Leitsatz (amtlich)

1. In Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz ist die Ablehnung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung mangelnder Erfolgsaussicht stets - unabhängig vom Streitwert - unanfechtbar.

2. Die Regelung in § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist Ausdruck des Grundgedankens, dass der Rechtsmittelzug bezüglich der Prozesskostenhilfebewilligung grundsätzlich nicht weitergehen soll als der Rechtszug in der Hauptsache; das Beschwerdegericht darf also die vom erstinstanzlichen Gericht verneinten Erfolgsaussichten nur dann prüfen, wenn auch die Hauptsache zu ihm als Rechtsmittelgericht gelangen kann.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 09.10.2017; Aktenzeichen 596 StVK 326/17 Vollz)

 

Tenor

Das als sofortige Beschwerde auszulegende Rechtsmittel des Gefangenen gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 9. Oktober 2017 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

 

Gründe

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht Berlin den Antrag des Gefangenen auf Gewährung von Prozesskostenhilfe in einem Verfahren nach den §§ 109 ff. StVollzG abgelehnt.

1. Das hiergegen gerichtete, als sofortige Beschwerde auszulegende Rechtsmittel des Gefangenen ist unzulässig. Die ablehnende Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist unanfechtbar, weil sie mit mangelnder Erfolgsaussicht des Hauptsacheantrags begründet wurde. Dies gilt unabhängig davon, wie hoch der Streitwert - den die Strafvollstreckungskammer nicht festgesetzt hat - im vorliegenden Verfahren zu bemessen wäre.

Zwar ist nach dem Wortlaut des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, auf den § 120 Abs. 2 StVollzG verweist, bei einer Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, die - wie hier - (jedenfalls auch) auf mangelnde Erfolgsaussicht des Hauptsacheantrags gestützt wird, das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag - derzeit 600 Euro - übersteigt. Hieraus lässt sich indes nicht herleiten, dass auch in Verfahren nach §§ 109 ff. StVollzG bei Erreichen eines Streitwertes in dieser Höhe die sofortige Beschwerde zulässig ist. Vielmehr ist bei der entsprechenden Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu beachten, dass die sofortige Beschwerde nach dieser Vorschrift nur gegen Entscheidungen der ersten Instanz eingelegt werden kann (§ 567 Abs. 1 ZPO), nicht aber gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch das Landgericht oder das Oberlandesgericht als Rechtsmittelgericht (vgl. Geimer in Zöller, ZPO 32. Aufl., § 127 Rdn. 10, 46). Die Regelung in § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist Ausdruck des Grundgedankens, dass der Rechtsmittelzug bezüglich der Prozesskostenhilfebewilligung grundsätzlich nicht weitergehen soll als der Rechtszug in der Hauptsache; das Beschwerdegericht darf also die vom erstinstanzlichen Gericht verneinten Erfolgsaussichten nur dann prüfen, wenn auch die Hauptsache zu ihm als Rechtsmittelgericht gelangen kann (vgl. Geimer, a.a.O., § 127 Rdn. 47 m.w.N.). Die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde knüpft daher durch die Verweisung auf § 511 ZPO an die für die Zulässigkeit der Berufung maßgebliche Wertgrenze an.

Nach diesen Grundsätzen ist in Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz die Ablehnung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung mangelnder Erfolgsaussicht stets - also unabhängig vom Streitwert - unanfechtbar. Da der Beschwerderechtszug in der Nebensache Prozesskostenhilfe nicht länger als der Rechtszug in der Hauptsache sein darf, darf im Prozesskostenhilfeverfahren kein Rechtsmittel zu einer Instanz (dem Oberlandesgericht) eröffnet werden, welche in der Hauptsache (dem Rechtsbeschwerdeverfahren gemäß §§ 116 ff. StVollzG) nicht als Tatsacheninstanz fungiert (vgl. HansOLG Hamburg FS 2009, 100 - juris Rdn. 8; Beschluss vom 24. Februar 2006 - 3 Vollz [Ws] 25/06 - juris; OLG Naumburg, Beschluss vom 9. September 2003 - 1 Ws 275/03 - juris; Laubenthal in SBJL, StVollzG 6. Aufl., § 120 Rdn. 5; Bachmann in LNNV, Strafvollzugsgesetze 12. Aufl., Abschnitt P Rdn. 140; Spaniol in AK-StVollzG 7. Aufl., § 120 Rdn. 20; teilweise missverständlich Arloth/Krä, StVollzG 4. Aufl., § 120 Rdn. 7). Dies entsprach auch bereits der Rechtsauffassung vor Inkrafttreten der ZPO-Reform am 1. Januar 2002 (vgl. OLG Stuttgart Justiz 1987, 162; HansOLG Hamburg ZfStrVo 1994, 57; KG JurBüro 1982, 1887). Soweit teilweise Ausnahmen für den Fall zugelassen werden, dass eine zulässige und begründete Rechtsbeschwerde erhoben worden ist und die erstinstanzliche Entscheidung im Wege des Rechtsbeschwerdeverfahrens korrigiert werden kann (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 6. Februar 2012 - I Vollz [Ws] 3/12 - BeckRS 2012, 04285; Graf in BeckOK StVollzG 12. Ed. 1. Juli 2017, § 120 Rdn. 11), vermag dies nicht zu überzeugen, da der Erfolg einer Rechtsbeschwerde in dem revisionsähnlich ausgestalteten Verfahren nach §§ 116 ff. StVollzG keine Rückschlüsse auf die Erfolgsaussichten des ursprünglich gestellten Antrags nach § 109 StVollzG zulässt.

2. Der Beschw...

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