Leitsatz (amtlich)

1. Im Notarkostenbeschwerdeverfahren (nach altem Recht) ist die anwaltliche Vergütung nach Nr. 3500 VV zu bemessen.

2. Von einer Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG ist auch bei mehreren Verfahren dann ausnahmsweise auszugehen, wenn diese von einem einheitlichen Auftrag umfasst werden, zwischen den Gegenständen der Verfahren ein innerer Zusammenhang besteht und der Rechtsanwalt einen einheitlichen Tätigkeitsrahmen wahrt (gleichlautende Schriftsätze mit identischer Argumentation).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 09.09.2009; Aktenzeichen 82 T 256+258-275/09+292/09)

 

Tenor

In Änderung der angefochtenen Beschlüsse werden die nach dem Beschluss des LG Berlin vom 9.9.2009 von dem Beschwerdegegner an die Beschwerdeführerin zu erstattenden Kosten auf - lediglich -620 EUR - in Worten: sechshundertzwanzig Euro - nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.7.2009 festgesetzt.

Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Der Wert der Beschwerde beträgt bis 4500 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin hat in dem vorliegenden Verfahren gegen vollstreckbare Ausfertigungen verschiedener Kostenberechnungen des Beschwerdegegners vom 11.2.2009, in der berichtigten Fassung vom 11.3.2009, Beschwerde nach § 156 KostO eingelegt. Das LG Berlin hat durch Beschluss vom 6.7.2009 die Kostenberechnungen, wegen derer genauen Bezeichnung auf den Tenor des landgerichtlichen Beschlusses Bezug genommen wird, ggü. der Beschwerdeführerin aufgehoben, weil diese nicht Kostenschuldnerin sei.

Für das Beschwerdeverfahren hat die Kostenbeamtin des LG die der Beschwerdeführerin zu erstattenden Kosten durch Beschluss vom 9.9.2009 in der Form des Berichtigungsbeschlusses vom 9.2.2010 auf 5.137,60 EUR festgesetzt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass es sich entsprechend dem Kostenfestsetzungsantrag der Beschwerdeführerin bei den Kostenrechnungen um verschiedene Angelegenheiten im Beschwerdeverfahren handele und die Gebühren gem. Nr. 3100 RVG-VV berechnet werden können.

Die Rechtspflegerin hat mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9.9.2009 antragsgemäß für jedes Beschwerdeverfahren gegen die jeweiligen Kostenberechnungen des Beschwerdegegners eine 1,3 Verfahrensgebühr gemäß RVG VV Nr. 3100 sowie die Auslagenpauschale gemäß VV Nr. 7002 festgesetzt, insgesamt 5137,60 EUR. Als Gegenstandswert hat sie jeweils den Rechnungsbetrag angesetzt.

Der Beschwerdegegner ist der Auffassung, im Kostenbeschwerdeverfahren nach § 156 KostO sei nur eine 0,5 Verfahrensgebühr nach RVG VV Nr. 3500 entstanden. Zudem betreffe das Beschwerdeverfahren identische Sachverhalte, weshalb nur von einer Angelegenheit mit Addition der Gegenstandswerte auszugehen sei.

Er beantragt zudem, das Verfahren gem. §§ 13a Abs. 3 FGG, 104 Abs. 3 Satz 2 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung des BVerfG über die mit Schriftsatz vom 22.12.2009 eingelegte Verfassungsbeschwerde (Az. 2 BVR 2971/09) auszusetzen.

II. Die gem. § 13a Abs. 3 FGG, §§ 103 ff. ZPO statthafte sofortige Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat, ist gem. §§ 567, 569 ZPO zulässig und begründet.

1. Eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die eingelegte Verfassungsbeschwerde ist nicht veranlasst. Bei der Verfassungsbeschwerde handelt es sich nicht um einen zusätzlichen Rechtsbehelf zum fachgerichtlichen Verfahren, sondern um ein eigenständiges, besonderes Rechtsschutzmittel zur prozessualen Durchsetzung der Grundrechte oder diesen gleichgestellter Rechte (vgl. BVerfG NJW 1987, 1191 m.w.N.), das im Falle des Erfolges zur Durchbrechung der Rechtskraft führt. Sie hindert mithin nicht die Entscheidung im vorliegenden Verfahren, unabhängig davon, ob ohnehin eine Aussetzung nur bei Annahme der Verfassungsbeschwerde durch das BVerfG in Betracht käme (vgl. OVG Bremen, NVwZ-RR 2009, 273).

2. Die Verfahrensgebühr bestimmt sich vorliegend in Abweichung zur Auffassung der Kostenbeamtin nach RVG VV Nr. 3500, so dass die Beschwerde insoweit Erfolg hat.

Der Senat hat in NJOZ 2009, 4596, 4597 ausgeführt:

"Für die Notarkostenbeschwerde nach § 156 KostO hat das LG Berlin (AGS 2006, 484) entschieden, dass dem Verfahrensbevollmächtigten die Gebühren nach Nrn. 3100 ff. VV-RVG und nicht nach Nrn. 3500 ff. entstehen; denn dieses Verfahren sei kostenrechtlich als erstinstanzliches Verfahren zu behandeln (zust. N. Schneider in: AnwKomm/RVG Rz. 6 zu VV 3500 [dort mit Fehlzitat, da es zu Fn.4 statt KG LG heißen muss])...

Die Notarkostenbeschwerde ist in § 156 KostO zwar als Beschwerde gegen die Kostenberechnung des Notars (§ 154 KostO) ausgestaltet, unterscheidet sich insoweit aber nicht von der Beschwerde gegen den gerichtlichen Kostenansatz nach § 14 Absatz III KostO. Das legt es nahe, die Gebühr nach Nr. 3500 VV-RVG zu bestimmen, zumal auch das erstinstanzliche Verfahren der Erinnerung unter diese Bestimmung fällt. Andererseits hat der Gesetzgeber der Eigenart des gegen die Notarkostenberechn...

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