Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsvergütung im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren. Anrechnung von Zahlungen nach § 9 des Beratungshilfegesetzes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren entsteht keine Gebühr des Rechtsanwalts für ein "vorbereitendes Verfahren". Die Stellung des Antrags auf Rehabilitierung und die Vorbereitung eines solchen Antrags werden von der Gebühr nach Nr. 4112 VV-RVG mit abgegolten.

2. Der Rechtsanwalt ist an sein im Rahmen des § 14 RVG ausgeübtes Ermessen gebunden. Die in der Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung "hilfsweise" vorgenommene Abrechnung für den Fall, dass Nr. 4104 VV-RVG im Rehabilitierungsverfahren keine Anwendung finde, ist daher nicht zulässig.

3. Von den Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach § 9 des Beratungshilfegesetzes erhalten hat, wird gemäß § 58 Abs. 1 RVG auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung allein die Nettoberatungsgebühr angerechnet. Die im Rahmen der Beratungshilfe gezahlten Auslagen nach Nr. 7002 VV-RVG sowie der Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV-RVG sind nicht anzurechnen.

 

Normenkette

VV-RVG Nrn. 4104, 4112, 7002, 7008; RVG §§ 14, 58 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 01.11.2013; Aktenzeichen (551 Rh) 152 Js 389/13 Reha (286/13))

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts J. gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Berlin vom 1. November 2013 wird mit der Maßgabe verworfen, dass die notwendigen Auslagen des Betroffenen um weitere 7,14 Euro auf 464,16 Euro festgesetzt werden.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Das Landgericht Berlin hat den Betroffenen im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren rehabilitiert und seine notwendigen Auslagen der Landeskasse auferlegt. Der Betroffene hat seinen Erstattungsanspruch an Rechtsanwalt J. abgetreten, der ihn im Rehabilitierungsverfahren nach vorangegangener Beratungshilfe vertreten hatte. Auf den Kostenfestsetzungsantrag des Rechtsanwalts, der sich auf insgesamt 726,02 Euro beläuft, hat die Rechtspflegerin des Landgerichts mit dem angefochtenen Beschluss den Erstattungsbetrag auf 457,02 Euro festgesetzt. Das als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel des Rechtsanwalts, mit dem er sich vor allem dagegen wendet, dass die Rechtspflegerin die von ihm unter Berufung auf Nr. 4104 VV RVG i.V.m. Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG geltend gemachte Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren in Höhe von 140,00 Euro nicht anerkannt hat, ist zulässig, hat aber im Wesentlichen keinen Erfolg.

1. Mit Recht hat die Rechtspflegerin die von dem Beschwerdeführer beanspruchte "Gebühr für das vorbereitende Verfahren" abgesetzt. Eine solche entsteht im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren nicht, weil es hier kein "vorbereitendes Verfahren" gibt; die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4112 VV RVG deckt den gestellten Antrag und dessen Vorbereitung ab (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - 1 Ws Reha 34/11 - bei juris = RVGreport 2012, 152 mit zustimmender Anmerkung Burhoff; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG 21. Aufl., Vorbem. 4 VV RVG Rdn. 8).

Die in der Beschwerde "hilfsweise" vorgenommene Abrechnung für den Fall, dass Nr. 4104 VV RVG im Rehabilitierungsverfahren keine Anwendung finde, ist nicht zulässig. Der Beschwerdeführer hatte im Kostenfestsetzungsantrag mit dem Ansatz der Grund- und der Verfahrensgebühr von seinem Bestimmungsrecht gemäß § 14 RVG Gebrauch gemacht. Nach den maßgeblichen Grundsätzen ist er an sein einmal ausgeübtes Ermessen gebunden (vgl. Senat, Beschluss vom 31. Juli 2009 - 1 Ws 91/09 -; Gerold/Schmidt/Mayer aaO., § 14 Rdn. 4). Seine Annahme, darüber hinaus auch die Gebühr für ein vorbereitendes Verfahren geltend machen zu können, ist als rechtlich unbeachtlicher Motivirrtum zu bewerten.

2. Zutreffend beanstandet der Beschwerdeführer allerdings, dass die Rechtspflegerin auf den zu erstattenden Betrag nach § 58 Abs. 1 RVG nicht nur die gezahlte Beratungsgebühr in Höhe von 30,00 Euro (Nr. 2501 VV RVG a.F.), sondern auch die im Rahmen der Beratungshilfe gezahlten Auslagen nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 6,00 Euro sowie der Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 6,84 Euro angerechnet hat. Hierfür fehlt eine Rechtsgrundlage. Anzurechnen ist allein die Nettoberatungsgebühr.

3. Es ergibt sich somit folgender Erstattungsanspruch des Beschwerdeführers:

Grundgebühr, Nr. 4100 VV RVG

165,00 Euro

Verfahrensgebühr, Nr. 4112 VV RVG

155,00 Euro

Dokumentenpauschale (417 Ablichtungen), Nr. 7000 VV RVG

80,05 Euro

Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG

20,00 Euro

Zwischensumme

420,05 Euro

Abzgl. bereits erhaltene Beratungsgebühr

30,00 Euro

Zwischensumme

390,05 Euro

Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG

74,11 Euro

Gesamtsumme

464,16 Euro

Abzüglich des bereits festgesetzten und ausgezahlten Betrages von 457,02 Euro beläuft sich der dem Beschwerdeführer zu erstattende Restbetrag somit auf 7,14 Euro.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Der...

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