Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 23.02.2001; Aktenzeichen (562) 51 Js 332/00 Ns (178/00))

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. Februar 2001 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Bedrohung, zu einer Gesamtgeldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 50,- DM verurteilt. Seine Berufung hat das Landgericht durch das angefochtene Urteil gemäߧ 329 Abs. 1 Satz 1 StPO verworfen. Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift folgendes ausgeführt:

"Die Revision, mit der der Angeklagte ersichtlich die Verletzung formellen Rechts rügen will, ist nicht zulässig erhoben.

Soweit der Angeklagte die Verfahrensrüge erheben will, das Gericht habe den Begriff der genügenden Entschuldigung verkannt, ist diese Rüge nicht entsprechend § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ordnungsgemäß ausgeführt. Danach sind die den Mangel enthaltenen Tatsachen so vollständig und genau mitzuteilen, daß das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung prüfen kann, ob die Rüge begründet ist, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 344 Rdnr. 21). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Revision nicht. Hierbei kann dahinstehen, ob auch der Vortrag zu dem einen Tag vor Eingang der Revisionsbegründung angebrachten Wiedereinsetzungsgesuch, auf das die Revision Bezug nimmt und das der Revisionsschrift nochmals in beglaubigter Abschrift - ohne Unterschrift des Verteidigers - beigefügt ist, beachtlich ist; denn auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens entspricht die Revisionsbegründung nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.

Zwar ist grundsätzlich die Rüge, das Ausbleiben des Angeklagten habe nicht als unentschuldigt angesehen werden dürfen, genügend, um eine Überprüfung der schriftlichen Urteilsgründe durch das Revisionsgericht herbeizuführen (vgl. OLG Hamm NJW 1963, 65; KG, Beschluß vom 14. Januar 1997 - 4 - 144/97 -). Wird ein Verwerfungsurteil nach § 329 Abs. 1 StPO mit der Revision angegriffen, sind dem Revisionsgericht - anders als im Wiedereinsetzungsverfahren - jedoch eigene Feststellungen zur Frage des Entschuldigtseins verwehrt. Es prüft lediglich, ob das Landgericht den Rechtsbegriff der genügenden Entschuldigung verkannt hat. Dabei ist das Revisionsgericht auf die Nachprüfung der mitgeteilten Urteilsgründe beschränkt (vgl. OLG Hamm VRS 68, 55, 56; KG, Beschluß vom 20. Dezember 2000 - 5 Ws (B) 196/00 - jeweils zu § 74 Abs. 2 OWiG). Um dem Revisionsgericht die gebotene Prüfung zu ermöglichen, muß sich das die Berufung gemäߧ 329 Abs. 1 StPO verwerfende Urteil mit den vom Angeklagten vorgebrachten Entschuldigungsgründen auseinandersetzen (vgl. OLG Koblenz VRS 73, 51, 52; KG a.a.O.). Dies gilt aber nur für Entschuldigungsgründe, die dem Gericht bei Erlaß des Verwerfungsurteils bekannt waren oder die es hätte erkennen müssen (vgl. BayOblG NStZ-RR 1997, 182 m.w.N.; OLG Düsseldorf VRS 80, 465; KG, Beschlüsse vom 1. August 1994 - 3 Ws (B) 246/94 - und vom 7. September 2000 - 5 Ws (B) 577/00 -).

Daher genügt die Verfahrensrüge in den Fällen, in denen sich das Urteil - wie hier - nicht mit möglichen Entschuldigungsgründen auseinandersetzt, nur dann den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, wenn mit ihr vorgetragen wird, der Angeklagte habe sich bereits vor Erlaß des Verwerfungsurteils auf die von ihm geltend gemachten Entschuldigungsgründe berufen (vgl. BayObLG a.a.O.; OLG Düsseldorf VRS 80, 465; KG a.a.O.). Vorliegend teilt die Revision zwar mit, daß der Verteidiger in der Geschäftsstelle des Landgerichts angerufen und angekündigt habe, daß er sich aufgrund eines plötzlichen Witterungseinbruches und der darauf beruhenden verheerenden Straßenverhältnisse verspäten würde. Daraufhin habe ihm die Geschäftsstellenbeamtin mitgeteilt, daß ohnehin mit einem deutlich verspäteten Beginn der Hauptverhandlung zu rechnen sei. Der Verteidiger habe diese Auskunft dem bereits in seinem Fahrzeug auf dem Weg zum Gericht befindlichen Angeklagten weitergegeben und der Angeklagte habe darauf erklärt, daß er es vermutlich selbst erst kurz vor 9.30 Uhr schaffen würde, das Gericht zu erreichen. Diesem Tatsachenvorbringen ist weder zu entnehmen, daß die Kammer von dem Anruf des Verteidigers in der Geschäftsstelle Kenntnis erlangte noch daß dem Verteidiger die Übermittlung der Nachricht seiner Verspätung an das Gericht von Seiten der Geschäftsstelle zugesagt wurde (vgl. KG, Beschluß vom 8. März 2000 - 5 - 11/00 -) oder daß der Kammer die dem Verteidiger nach seinem Vorbringen erhaltene Auskunft der Geschäftsstelle vor Erlaß des Verwerfungsurteil bekannt war. Ebenso wird nicht mitgeteilt, ob das Gericht Kenntnis von dem Telefongespräch zwischen dem Verteidiger und dem Angeklagten hatte oder ihm auch nur bekannt war,...

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