund der UR-Nr. 444/2010 des Notars B...vom 4.10.2010 ergaben. Mit Schriftsatz vom 5.11.2010 (Bl. I 166) teilte Notar B...dem AG Charlottenburg mit, der Notarvermerk auf der Gesell-schafterliste der Beteiligten zu 1. vom 4.10.2010 sei unrichtig. Der Notarvermerk sei auf Grund von falschen Voraussetzungen zustande gekommen. Ferner beantragte er die Rücknahme der Anträge betreffend die Urkunden Nr. 395/10 und 399/10 (Bl. I 162). Er wandte sich am 22.10.2010 telefonisch an das Registergericht und teilte der zuständigen Rechtspflegerin mit, ihm sei das Siegel entwendet und von diesem rechtsmissbräuchlich bei Herstellung der genannten Urkunden Gebrauch gemacht worden (Bl. II 52). Mit Urkunde UR-Nr. 307/2010 des Notars Hoffmann vom 20.10.2010 widerrief die Beteiligte zu 2. im Namen der Beteiligten zu 1. alle von dieser dem Notar Bloedorn erteilten Vollmachten (Bl. II 41 f.).

Das AG Charlottenburg hat mit Beschluss vom 27.1.2011 den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass nach Mitteilung des Notars B.der Gesellschafterliste vom 4.10.2010 eine Falschbeurkundung zugrunde liege.

Gegen den der Beteiligten zu 1. zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 2. mit am 18.2.2011 beim Registergericht eingegangenen Schreiben vom 14.2.2011 Beschwerde eingelegt. Eine Falschbeurkundung könne bereits deshalb nicht vorliegen, weil der Notar B.auf der Urkunde - UR-Nr. 444/2010 - nach Verlesung selbst - wie üblich - handschriftlich das Wort "Notar" ergänzt habe. Im Übrigen seien die dortigen Beurkundungen in der Urkunde des Notars H.vom 8.2.2011 (Bl. III 44 ff.) - UR-Nr. 54/2011 - wiederholt worden, so dass die Gesellschafterliste vom 4.10.2010 ebenso zutreffe wie die nunmehr von Notar H.erstellte Liste vom 8.2.2011 (Bl. III 58). Im Übrigen benutze Notar B.das Handelsregister zur Durchführung einer Firmenbeerdigung. Unter Überreichung einer Gesellschaftsanteilsübertragung vom 8.2.2011 zur UR-Nr. 54/2011 des Notars H.und das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom selben Tage meldete die Beteiligte zu 1. die Beteiligte zu 2. als neue Geschäftsführerin zur Eintragung ins Handelsregister an.

Das AG Charlottenburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

B. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. hat keinen Erfolg.

I) Die Beschwerde ist zwar zulässig. Sie ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft, gem. §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Beteiligte zu 2. ist nach § 59 Abs. 1 FamFG auch beschwerdebefugt.

II) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Das AG Charlottenburg hat zu Recht den Antrag vom 20.10.2010 auf Eintragung der Beteiligten zu 2. als neuer Geschäftsführerin zurückgewiesen.

Gemäß § 39 GmbHG sind der bei jeder Änderung in den Personen der Geschäftsführer und bei der Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers vorzunehmenden Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister (§ 39 Abs. 1) die Urkunden über die Bestellung des Geschäftsführers oder über die Beendigung der Vertretungsbefugnis in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen (§ 39 Abs. 2). Anhand dieser Urkunden hat das Registergericht zu prüfen, ob sie die beantragte Eintragung rechtfertigen.

Die von der Beteiligten zu 1. vorgelegten Urkunden rechtfertigen die beantragte Eintragung der Beteiligten zu 2. als Geschäftsführerin in das Handelsregister jedoch nicht.

Dabei kommt es auf den entsprechenden Antrag des Notars B.vom 4.10.2010 nicht an. Dieser ist nämlich gegenstandslos, nachdem die Beteiligte zu 1. mit Urkunde Nr. 307/2010 des Notars Hoffmann alle Vollmachten des Notars B.widerrufen hatte.

Entscheidend ist damit die Anmeldung des Notars H.zu dessen UR-Nr. 306/2010 vom 20.10.2010 (Bl. II 36). Bei der Antragstellung nahm er Bezug auf die Gesellschafterversammlung der Beteiligten zu 1. vom 19.10.2010, die ...

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